Brettspiele um die Artus-Sage Die Tafelrunde, das Schwert und der Gral

Eine der epischsten Neuerscheinungen des Spielejahres führt nach Avalon: "Tainted Grail" schickt vier Antihelden auf Gralsuche. Wer es lieber kürzer mag, für den gibt es andere Spiele für die kurze Tafelrunde zwischendurch. Drei Empfehlungen.

Die Qual des Grals

Foto: Maren Hoffmann / DER SPIEGEL

Wir sind alle solche Loser. Die echten Helden sind schon lange aufgebrochen, um die Insel Avalon und ihre verzweifelten Bewohner zu retten. Uns haben sie nicht mitgenommen, weil wir - nun ja - leider nicht kompetent genug waren. Aber jetzt laufen die Dinge wirklich schief, die Helden sind weg, und wir müssen übernehmen: Ein verwundeter Schmied, eine Heilerin-Azubi, ein Bauer mit dunkler Vergangenheit und ein mittelguter Druide.

"Tainted Grail" ist ein kooperatives Erzählspiel von Krzysztof Piskorski und Marcin Świerkot mit dickem Abenteuerbuch, das durch die weit verzweigte, düstere Geschichte des Niedergangs von Avalon führt. Nur gemeinsam kann die Loser-Truppe es schaffen, ihre Herausforderungen zu bestehen. Spoiler: Oft schafft sie es nicht, weil sie sich überschätzt, nichts zu essen findet, den falschen Leuten vertraut oder - zack - eins über die Rübe kriegt und einfach nicht weiterkommt.

Trotzdem macht es großen Spaß, die aus verdeckten Karten allmählich sichtbar werdende Insel zu erkunden - und immer wieder das logistische Problem zu lösen, wie man die Menhire aufladen kann, ohne das die Karten nach einigen Runden wieder verschwinden. Immer neue Entscheidungsoptionen oft moralischer Art machen jedes Spiel individuell. Bei Begegnungen mit Monstern und Menschen ist taktisches Geschick gefragt - eine ausgefeilte Kartenmechanik macht jede zur Herausforderung, ob diplomatischer oder kämpferischer Art. Das Spiel läuft über 15 Kapitel, Erweiterungen sind schon in Arbeit (auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter gab es sie bereits). Pluspunkte gibt es für das sehr schöne und opulente Material mit feinen Charaktertableaus.

Wie bei den meisten Fantasy-Spielen sind Frauen allerdings unterrepräsentiert: Von den vier Helden des Grundspiels ist nur einer weiblich und natürlich spärlich bekleidet. Man möchte ihr einen Pulli reichen: Komm, Mädchen, zieh' dir mal was über, du erkältest dich sonst. Und dann gehen wir da raus und zeigen es ihnen.

Für wen: Ein bis vier Spieler ab zwölf Jahren, Spieldauer pro Kapitel: zwischen zwei und drei Stunden

Hand drauf: Freunde von Fantasy-Epen, Teamplayer mit Planungsgeschick

Finger weg: Leute mit niedriger Frustrationstoleranz, logistisch Minderbegabte

Merlin: Sechs Runden um die Tafelrunde

Foto: Maren Hoffmann / DER SPIEGEL

Wer es lieber bunt als düster hat und nicht gleich mindestens 15 Abende mit dem Kampf ums Überleben verbringen will, für den ist Merlin die richtige Wahl: Das Spiel von Stefan Feld und Michael Rieneck lässt die Ritter der Tafelrunde um die Gunst des Königs Artus wetteifern. Der sucht einen Thronfolger - und wird nicht den edelsten, sondern den mit den meisten Siegpunkten wählen (wie es im Leben halt so ist).

Ich gebe zu: Merlin habe ich auf einer Spielemesse einzig deshalb gekauft, weil es so hübsch aussah - wie und worum es überhaupt geht, das habe ich erst später nachgeschaut. Aber der kreisförmige, bunte Spielplan mit seinen vielen Holzsteinchen und kleinen Plättchen, Flaggen, Wappen und Würfelchen hat das, was Pädagogen "einen hohen haptischen Aufforderungscharakter" nennen: Man will es anfassen und gleich damit spielen.

Die Spieler bewegen ihren Ritter und den neutralen Merlin über dieses Rondell, platzieren Gefolgssteine und Einflussmarker, versuchen Verräter abzuwehren und ihre Rittergüter im Umland auszubauen (und nebenbei den Gral und das Schwert Excalibur abzugreifen). An Optionen fehlt es nicht, und viele verschiedene Strategien können den Erfolg bringen - aber ein bisschen Würfelglück schadet auch nicht.

Dreimal im Spiel wird gewertet, nach sechs Runden mit je vier Zügen der Spieler ist Schluss. Wem das zu schnell geht (und wer noch mehr Spielfaktoren managen möchte), sollte sich die Erweiterung Arthur zulegen - sie macht das Rondell noch opulenter und bringt ein paar weitere interessante Mechanismen ins Spiel.

Für wen: Zwei bis vier Spieler ab 14 Jahren (das ist allerdings aus meiner Sicht viel zu hoch angesetzt), Spieldauer: Eine gute Stunde (mit Übung schneller, mit Erweiterung deutlich länger)

Hand drauf: Entspannte Familien- und Freundespieler

Finger weg: Vom Würfelglück chronisch Benachteiligte

Stonehenge: Eine Anthologie zum Mitmachen

Foto:

Maren Hoffmann / DER SPIEGEL

Die Tafelrunde, das Schwert, der Gral - und Stonehenge: Wenn es um die Artussage geht, darf der jahrtausendealte Steinkreis in Südengland nicht fehlen. Das Spiel Stonehenge überträgt das literarische Prinzip der Anthologie auf die Brettspielwelt: In der Box stecken fünf Spiele äußerst namhafter Spieleautoren (Richard Garfield, Bruno Faidutti, Richard Borg, Mike Selinker und James Ernest), die alle auf demselben Thema basieren und mit demselben Material auskommen. Es wird geblufft, um die Wette gelaufen, Auktionen abgehalten; bei "Arthurs Geisterrittern" werden Wächter strategisch am Steinkreis platziert. Das Spiel lädt ausdrücklich dazu ein, eigene Entwicklungen und Regeln zu ergänzen. Zur Verfügung stehen dabei ein rundes Spielbrett, Zubehör in fünf Spielerfarben, Karten und fünf ansehnliche Trilithe.

Leider ist die ambitionierte Idee nach ihrem Erscheinen vor 13 Jahren ziemlich in der Versenkung verschwunden. Die Variabilität, mit der frühere Spielergenerationen aus einem einfachen Kartenblatt so verschiedene Spiele wie Skat, Mau-Mau und Patience entwickelten, ist einer immer weiteren Spezialisierung gewichen: Opulente Materialschlachten mit Sonderwürfeln, Miniaturen, Kartenstapeln, Nebenspielplänen und ausgefuchsten Kartenmechanismen verdichten die Spielatmosphäre. Allerdings hat es auch einen eigenen Reiz, zu sehen, wie viele verschiedene Ideen sich aus einer Themenidee und relativ einfachem Material ableiten lassen - und sich vielleicht selbst daran zu versuchen.

Für wen: Drei bis fünf Spieler ab 10 Jahren, Spieldauer: 15 bis 60 Minuten (je nach Spiel)

Hand drauf: Experimentierfreudige, Knobler, Regeloptimierer

Finger weg: Brettspielgourmets mit hohen Erwartungen an Story und Ausstattung

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