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Fünf Gebote für Weintrinker Das Glas ist immer halb leer
Sich selbst zuerst einzuschenken, ist unhöflich? Wieso nimmt dann in gehobenen Restaurants der Sommelier den ersten Schluck? Klar, um zu prüfen, ob der Wein einen Fehler hat. Korkt er etwa, will niemand damit seine Gäste quälen. Außerdem müssten alle Gläser und die Karaffe ausgetauscht werden; ein modrig-stechender Korkgeruch ist ziemlich hartnäckig. Deshalb:
Sie kommen an erster Stelle
Gönnen Sie sich aber nur einen Schluck. Ist der in Ordnung, wird erst den Damen, dann den Herren eingeschenkt (ganz traditionell wird nach absteigendem Alter verfahren). Nun sind Sie an der Reihe. Wem das am Tisch zu stressig ist, der kann die Flaschen natürlich auch schon vorher öffnen und probieren. In dem Fall sind Sie nicht das Alpha und das Omega, sondern nur das Schlusslicht.
Das Glas ist halb leer
Weingläser bieten immer mehr Volumen, als Wein hineinsoll. Manch ein Rotweinglas fasst theoretisch einen Liter. Selbst halb voll wäre da noch maßlos übertrieben. Generell gilt: Weißwein und Rosé füllen ein Drittel bis die Hälfte des Glases, Rote ein Viertel bis ein Drittel. Nur Sekt- und Champagnerflöten werden zu zwei Dritteln gefüllt. Viele Gläser haben an der breitesten Stelle des Kelches einen Knick. Das ist gleichzeitig das Fülllimit. Der Kamin - der Bereich gleich über dem Kelch - dient der Belüftung und führt die Aromen in die Nase. In ordentlich eingeschenkten Gläsern bleibt Platz zum Schwenken; dabei verdunstet etwas Wein am Glasrand, und das Aroma entfaltet sich besser, denn das Bouquet blüht erst bei einem ausgewogenen Verhältnis von Wein und Luft.
Zu volle Gläser suggerieren zugleich, dass der Wein minderwertig ist. Man denke an die traditionellen, "Römer" genannten Humpen: Platz für einen Viertelliter Zechwein und der Eichstrich war kurz unterm Glasrand. Wer kleine Portionen einschenkt, trinkt meist auch langsamer - und kann den übrigen Wein länger kühl halten. Zum Fachsimpeln: Wie Größe, Form und Farbe des Glases die eingeschenkte Menge beeinflussen, haben Forscher der Cornell-Universität untersucht .
Neuer Wein in alten Gläsern
Sie wollen Ihren Gästen nach dem fruchtigen Zweigelt einen kräftigen Cabernet einschenken? Nur zu, aber dafür bitte keine neuen Gläser aus dem Schrank holen! Die gebrauchten sind perfekt aviniert, also befreit vom etwaigen Eigengeruch der Vitrine oder von Spülmaschinenrückständen. Bei einer professionellen Verkostung wird als "Spülwein" meist der nächste zu verkostende Wein genommen, aber wir wollen es ja nicht übertreiben. Weniger ist mehr. Gewechselt wird nur, wenn für einen bestimmten Weintyp (zum Beispiel Burgunder) eine andere Glasform bevorzugt wird. Oder beim Wechsel von Rot zu Weiß - aber diese Reihenfolge ist ohnehin unüblich.
Das Glas ist ganz leer
Der letzte Schluck wartet noch darauf gutzutun, und Sie wollen schon aus der frisch geöffneten Flasche nachfüllen? Nach dem Motto: Ist doch der gleiche Wein? Stopp! Warten Sie, bis das Glas leer ist. Ist die neue Flasche überhaupt fehlerfrei (siehe erstes Gebot)? Ist es derselbe Jahrgang? Und selbst wenn ja: Ein seit einer Stunde geöffneter Wein schmeckt anders als ein gerade entkorkter. Zudem verlieren Ihre Gäste leicht den Überblick, wenn zwischendrin nachgeschenkt wird. So wird oft mehr getrunken, als manch einem bewusst ist. Und für den Kater Ihrer Gäste wollen Sie bestimmt nicht verantwortlich sein.
Kühlen Sie den Rotwein leicht
Zimmertemperatur? Ja, und zwar von anno dunnemals. Dieser Richtwert stammt aus Zeiten, in denen die Wohnung auf 16 bis 18 Grad geheizt wurde. Rotweine kommen reihenweise zu warm auf den Tisch. Wahrscheinlich wegen des angeblichen Tabus, dass Rotwein nicht in den Kühlschrank gehört. Doch, eine Weile lang durchaus! Das gilt gerade bei Weinen mit einem vergleichsweise hohen Alkoholwert: Durch eine höhere Trinktemperatur werden sie noch brandiger. Besser einen Tick zu kühl servieren, wärmer wird der Rote von allein. Übrigens mag Wein es auch vor dem Verzehr gern kühl. Daher das Weinregal bitte nicht im Wohnzimmer oder gar in der Küche aufstellen - Sie wollten doch sowieso schon immer einen Weinkeller haben.
Wein ist immer verflochten mit Menschen und ihren Geschichten. Einige davon zu erzählen, hat sich der Autor zur Aufgabe gemacht. Nachzulesen auf seinem Blog Weinsprech .