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Rouladenbraten mit Röstzwiebelpüree und Totentrompeten

Foto: Peter Wagner/ Foodbild

Herbstlicher Schweinebraten Drei Tränen weint der Gourmet

Der November ist nicht nur grau und kalt, sondern es dampft auch verführerisch aus der Küche: Hier ist unser Rezept für Rouladenbraten. Die edelste Zwiebel der Welt sorgt für unerwarteten Glanz.

Je ungemütlicher das Wetter draußen wird, umso mehr verlangt die Seele nach wärmenden Speisen. Nach Pilzgemüse zum Beispiel. Zeitlich passend mit den rings um den Totensonntag sprießenden hocharomatischen Herbsttrompeten (Craterellus cornucopioides), die deshalb auch Totentrompeten genannt werden.

Doch anders als in den eher homöopathischen Dosen, in denen wir sie an dieser Stelle zuletzt als Kruste von Seeteufelbäckchen eingesetzt haben, sind sie im heutigen Rezept Partner für Schweinefilet und Kartoffeln auf Augenhöhe. Im "Rouladenbraten mit Röstzwiebelpüree und Totentrompeten" erfüllen sie auch als Aromageber bei der Soße eine wichtige Funktion. Aber noch wichtiger sind die Zwiebeln.

Für das die Roulade begleitende Röstzwiebelpüree wird erst einmal ein stinknormaler Kartoffelbrei gekocht, am besten mit halbfest bis festkochenden Sorten wie Linda, Gala, Annabelle, Secura, Marabel oder der nur außen rosafarbenen Rosara. Bei der Zubereitung haben Mixgeräte aller Art nichts zu suchen, denn sie verändern die Stärkestrukturen der gekochten Kartoffeln hin zu einer unerwünschten Klebrigkeit. Am besten also mit einer manuellen Kartoffelpresse in Fäden quetschen und die weiteren Zutaten wie Butter, Muskatnuss und heiße Milch mit Hilfe einer Gabel einarbeiten.

Geschmacksbestimmend bei dieser Beilage sind aber natürlich die Röstzwiebeln. Am wenigsten Fett benötigt man für ihre Herstellung, indem man die Zwiebeln in Sechzehntel-Spalten schneidet und sie auf einem mit Backpapier belegten Blech im Ofen röstet. Je nach Eigensüße der verwendeten Sorte ist es hilfreich, das Karamellisieren unter dem am Ende zugeschalteten Ofengrill durch Aufstreuen von gesiebtem Puderzucker zu verstärken. Wer ein Sous-Vide-Wasserbad in Reichweite und genug Zeit hat, kann anschließend das Aroma durch Langzeitgaren im Vakuumbeutel (12 Stunden bei 85°C Wassertemperatur) in Sterneküchen-Dimensionen boosten.

In der Sterneküche wird in Europa neben den Schalotten eigentlich nur eine einzige Zwiebelsorte verarbeitet: die im Nordwesten der Bretagne seit dem 17. Jahrhundert angebaute rosa Roscoff. Sie wurde im Jahr 1647 von einem bretonischen Mönch aus Lissabon mitgebracht. Ihren Namen erhielt sie von dem heute eher bedeutungslosen kleinen Seehafen des bretonischen Ortes Roscoff. Von dort verschifften die französischen Zwiebelhändler das Gemüse seit dem 19. Jahrhundert auf die britischen Inseln und später auch weltweit.

Wo Zwiebeln zur Superdelikatesse werden

Diese Zwiebel besticht durch ihre von keiner anderen Sorte erreichte Balance aus starkem und dennoch angenehmem Aroma beim Rohverzehr und einer geschmacksintensiven edlen Süße nach dem Kochen oder Braten. Um gegen Plagiate vorgehen zu können, haben die französischen Züchter die Roscoff inzwischen als geschützte Herkunftsbezeichnung AOC eintragen lassen. Traditionell werden die Zwiebeln nach der Ernte zu einem Zopf gebunden, dem "penn kapiten" (bretonisch für "Kopf des Kapitäns"). Damit halten sie sich in einer gut belüfteten Speisekammer oder auf dem Dachboden aufgehängt problemlos über den Winter. Wer das Thema weiter vertiefen will, kann im Ort Roscoff im August das Zwiebelfest und ganzjährig das Museum (Musée de l'Oignon) besuchen.

