
Seoul Fashion Week: Die besten Street Styles aus Südkorea
Street Style in Südkorea "Mit Kehrblech und Handbesen posieren"
Bei der Fashion Week in Seoul ist nicht nur interessant, was auf den Laufstegen getragen wird - sondern auch auf den Straßen davor. Da posieren Modestudenten aus Australien, Blogger aus China, Models aus Vietnam und aufwendig gestylte Kinder in Markenkleidung um die Wette. Mit halb geschlossenen Augen und lasziv geöffneten Lippen modeln selbst Siebenjährige für die Kameras. Die Mütter geben Anweisungen für Posen und legen die Haare zurecht. Hampelnde Kinder werden sofort ermahnt.
Alle hoffen, mit ihrem Outfit von den wichtigen Street-Style-Fotografen abgelichtet zu werden, die für die großen Magazine arbeiten. Einer von ihnen ist Alex Finch. Seine Bilder werden auf der Website des US-amerikanischen "Vogue" veröffentlicht. Nur eine Auswahl seiner Bilder schafft es in die Galerie.

Alex Finch ist ein britischer Fotograf. Er kam vor zehn Jahren in die südkoreanische Hauptstadt Seoul und arbeitet seither als Englischlehrer. 2013 entdeckte er die Street Style Fotografie für sich: Seine Bilder werden heute von Magazinen wie "Vogue" oder "Esquire" veröffentlicht, die Fashion Week besucht er schon zum neunten Mal. Zu seinen Kunden gehören außerdem internationale Marken wie Stella McCartney, Nike und Reebok.
SPIEGEL ONLINE: Was muss ich tun, um von Ihnen fotografiert zu werden?
Alex Finch: Die Haarfarbe ist sehr wichtig. Wenn jemand auffällig gefärbte Haare trägt, wirkt das auf den Fotos. Kräftige Farben bei der Kleidung sind ebenso wichtig. Man sieht zurzeit viel Schwarz. Ein Farbtupfer sticht heraus und macht sich gut auf Bildern. Hilfreich sind außerdem Statement Pieces von einer großen Marke. Der Triple-S-Turnschuh von Balenciaga ist so ein unverkennbares Produkt. Aber das Wichtigste ist, Selbstvertrauen auszustrahlen. Natürlich muss man auch etwas haben, das man präsentieren möchte. Aber Menschen, die selbstbewusst gehen, ziehen das Auge an.
SPIEGEL ONLINE: Gibt es einen spezifischen koreanischen Street Style?
Finch: Koreanischer Stil ist sehr "street". Man sieht viele dieser Streetwear-Marken wie Supreme. Die Leute tragen Fischerhüte und große Sneaker, diesen athletischen Stil eben. In anderen Ländern sieht man klassischere Marken wie Chanel oder Gucci. Andererseits bin ich jede Saison aufs Neue überrascht.
SPIEGEL ONLINE: Was hat Sie diese Saison überrascht?
Finch: Ich habe definitiv einiges gesehen, bei dem ich ein zweites Mal hingeschaut habe. Grelle Anzüge zum Beispiel, die auf jeden Fall handgemacht waren. So etwas kannst du nicht in einer Fabrik herstellen.
Und wenn die Leute richtig aufdrehen, nutzen sie als Accessoires Dinge, die eigentlich nichts mit Mode zu tun haben. Ich habe jemanden gesehen, der mit Kehrblech und Handbesen am Gürtel hier posiert hat. Das ist schon eigenartig.

Seoul Fashion Week: Die besten Street Styles aus Südkorea
SPIEGEL ONLINE: Erkennen Sie einen bestimmten Trend der Saison?
Finch: Ich habe viele Looks gesehen, die preppy waren. Außerdem viele kräftige Farben und Statement Pieces wie Balenciaga-Schuhe. Und wie jedes Jahr viele Kindermodels.
SPIEGEL ONLINE: Warum stehen hier denn so viele Kinder, die modeln?
Finch: Viele modeln für bestimmte Kindermarken. Der koreanische Markt funktioniert so, dass Onlineshops sich mit Models zusammentun, die dann bestimmte Labels präsentieren. Es gibt in Korea einen großen Markt für Kinderkleidung, und bei der Fashion Week kann man viel Aufmerksamkeit für wenig Geld bekommen.
SPIEGEL ONLINE: Fotografieren Sie diese Kinder auch?
Finch: Ja, aber nicht mehr so viel wie früher. Für mich persönlich ist es alles zu viel. Die Kinder tun mir leid, wenn sie in der prallen Sonne dicke Parkas präsentieren. Aber gleichzeitig hat mich ein Kunde dieses Jahr beauftragt, Kinder abzulichten. Online funktioniert das gut: süße Kinder in cooler Kleidung.
SPIEGEL ONLINE: Wie sind Sie zur Street Style Fotografie gekommen?
Finch: Das war vor fünf Jahren. Ein Freund von mir sagte, ich solle rausgehen und Fotos machen. So könnte ich meine Schüchternheit überwinden, weil ich Menschen ansprechen musste, und zugleich Koreanisch üben. Also kaufte ich eine Kamera. Es fing sehr langsam an, aber irgendwann wollte die "Vogue" meine Bilder. Danach ging alles sehr schnell, und heute fühlt es sich so an, als hätte ich nie etwas anderes gemacht.
SPIEGEL ONLINE: Sie stehen hier inmitten hip gekleideter Menschen. Denken Sie morgens lange darüber nach, was sie anziehen?
Finch: Ich habe beschlossen, dass ich darüber nicht nachdenken möchte. Meine Garderobe besteht überwiegend aus dunkelblauer und schwarzer Kleidung. Ich möchte wirklich nicht so gekleidet sein wie die Leute, die ich ablichte. Ich bin vermutlich auch nicht cool genug dafür. Hinter der Kamera fühle ich mich am wohlsten.