Spieleklassiker Was wurde eigentlich aus »Hugo – das Schlossgespenst«?

Eine alte Ausgabe von »Hugo das Schlossgespenst«
Foto: Diana Doert / DER SPIEGEL»Hugo das Schlossgespenst« und »Mitternachtsparty«
Hugo hat eine turbulente Vergangenheit, der Geist war nämlich ursprünglich unter einem anderen Namen unterwegs. Im Jahr 1989 erschien das Spiel nicht unter dem Titel »Hugo das Schlossgespenst«, sondern hieß »Mitternachtsparty«. Erst 1996 kam Hugo ins Spiel, bevor es 2013 wieder seinen ursprünglichen Namen erhielt.
Dieses Hin und Her hat beim Austausch von Kindheitserinnerungen mit Freunden gelegentlich zu Verwirrung geführt. In der aktuellen Auflage löst der Spieleverlag Amigo das Problem ganz bezaubernd: Auf der einen Seite des Spielplans befindet sich Hugo in seiner ganzen Schönheit, auf der anderen kann »Mitternachtsparty« gespielt werden.


»Hugo das Schlossgespenst«-Schachtel, früher und heute
Foto: Diana Doert / DER SPIEGEL / Diana Doert / DER SPIEGELWorum ging's noch mal?
Was machen wir als Spieler:innen bei Hugo im Schloss so? Die Beine in die Hand nehmen und vor dem Schlossgespenst flüchten. Aber der Reihe nach. Zunächst schlendern pro Mitspieler:in bis zu sechs Spielfiguren über den Gang. Wir ziehen immer im Kreis an zahlreichen Räumen vorbei, die wir vorerst noch nicht betreten dürfen.
Doch irgendwann haben wir statt einer Zahl zu oft das Gespenst gewürfelt. Dann kommt Hugo empört die Treppe heruntergestiefelt, zunächst nur drei Schritte auf einmal. Sein Ziel ist es, uns gehörig zu erschrecken und einzufangen. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als in eines der jetzt für uns offenen Zimmer zu flüchten. Blöd ist nur, dass lediglich eine Spielfigur pro Zimmer erlaubt ist. Da muss man sich schon sputen. Holt Hugo eine Spielfigur ein, wird diese auf die Schlosstreppe gestellt. Je weiter oben auf dem Treppchen die Figur landet, desto mehr Minuspunkte kassiert man.
Je später die Nacht, desto schneller wird Hugo. Zeigen die Uhren des Rundenanzeigers fünf Uhr an, ist der Spuk vorbei. Wer nun die wenigsten Gruselpunkte hat, gewinnt. Die Variante »Mitternachtsparty« ist etwas einfacher, macht aber genauso viel Spaß.


Ein alter und der aktuelle Spielplan von »Hugo das Schlossgespenst«
Foto:Diana Doert / DER SPIEGEL
/Diana Doert / DER SPIEGEL
Taugt das heute noch?
Hugo ist definitiv in Würde gealtert. Besonders für Runden mit jüngeren und unerfahrenen Spieler:innen ist der Klassiker immer eine Partie wert. Man muss weder sehr strategisch überlegen, noch hält der Ärger über einen besetzten Raum besonders lange an, dazu ist der Ablauf des Spieles viel zu schnell. Sollte man tatsächlich mal viele Miese gesammelt haben, spielt man einfach eine weitere Runde und schimpft über sein Würfelpech.
Amigo; 2 – 8 Spieler:innen; ab 7 Jahren; Autor:innen: Wolfgang Kramer
Für alle, denen eine Mitternachtsparty mit Hugo nicht mehr reicht, haben wir eine Auswahl passender Alternativen parat. Wie wäre es etwa mit einer Reise zum Käsemond?
»First Rat«
Worum geht’s?
Der Rattennachwuchs auf dem Schrottplatz hat einen Traum: Einmal mit einer Rakete zum Mond fliegen, denn, das weiß jede Ratte, der Mond besteht aus Käse. Als der Nachwuchs einen alten Comic von der ersten Mondlandung entdeckt, gibt es für die Rattenkolonie kein Halten mehr. Jede Rattenfamilie möchte den größten Anteil an dieser Mission haben. Also wird fleißig Material gesammelt, an der Rakete gebaut und es werden »Rattonauten« ausgebildet, damit das ehrgeizige Projekt gelingen kann.

