
Herbst-Pflaumen: Eine würdige Verabschiedung
Zwetschgen-Crumble 2.0 Süß-nussig, geht ratzfatz
Die Zwetschgenzeit geht zu Ende, doch für einen Ratzfatz-Kuchen reicht es noch. Ein Crumble hat zwar klassischerweise keinen Teigboden, dafür aber superleckere Streusel oben drauf. Das ist zugegebenermaßen selbst bei zurückhaltender Dosierung des Zuckers im Topping eine ziemliche Kalorienbombe - aber ohne die untermengte Butter würde der Crumble unter einem traurigen Hartkrustendeckel statt Schmacko-Streuseln enden.
Anders als in den meisten bekannten Crumble-Rezepten, in denen mehr oder minder gezuckerte Zwetschgenviertel roh unter den Streuseln gebacken werden, setzen wir auf den Karamell-Booster und rösten die Früchte erst einmal unter dem Backofengrill. Dabei setzt die fruchteigene Fructose, der zugegebene Rohrzucker, vor allem aber der zuvor auf ein Viertel einreduzierte Marsala-Wein jede Menge wunderbar karamelliger Röstnoten frei, auf die man sonst verzichten müsste.
Der wahre geschmackliche Clou aber ist das Mahlab. Die fein gemahlenen Kerne der tiefroten, extrem bitteren und ungenießbaren Früchte der wilden Weichselkirsche (Prunus mahaleb) sind hierzulande als Würzmittel kaum bekannt. Im Nahen Osten, Griechenland oder Armenien schwören sie darauf - als Gewürz und als Backzutat. Mahlab schmeckt süß-nussig mit leicht kirschigen Holznoten, der Aromastoff Cumarin steuert blumig-grasartige Nuancen bei. Es ist in gut sortierten arabischen Feinkostläden oder in Online-Gewürz-Stores problemlos erhältlich. Teilweise auch unter Namen wie Mahlep oder Mahalap.

Herbst-Pflaumen: Eine würdige Verabschiedung
Der Inhalt ist aber immer derselbe: Die nach dem Entfernen aus der Frucht sehr weichen Kerne werden hartgetrocknet. Auf den Märkten des Nahen Ostens findet man diese mandelförmigen kleinen Kerne mit der markanten Rille überall - wer sie ungemahlen kauft, sollte rötlich verfärbte oder dunkelfleckige Exemplare vor dem Mahlen aussortieren. In der Türkei, Armenien und Teilen Griechenlandes verwendet man sie auch als Mehl-Beigabe für die traditionellen süßen Osterbrote. Die Bindefähigkeit der Kerne hilft auch beim Eindicken der Lamm- und Gemüseeintöpfe sowie zur Herstellung des Salzlakenkäses Naboulsi.
Die 60 Gebote der Gewürzbibel
Entdecken lassen sich exotische Gewürze wie dieses bei ausgedehnten Streifzügen in arabisch ausgerichteten Läden - aber auch daheim im Lesesessel: Der britische Arzt und BBC-Gesundheitsexperte Dr. Stuart Farrimond, dessen großartiges Buch "Kochen in Perfektion" wir in unserer kleinen Hobbyküche bereits lautstark bejubelt haben, hat nämlich ein nicht minder profundes Werk nachgelegt, "Gewürze: Aromen kombinieren, Kochen perfektionieren".
Farrimond entwickelt hier ein typografisch der Chemie entlehntes, auf den Aroma-relevanten Molekülen basierendes Periodensystem der Gewürze und porträtiert 60 davon ausführlich. Darunter sind unbekanntere Sorten wie Loomi, Zitronenmyrte, Sumach, Anaradana, Mastix, Amchur, Ajowan, Asant, Akazie, Annatto oder eben Mahlab. Er erklärt aber auch etwas gängigere Aromageber wie Tamarinde, Mohrenpfeffer, Kardamom, Berberitze oder Bockshornklee. Sortiert sind die Gewürze in große Aromagruppen wie "Süße, wärmende Phenole", "Röstige Pyrazine" oder "Durchdringende Terpene". Das alles ist - auch durch die wieder einmal geniale und aufwendig illustrierte typische Bildsprache des Dorling Kindersley Verlags - im Buch aber viel weniger akademisch, als es sich anhört.
