Vier ungewöhnliche Spiele für draußen Katapult-Duelle, gequälte Eiswürfel, harte Fitness-Challenge und eine Suche im Grünen
Dieser Testbericht erschien erstmals am 20. Juni 2020. Wir haben ein neues Spiel getestet und den Artikel aktualisiert.
Alles außer Burgfrieden: »Katapult Fehde«

Selten hat mich so eine tiefe Genugtuung durchströmt wie nach dem Präzisionsschuss, mit dem mein Katapult den letzten Ritter meines Mannes von dessen Festung fegte. Ha!
»Katapult Fehde« ist ein herrlich albernes Actionspiel für zwei Personen – jeder baut aus 16 Mauersteinen und einem Burgtor eine Verteidigungsanlage auf und platziert fünf Ritter darauf oder dahinter. Zwischen den gegnerischen Anlagen sollten ungefähr anderthalb Meter Abstand liegen. Dann spannt man sein Katapult und feuert nach Herzenslust mit Gummigeschossen auf die gegnerische Stellung: Zack! Umgefallene Ritter und Bausteine, die von der Unterlage weggeschossen wurden, kommen aus dem Spiel – es gewinnt, wer zum Schluss noch Personal hat.
Man kann das Ganze auch ein bisschen taktischer gestalten, indem man die beigelegten Aktionskarten nutzt. Da kann man dann das Katapult des Gegners einsetzen oder zweimal nacheinander feuern. Aber im Grunde macht die Reinform am meisten Spaß, bei der man abwechselnd einfach ballert. Und es können keine Karten wegfliegen. Denn man sollte es am besten draußen spielen – schon damit keine Gläser zu Bruch gehen.
Hand drauf: Paare, die im Duell klären wollen, wer den Abwasch machen muss; Kinder, die den Eltern auch mal eins auswischen wollen
Finger weg: Bewegungsunlustige (man muss dauernd aufstehen und die Kugeln wieder einsammeln)
Angriff auf arme kleine Eiswürfel: »Cool Runnings«

Niedertracht. Heimtücke. Lust am Quälen. Mit lustigen bunten Bildern großäugiger Eiswürfel kommt das Spiel »Cool Runnings« daher – aber wer genau hinsieht, erkennt schon auf dem Cover, dass dieses Spiel die niedersten Instinkte weckt.
Leider macht das sehr viel Spaß. Gelernt ist es schnell: Jeder bekommt einen Eiswürfel, der in einen Halter auf eine kleine Schale gelegt wird, und vier Karten, die immer wieder ergänzt werden. Jede Karte bietet zwei Optionen: Entweder greift man einen gegnerischen Eiswürfel an oder bewegt den eigenen in Richtung Ziel.
Die Angriffe sind einer fieser als der andere: Da wird der arme kleine Würfel mit Salz malträtiert, aus einer Pipette mit Wasser begossen, behaucht, gerieben oder extra fest in der Hand des hämisch grinsenden Gegners gehalten, während der Würfeleigner laut von »ein Eiswürfel« bis »zehn Eiswürfel« zählen muss, um ihn zu befreien. Aggression erzeugt Rache, Rache wiederum Rache, und am Ende schmelzen alle dahin, während der eine, der sich eher herausgehalten hat, Richtung Ziel strebt – bis er die Neider auf den Plan ruft, die sich jetzt alle auf seinen Würfel stürzen.
Siegen kann man entweder, indem man den letzten überlebenden, und sei es noch so kleinen, Eiswürfel besitzt oder indem man zuerst ins Ziel kommt. Der Spielplan wird variabel aus wasserfesten Kunststoffplatten zusammengesetzt, was super ist, die Karten sind leider aus Pappe, was nicht ganz so super ist – denn trocken bleibt bei diesem Spiel höchstens der Humor, deshalb sollte man es lieber draußen spielen. Den Eiswürfelbehältern hätte ein etwas flexibleres Material gutgetan. Man braucht viel Geduld, um die Würfel daraus zu lösen – aber vielleicht sträuben sie sich ja auch nur gegen ihr unausweichliches Schicksal.
Warum? Weil es Sommer ist und sehr vergnüglich, mit Eiswürfeln Unfug zu treiben.
Für wen? Eigentlich für jede Runde, die zu Albernheit aufgelegt ist – kleine oder besonders sensible Kinder könnten mit der Würfel-Quälerei allerdings überfordert sein. Der Verlag gibt »ab acht Jahren« an, das ist aber eher hoch gegriffen.
Wie lange? Eine Partie dauert eine knappe halbe Stunde – kann aber auch früher vorbei sein.
Überraschend lustig: Achtsamkeits-Spiel »Findebär«