Wie die meisten traditionell in höchster Qualität hergestellten Lebensmittel haben natürlich auch die Roscoffs ihren Preis. Ein Kilogramm dieser supernoblen Schalenfrüchte mit ihrem überragend hohen Anteil an Vitamin C kostet selten weniger als fünf Euro. Damit bezahlt man eine Qualität, die nur durch Handarbeit erzeugt werden kann: Die Zwiebeln werden bei der Ernte einzeln ein Stück weit aus dem Boden gezogen und erst nach achttägiger Trocknungszeit aufgelesen.

So weint der Hobbykoch gleich drei Mal: beim Einkauf, beim Schälen - und vor Freude beim Essen.

Rezept für Rouladenbraten mit Röstzwiebelpüree und Totentrompeten (Hauptgericht für 4 Personen)

Vorbereitungszeit: 60 Minuten

Zubereitungszeit: 60 Minuten

Schwierigkeitsgrad: aufwendig

Zutaten

Rouladenbraten und Soße

600 g Schweinefilet (Bioqualität oder vom Ibérico-Schwein)
1 Prise Pfeffer aus der Mühle
2 EL scharfer, grobkörniger Manufaktursenf (z.B. Georgsenf Sarepta*)
4 Scheiben luftgetrockneter Schinken (z.B. Serrano, San Daniele)
4 Scheiben rasser Bergkäse
1 TL feines Meersalz
3 EL Traubenkernöl
150 g rote Zwiebelwürfel
50 g Räucherspeck, sehr fein gewürfelt
250 ml trockener Rotwein
300 ml Kalbsfond (oder Fleischbrühe)
250 g Kochsahne (15% Fett)
Salz, Pfeffer, Zitronensaft, trockener Sherry

Röstzwiebelpüree

300 g milde Zwiebeln (z.B. Roscoff)
2 EL Olivenöl
0,5 TL feines Meersalz
1 Prise Pfeffer aus der Mühle
1 EL Puderzucker
750 g Kartoffeln, halbfest oder festkochend (z.B. Linda, Annabelle)
1 l Kalbsfond (oder Fleischbrühe)
30 g Butter
50 ml heiße Milch
1 Prise Salz, Pfeffer und frisch geriebene Muskatnuss

Totentrompeten

200 g frische Totentrompetenpilze (Craterellus cornucopioides)
30 g Butter
50 ml Kalbsfond
50 ml Portwein
1 Prise Salz und Pfeffer

Zubereitung

Rouladenbraten und Soße

Fleisch trockentupfen, parieren und die schmalen Enden 2-3 cm weit abschneiden. Parüren (also alles, was man abgeschnitten hat) kleinschneiden und bereithalten. Filet mit einem sehr scharfen Messer längs in der Mitte so einschneiden, dass noch 1 cm Fleisch stehen bleibt. Auseinanderpressen und mit weiteren Butterfly-Schnitten so einschneiden, dass ein breites, flaches Stück entsteht (siehe Fotos). Mit einem großen Gefrierbeutel bedecken und mit einem Fleischklopfer noch etwas platter klopfen. Die Fleischseite mit den Einschnitten nach oben legen und beherzt pfeffern. Senf gleichmäßig aufstreichen und Schinken und Käse auflegen. Zu einer straffen Rolle wickeln und mit Küchengarn in 3-cm-Abständen fest binden. Ringsherum mit Salz einreiben.