Gewürze: Aromen kombinieren, Kochen perfektionieren. Rezepte, Gewürzmischungen und jede Menge Wisseswertes zu 60 Gewürzen aus aller Welt
Preisabfragezeitpunkt
22.03.2023 06.55 Uhr
Keine Gewähr
Denn die wissenschaftlichen Grundlagen dienen Farrimond vor allem zum Aufbau einer raffinierten und zugleich Kochalltags-tauglichen Mixologie für die jeweils besten Kombinationen des Gewürzes mit Gerichten, Zutaten und auch anderen Gewürzen. Außerdem gibt es spannende Kochrezepte, ausführliche geografische Ausflüge in die Ursprungsländer und entlang der Handelsrouten (auf 70 Buchseiten!). Dieses Buch ist ein Muss für jeden ambitionierten und experimentierfreudigen Hobbykoch - und Pflichtlektüre bei der Aroma-Fortbildung der Profis.
Wer übrigens noch nicht genug hat von Zwetschgen, dem sei noch mal ZZ Top empfohlen, ein herzhafter, leicht süßer Zwetschgen-Ziegenkäse-Strudel.
Rezept für Zwetschgen-Crumble (Dessert für 4 Personen)
Vorbereitungszeit: 20 Minuten (plus 30 Min. Abkühlzeit)
Zubereitungszeit: 40 Minuten
Schwierigkeitsgrad: einfach
Zutaten
Zwetschgenröster
400 g Zwetschgen
35 g Rohrzucker
1 TL Vanillezucker
1 EL Zitronensaft
200 ml Marsala-Wein
1 EL alter Balsamico-Essig
1 EL Mahlab, gemahlen
Crumble & Gewürzsahne
30 g gemahlene Mandeln
75 g Haferflocken
40 g Mehl
25 g Rohrzucker
1 TL Vanillezucker
60 g weiche Butter
200 g Schlagsahne
1 TL Puderzucker
5 Kardamomkapseln
1/2 Sternanis
1 EL Zimtblüten
1 kleines Stück Macis (Muskatschale)
Zubereitung
Zwetschgenröster
Marsalawein in kleinem Topf auf 50 ml reduzieren. Zwetschgen waschen, halbieren, entsteinen, vierteln (größere Exemplare achteln) und mit der Reduktion und den restlichen Zutaten mischen. Abschmecken - falls die Zwetschgen viel Säure haben, noch etwas mehr Zucker unterheben. Bei winterlichen Außentemperaturen einen halben TL Zimt einrühren. Auf einem mit Backpapier ausgelegten Backblech verteilen. Backofengrill auf höchste Stufe vorheizen und die Zwetschgen darunter rösten, bis sie zu zerfallen beginnen. Achtung - nicht verbrennen lassen. Den Zwetschgenröster auf vier ofenfeste Dessertformen verteilen.
Crumble & Gewürzsahne
Alle Zutaten in einer Schüssel 2 Min. zur Crumble-Masse verrühren.
Sahne mit dem Zucker und den Gewürzen 5 Min. kochen. Erkalten lassen, abseihen und in einen Sahnesyphon füllen. Mit einer Kartusche begasen und gut schütteln.
Fertigstellen & anrichten
Crumblemasse auf die Dessertformen verteilen und im vorgeheizten Ofen bei 200 °C ca. 20-30 Min. goldgelb backen. Etwas abkühlen lassen, Gewürzsahne aufsprühen und noch lauwarm servieren.
Getränketipp
Statt des zu warmen Kuchennachtischen oft gereichten Dessertweines empfiehlt sich hier eher ein auf Eis servierter sehr trockener Manzanilla-Sherry.