Kinder- und Jugendbücher »Kleiner Lord« trifft auf »Narnia«

Osterzeit als Lesezeit: Sich mit einem neuen Buch zurückziehen
Foto: ArtMarie / Getty ImagesLaut Deutschem Wetterdienst wird es dieses Jahr zu Ostern frisch, vielleicht liegt sogar Schnee. Da muss die Suche in Wald oder Garten vermutlich schnell gehen, damit die Zuckerbomben nicht durchsabschen. Danach kann man sich mit einem neuen Buch zurückziehen oder beim gemeinsamen Vorlesen aufwärmen. Im vergangenen Jahr empfahl ich an dieser Stelle als Ostergeschenk »Sehen«, ein besonders geistreich gestaltetes Buch aus der Ukraine. Da der Verkaufserlös derzeit vom Verlag gespendet wird, weise ich erneut darauf hin.
Die folgenden fünf Geschichten sind hingegen nagelneu und handeln von Hühnern und einem sprechenden Vogel, aber auch vom Anfang und Ende des Verliebtseins und einem weitgehend unbekannten Kapitel US-amerikanischer Geschichte.
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Maria Feck
Agnes Sonntag wurde in eine Familie geboren, deren Mitglieder von Büchern magisch angezogen werden. Ihr Großvater arbeitete bei der Büchergilde Gutenberg und brachte ihr gern Fehldrucke mit, sodass sie bis heute das Ende vieler James-Krüss-Geschichten nicht kennt. Später studierte die gelernte Arzthelferin in Schweden Publizistik und Schwedisch. Sie arbeitete als Schwedischlehrerin, Übersetzerin und freie Mitarbeiterin des schwedischen Schulfunks. Seit einigen Jahren betreut sie beim Kinder-Nachrichtenmagazin »Dein SPIEGEL« die Buchtipps und rezensiert auf SPIEGEL.de Kinder- und Jugendbücher.
Fürs Ostergefühl
Lektion eins in Sachen Osterfest: Es geht um Eier. Die soll man suchen. Und ohne Hühner keine Eier. Großes Dankeschön darum an dieser Stelle an alle Henrikes, Hildas und Henrietten für ihren treuen Einsatz.
Das dicke Pappbilderbuch für kleine Hände erzählt im Zählreim von Huhn Hilda, das die unterschiedlichen Eier ihrer Kolleginnen sucht. Denn so verschieden wie die Hühner sind auch deren Eier, keins gleicht dem anderen. Die Reime lassen sich gut vorlesen, bald können die Kinder sie sicher auswendig.
Ab 2 Jahren.
In der Savanne
Kurzweiliger Comic über das Liebespaar Elvira und Horst, eine Gazelle und ein Elefant, die in der Nähe ihres Wasserlochs ein Handy finden. Wie das so mit Siri ist, ertönen aus dem Gerät Informationen, nach denen keiner gefragt hat, und eröffnen den Tieren die verstörende Welt der Menschen (»Sie gehen niemals ohne fremde Felle«).
Witziger Blick auf uns Menschen für Erstleser und natürlich auch zum gemeinsamen Lesen und Lachen. Die Bildfolge ist verständlich und bietet natürliche Pausen von der Lesearbeit, weil nicht jedes Bild einen Text hat. Schöner Strich, der an den Erich-Kästner-Illustrator Walter Trier erinnert.
Ab 6 Jahren.
Eine fantastische Suche
Ein bisschen »Kleiner Lord«, ein wenig »Geheimer Garten«, etwas »Narnia« – und schon hat man einen klassisch-britischen Fantasyroman. In diesem hier geht es um das Waisenmädchen Stella, die trotz ihrer traurigen Situation genug Selbstbewusstsein und Verstand hat, sich nicht alles gefallen zu lassen.
Stella ist umgeben von Erwachsenen, die sie niederträchtig behandeln. Ein kleiner Trost: der furchtbar eingebildete Mondscheinvogel, der sie ständig beschimpft und kommandiert, mit dem sie aber dennoch befreundet ist. Die beiden geraten in die fantastische Suche nach einem verschwundenen Jungen. Dank der lebendigen Erzählstimme des Sprechers Uve Teschner bekommt die Geschichte als Hörbuch noch eine Extraportion Magie. Herrlich.
Ab 10 Jahren und für alle.
Liebe, Freundschaft, Liebe
Bei einem Schulprojekt sollen sich die Schülerinnen und Schüler eine Woche lang Tag und Nacht um eine Babypuppe kümmern. Zu zweit. Die 13-jährige Barnie kann ihr Glück nicht fassen, als Sergej sie fragt, denn sie ist total verknallt in ihn.
Doch wie so oft im Leben stellt sich Ernüchterung ein, als sie ihn näher kennenlernt und sich herausstellt, dass er ein Problem mit ihren schwulen Vätern hat. Barnie erzählt lakonisch und lustig, wie sie dieses Problem löst – und wie die Plastikbabys sowie deren engagierte Eltern den Schulalltag zum Entgleisen bringen.
Ab 12 Jahren.
Plötzlich fremd
Schade, dass aus »The War outside« auf Deutsch der irreführende Titel »Zeit der Lügen« wurde – als sei dies ein Kitschroman. Dabei geht es um ein Internierungslager in den USA, in dem Japaner und Deutsche eingesperrt waren, während draußen der Zweite Weltkrieg tobte. Ohne Pathos erzählen zwei internierte Mädchen abwechselnd von ihrer Kultur, ihren Erlebnissen und Sorgen als Migrantinnen in den Dreißigerjahren – und ihrer heimlichen Freundschaft. Bis es zu einem schrecklichen Zerwürfnis kommt, das beide ihr Leben lang mit sich tragen werden.
Ein richtiger Schmöker, basierend auf sorgfältig recherchierten, wahren Begebenheiten. Die Übersetzerin trifft einen guten Ton, und trotz einiger Längen hat dieser historische Roman mich wegen seiner interessanten Protagonistinnen und einem überraschenden Handlungsverlauf nicht losgelassen.
Ab 14 Jahren.