Backofen auf 200°C Umluft vorheizen. Traubenkernöl in einer flachen, ofenfesten Pfanne bis kurz vor den Rauchpunkt erhitzen. Fleisch einlegen und ringsherum kross anbraten. Fleisch entnehmen, Parüren, Zwiebel- und Speckwürfel und 50 g Pilze in die Pfanne geben und 3-4 Min. stark anbraten. Mit dem Rotwein löschen, den Bratensatz mit einem Pfannenwender ablösen. Den Fond zugeben, das Fleisch in die Pfanne zurücklegen und im Backofen 20 Min. braten. Dabei alle 5 Min. das Fleisch um 45 Grad weiterdrehen.

Das Fleisch aus der Pfanne nehmen und ruhen lassen. Den Pfanneninhalt im Mixer oder mit dem Zauberstab sehr fein pürieren. Durch ein Feinsieb in eine Sauteuse passieren, dabei den Siebinhalt gut ausdrücken. Sahne zugeben und die Soße auf die gewünschte Konsistenz einkochen. Am Ende mit Salz, Pfeffer, Zitrone und Sherry abschmecken - es sollte ein klar erkennbares Sherry-Aroma in der Soße sein.

Röstzwiebelpüree

Backofen auf 200°C Umluft vorheizen. Zwiebeln schälen und in Sechzehntel-Spalten schneiden. Nebeneinander auf ein mit eingefettetem Backpapier ausgelegtes Backblech legen. Mit einem Pinsel mit Olivenöl bestreichen, salzen und pfeffern. Den Puderzucker auf die Zwiebeln sieben. 15 Min. backen, Oberhitzegrill zuschalten und ca. 5 Min. grillen, bis die Zwiebeln goldbraun sind. An den Spitzen dürfen die Zwiebeln auch leicht schwarz werden. Optional anschließend 12 Stunden bei 85°C Wassertemperatur sous vide garen - der Unterschied ist unglaublich.

Kartoffeln schälen und im Fond in einem offenen Topf weichkochen, bis nur noch sehr wenig Flüssigkeit im Topf ist. Kartoffeln durch die Presse drücken (oder mit einer Gabel zerdrücken). Röstzwiebeln im Mixer sehr fein pürieren und zusammen mit der Butter und der Milch mit der Gabel unter die Kartoffeln arbeiten. Löffelweise den Kartoffelkochfond einrühren, bis ein cremiges Püree entstanden ist. Mit Muskat, Pfeffer und evtl. noch ein wenig Salz abschmecken.

Totentrompeten

Die Pilze unter fließendem Wasser waschen und mit Krepp sorgfältig trocknen. 50 g davon für die Bratensoße verwenden. Den Rest in der Butter in einer beschichteten Pfanne 5 Min. andünsten, Portwein und Fond zugeben und komplett einreduzieren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und warmstellen.

Anrichten

Das Garn vom Fleisch entfernen und in acht Scheiben schneiden (am besten mit einem elektrischen Fleischmesser). Das Fleisch kurz in der Soße erwärmen, dann zusammen mit den Pilzen und dem Püree auf vier gut vorgeheizte Teller verteilen. Nach Belieben mit Kräutern dekorieren und servieren.

Getränketipp

Zu dem herbstlichen Gericht passt ein etwas strafferer Rotwein französischer Prägung wie zum Beispiel der Haras de Pirque Reserva de Propiedad 2016* aus dem chilenischen Maipo Valley, ein typischer Cuvée aus 65% Cabernet Sauvignon, 25% Carmenère und 10% Cabernet Franc. Im Barrique ausgebaut, entwickelt er nach zwei Stunden Lüftung kräftige Tabak- und Kirscharomen. Am Gaumen ist er fleischig und würzig, mit opulenter Frucht und molliger Wärme.

*Bezugsquellen

Georgsenf Sarepta: georgsenf.de 
Haras de Pirque Reserva de Propiedad 2016: perbaccowein.de 

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