

Nervennahrung Heute gibt es Thailändischen Glasnudelsalat (Yam Wun Sen)
Mir kam die Stadt vor wie ein Gongschlag, erschütternd, überlaut, bebend: Bangkok. Das Aufgleiten der automatischen Glastüren am klimatisierten Bangkoker Flughafen war für mich wie das Öffnen eines Vorhangs, meine Sinne hingen von da an eine Millisekunde hinterher. Doch schon wurde ich hineingespült, mitten in diese Hitze, in das Getöse der 15-Millionen-Stadt, über mir zischte auf Stelzen der Skytrain hinweg, wie ein Gruß aus der Zukunft, neben mir hupten Taxis, Lautsprecher plärrten. Es war laut, es war heiß, es war feucht, ich schlug mich per Bus zur Khao San Road durch, fand ein Zimmer in einem guesthouse, duschte, verschnaufte und sammelte mich. Inzwischen war es dunkel geworden, die tropische Großstadtnacht wummerte in stampfenden Bässen und gleißte im Neon der Leuchtreklamen.
Ich flüchtete in einen dunklen Durchgang, rechts und links gab es Läden, in denen präparierte Skorpione und schillernde Riesenkäfer in Plastikrahmen verkauft wurden, Massagesalons blinkten und warben mit Plakaten, auf denen stilisierte Körper mit ihren geheimnisvollen Energielinien abgebildet waren, es roch nach Kampfer und nach den Schweinefleischspießen, die auf der Holzkohleglut der Grillwagen feilgeboten wurden. An einem winzigen Platz war ein kleines Restaurant, ich setzte mich an einen freien Tisch und deutete, als der Kellner kam, auf einen Salat mit Garnelen und Glasnudeln, der am Nebentisch gegessen wurde. Und bestellte dazu ein Singha, das thailändische Bier, das bald darauf kam. Ein eisbeschlagenes Glas und eine Flasche, auf deren Etikett ein goldener Fantasielöwe abgebildet war, der an den Hinterläufen Flügel und auf dem Kopf drei Flammen trug. Ich goss mir das Bier ein und atmete nach dem ersten Schluck tief aus. Die Hitze und der Jetlag waren auf einmal gar nicht mehr schlimm, ich fühlte, wie ich mich langsam entspannte, zum ersten Mal in dieser vibrierenden, fremden Bangkoker Nacht.
Da wuchs plötzlich ein riesenhafter Schatten aus der Dunkelheit. Und ein massiger Elefant schob sein Haupt aus der Gassenschlucht und schritt gemessen an dem kleinen Freiluftrestaurant vorbei, niemand außer mir schien das bemerkenswert zu finden. Und auch ich hätte mich nicht ganz so sehr gewundert, wäre dieser riesenhafte Elefant nicht von einem blassen Mann, der wie ein englischer Gentleman aussah, an einem verzierten Seil geführt worden. Ein würdevoller Herr, der wie Pan Tau einen Anzug, eine Fliege und einen schwarzen Bowler-Hut trug. Und schon war das Gespann an mir vorübergezogen, lautlos, gleich wieder von der Nacht verschluckt. Während ich noch rätselte, ob ich mir dieses eigentümliche, aus Ort und Zeit gefallene Schauspiel nur eingebildet hatte, kam der Salat: Marinierte Garnelen und saftiges Hähnchenfleisch, das wunderbar nach Zitronengras schmeckte, lagen auf einem Bett aus durchscheinenden Glasnudeln, darauf frischer Koriander, kühlende Minze, die herbsüß-säuerliche Limette. Der Glasnudelsalat schmeckte unwirklich gut, er war duftend und leicht, ein Frischehauch in dieser lauten, schwülheißen Nacht.
Und ich merkte, wie ich begann, mich vertrauter zu fühlen in diesem Wunderland, von dem ich so hoffe, es irgendwann, bald, wieder bereisen zu können. Bis dahin tröste ich mich mit diesem Gericht, ยำวุ้นเส้น, Yam Wun Sen, wie der Salat auf Thai heißt.
Rezept für Thailändischen Glasnudelsalat
Für 4 Personen
ca. 250 g Hähnchenbrust
12–16 Garnelen, geschält
150 g Glasnudeln (aus Mungbohnen)
400 ml Hühnerbrühe
1 Stängel Zitronengras
2–3 Limetten, je nach Größe
1 Knoblauchzehe
3 EL thailändische Fischsoße, Nam Pla
1–2 kleine, scharfe, rote Chilis, je nach gewünschtem Schärfegrad
1 EL brauner Zucker – oder, wer hat, Palmzucker, den man frisch raspelt
8 Mini-Tomaten
1 Karotte
3 Frühlingszwiebeln
1 Schalotte
1 TL Mehl
2 EL neutrales Öl, z. B. Sonnenblumenöl
1 Handvoll Erdnüsse, geröstet und gesalzen
1 Stiel frische Minze
6–8 Stiele frischer Koriander
Die Hühnerbrust mit einem scharfen Messer erst in sehr feine Streifen schneiden, dann fein hacken. Hühnerbrühe aufkochen, gehackte Hühnerbrust zugeben, 3 Minuten köcheln lassen. In der Zwischenzeit Zitronengras sehr, sehr fein hacken. Dann das Hühnerhack mit einem Schaumlöffel aus der Brühe in eine Schüssel heben, Brühe beiseitestellen, wir brauchen sie später noch für die Garnelen.
Hühnerhack mit dem Zitronengras mischen, leicht salzen.
Für das Dressing Limetten auspressen, Knoblauch und Ingwer sehr fein hacken oder reiben, zum Limettensaft geben. Aus den Chilis die Samen entfernen, in sehr feine Streifen schneiden. Dann die Fischsoße, den Zucker und die Chilistreifen zugeben, alles gut vermengen.
Von den Garnelen die Därme entfernen, die Hühnerbrühe wieder zum Kochen bringen, die Garnelen darin ½ Minute garen, aus der Brühe nehmen, mit ein paar Tropfen des Dressings besprenkeln.
Glasnudeln in eine Schüssel geben, mit kochendem Wasser überbrühen, nach 2 Minuten abgießen, in einem Sieb abtropfen lassen. Wer mag, kann die Glasnudeln mit einer Küchenschere zwei-, dreimal durchschneiden, sie sind dann etwas leichter zu essen.
Tomaten vierteln, Karotte schälen und in feine Streifen oder Spiralen schneiden, Frühlingszwiebel in Ringe schneiden.
Schalotte in feine Ringe schneiden, diese mit etwas Mehl bestäuben, in Öl anbraten, auf Küchenkrepp entfetten.
Minz- und Korianderblätter von den Stielen ziehen, beiseitestellen. Erdnüsse grob hacken.
Jetzt die Nudeln, das gewürzte Hühnerhack, die Garnelen, die Tomatenviertel, die Frühlingszwiebel, die Karottenstreifen, das Dressing und die Hälfte der Kräuter miteinander vermengen.
Den Yam Wun Sen mit den frittierten Schalottenringen, den Erdnüssen und den restlichen frischen Kräutern auf einer Platte oder auf Tellern anrichten. Lassen Sie es sich schmecken!