Zugegeben, der Untertitel »Schatzsuche für Achtsamkeit« hat mich zunächst nicht mit wilder Spielleidenschaft erfüllt. Auch die dünne vollkornfarbene Pappschachtel wirkt eher spaßbefreit. Aber ich habe es unterschätzt. »Findebär« ist ein Spiel fast ohne Regeln, das man schon mit sehr kleinen Kindern spielen kann: Es gibt 52 Suchkarten mit Aufgaben wie »Etwas Rundes«, »Etwas Gerades«, »Etwas, das dich glücklich macht« oder auch »Etwas Interessantes«. Dann geht die Suche los, in Wald, Garten oder irgendwo sonst.
Hm, dachte ich: Wo liegt das Spielziel? Was soll das? Ein paar Nachbarn helfen testen: Kerstin mit ihrer Tochter Leonie (dreieinhalb Jahre) und Hartmut und Hannelore, beide um die 70. Während ich noch grüble, wie man kleine Kinder dazu bringen kann, sinnfrei Karten abzuarbeiten, zieht Leonie schon hoch motiviert los: »Ich habe etwas Raschelndes gefunden! Hier! Hier!« Und schon bestaunen alle den raschelnden Busch, den sie so stolz präsentiert, als hätte sie ihn erfunden. Meine Karte verlangt, dass ich etwas Altes finde, ich deute einfach auf Hartmut, der es mir heimzahlt und mir seine Karte überreicht: »Etwas Rundes«. Gekonnt verwandelt, auch wenn das nicht im Sinne der Erfinder ist: »Die Idee ist, dass du versuchst, dem Kind zu helfen, die Dinge in seiner Umgebung wertzuschätzen«, heißt es auf der Erklärkarte. Und man soll ins Gespräch kommen über die gefundenen Dinge: Wo kommen sie her, warum findet man sie schön oder nicht schön.
Erstaunlich ist: Alle haben viel Spaß, die Erwachsenen aber eher, indem sie die Metaebene der Aufgabe suchen – oder sich von Leonies Entdeckergeist anstecken lassen. »Etwas Interessantes« ist Mamas Auto, »Etwas, das dich glücklich macht« der gemalte Regenbogen im Fenster. Es ist überraschend gut, dass das Spiel darauf verzichtet, noch eine lahme Mechanik mit Punktesammeln draufzusatteln. Die Spielfreude ist pur und ungezielt: Man hört auf, wenn man keine Lust mehr hat oder Hunger bekommt. Sieger gibt es nicht, Verlierer auch nicht, Spaß haben alle.
Und ja, natürlich kann man sich so ein Spiel genauso gut selbst basteln, statt es zu kaufen. Aber wenn man mal ein nettes Mitbringsel braucht oder den Familienspaziergang im Wald aufpeppen will, kann der Findebär trotzdem eine schöne Option sein. Die Karten laden dazu ein, selbst Regeln dazu zu erfinden – etwa, indem man mehrere Karten bei der Suche kombiniert.
Warum? Weil Spielen auch einfach mal ein entspanntes Sich-Treibenlassen sein darf
Für wen? Kinder ab drei Jahren, aber auch ältere
Wie lange? Solange man Lust hat. Man kann jederzeit anfangen, pausieren oder aufhören.
Fitness bis zur Schmerzgrenze: »Don't quit«

Sit-ups, Burpees, Liegestütze: Wir wissen ja alle, dass wir mehr tun müssten und lieber mal ein paar Crunches machen sollten als crunchiges Zeug beim Seriengucken vertilgen. Aber wie motiviert man sich? Die Brüder Dario und Kian Mohtachem hatten die Idee, die wichtigsten Fitness-Übungen in ein gnadenlos kompetitives Spiel zu packen – man fordert einander mit Übungskarten heraus, wer zuerst aufgibt, scheidet aus, zum Schluss bleibt ein keuchender Sieger übrig.
Damit Menschen verschiedener Trainingsgrade miteinander wetteifern können, kann man das Spiel auf individuellen Levels bestreiten – damit soll es für alle vom Stubenhocker bis zum Fitness-Freak geeignet sein. Die Einstiegshürde liegt allerdings für viele zu hoch: Wer auf 1 startet, muss schon 10 Liegestütze am Stück schaffen können (Level 4: 25). Wer noch nicht mal drei schafft, aber gern Spielerezensionen schreibt, rekrutiert den Ehemann und zwei sportliche Freunde zum Test, macht den Zeitnehmer und hier und da außer Konkurrenz ein paar Kniebeugen oder Planks mit.
Jeder bekommt sechs Karten, die nachgezogen werden. Mit Challenges kann man einen Mitspieler auffordern, eine Übung zu absolvieren; der kann sich mit Actionkarten wehren, etwa, indem er die Aufgabe zurückspielt oder den Initiator zwingt, mitzumachen. Die Übungen werden danach in Reihe abgelegt – sind sechs verschiedene beisammen, müssen alle diese »Welle« noch einmal komplett absolvieren. Alle Übungen sind gerätefrei und garantieren in Summe ein vielseitiges Workout. Wenn nach einer zuvor vereinbarten Zeit kein Sieger feststeht, geht es in eine unbefristete Plank-Position – bis nur noch einer übrig bleibt.
Sieger sind natürlich alle, weil jeder ein Training an der Leistungsgrenze absolviert hat – und das fühlt sich gut an. Die Erfahrung der Testgruppe: Es macht Spaß, einander herauszufordern; den Grad an Gemeinheit kann man aber selbst festlegen und auch mal freundlich eine Erholübung einbauen. Fazit: »Man denkt erst, das sei ja Babykram – aber wenn die Welle ausbricht, ist das vorbei.«
Warum? Weil es sich einfach gut anfühlt, sich mal wieder richtig auszupowern – und weil gerade Sportler neue Trainingsreize lieben
Für wen? Zwei bis sechs sportliche Menschen, die Wettkampf mögen und gut miteinander auskommen. Das Allerwichtigste: Es sollten keine medizinischen Gründe gegen ein intensives Training sprechen. Im Zweifel vorher den Arzt fragen!
Wie lange? Bis alle aufgeben. Kommt also sehr darauf an. Mehr als eine Dreiviertel- oder Stunde muss nicht sein.