Der Rattentraum vom Käsemond wird mit »First Rat« wahr
Foto:Diana Doert / DER SPIEGEL
Das mit bezaubernden Details gestaltete Laufspiel ist deutlich anspruchsvoller, als die hübsche Grafik auf den ersten Blick vermuten lässt. Gestartet wird mit zwei Rattenfiguren pro Spieler:in, die sich Feld für Feld langsam zur Rakete vorarbeiten und allerlei nützliche Ressourcen sammeln. Leider ist auf dem Weg zur Rakete ganz schön viel Betrieb. Landet man auf einem Feld, auf dem schon die Figur einer konkurrierenden Rattenfamilie steht, muss man ein Stück Käse abdrücken.
Auf dem Weg zur Raketenrampe gibt es Hilfe auf dem Schrottplatz. Beim Hamster kann man einen Rucksack kaufen, Energydrinks gibt es bei der Krähe und der Frosch hat Kronkorken im Angebot. Alles Dinge, die Vorteile bringen. Bei der ganzen Sammelei sollte man aber nicht die wichtigste Aufgabe vergessen: Man will an der Rakete mitbauen. Also muss man zusehen, dass die acht Wertungssteine, die man besitzt, auch durch Bezahlen der gesammelten Ressourcen geschickt eingesetzt werden. So kann man wählen, ob man am Antrieb oder am Cockpit mitbauen will. Auch großzügige Käsespenden sind gern gesehen und bringen Prestigepunkte.
Taugt das was?
Das ist schon eine sehr schöne Story: Ratten, die zum Käsemond wollen und allerlei Unfug treiben, aber das Ziel nicht aus den Augen verlieren dürfen. Denn Ablenkung gibt es bei dem Spiel genug. Die Optionen, an die begehrten Punkte zu kommen, sind zahlreich. Erst nach ein paar Runden hat man so richtig durchblickt, welche Strategie zum Erfolg führen kann. Besonders schön ist, dass das Spiel mit einem zusätzlichen modularen Aufbau daherkommt, das macht das Ganze noch mal deutlich anspruchsvoller.
Insgesamt ist »First Rat« deutlich anspruchsvoller als eine Partie »Hugo«, aber vielleicht ist mit dem Älterwerden auch der Anspruch an Spiele gestiegen. Eine Reise zum Käsemond ist auf jeden Fall eine gute Alternative.
Pegasus; 1 – 5 Spieler:innen; ab 10 Jahren; Autor:innen: Gabriele Ausiello und Virginio Gigli
»Rapido«
Worum geht’s?
Die berühmte bunte Treppe »Escadaria Selarón« in Rio de Janeiro ist Schauplatz unseres nächsten Spieles. »Rapido« ist auch ein paar Jahre älter und hat wie »Hugo« schon das ein oder andere Makeover hinter sich. Die Neuauflage des Verlages Game Factory ist aber optisch die bisher hübscheste Version.
Was genau machen wir hier? Wir möchten gern bei unserem Städtetrip durch Rio die berühmte bunte Treppe erklimmen. Leider haben wir beachtliche Konkurrenz. Bei diesem Würfelwettrennen gewinnt, wer zuerst oben angekommen ist.

»Rapido«: Ein Würfel-Wettrennen auf der berühmten Treppe »Escadaria Selarón«
Foto:Diana Doert / DER SPIEGEL
Alle Spieler:innen bekommen zwei Würfel, einen Farbmarker und eine Spielfigur in dazugehörigen Farben. Ist man am Zug, würfelt man mit beiden Würfeln, wobei die niedrigere Zahl automatisch als Einer-, die höhere als Zehnerstelle gewertet wird. Eine Drei und eine Fünf wären also eine 53. Wer sein Ergebnis verbessern möchte, kann neu würfeln – bis zum zweiten Mal ein »X« fällt, das auf beiden Würfeln vorkommt.
Die Würfel werden danach auf einem der Würfelfelder in der Mitte des Spielfelds platziert. Sobald ein Würfelpaar mit höherem Ergebnis unter einem niedrigeren platziert wird, muss die kleinere Würfelzahl das Feld wieder räumen. Je höher das Würfelfeld liegt, desto mehr Treppenstufen darf ich weiterziehen. Allerdings darf ich das erst, wenn ich wieder am Zug bin und in der Zwischenzeit niemand meine Würfel »verjagt« hat. Das verspricht ein beschwerlicher Aufstieg zu werden.
Taugt das was?
»Rapido« kommt dem Spielgefühl von »Hugo« schon sehr nahe. Es spielt sich ähnlich flott und auch der Ärgerfaktor, wenn man von der Würfelreihe geschubst wurde, ist ähnlich dem Wegschnappen von freien Räumen bei »Hugo«. Der Glücksfaktor ist angenehm hoch, sodass auch »Rapido« hervorragend als Spiel für zwischendurch geeignet ist. Sowohl Kinder ab acht Jahren als auch die Nicht-so-viel-Spieler:innen kommen hier zum Zug.
Game Factory; 2 – 6 Spieler:innen; ab 8 Jahren; Autor:innen: Reiner Knizia
»YAK«
Worum geht’s?
Wir sind Bewohner eines Dorfes im Himalaja und haben ein nicht zu unterschätzendes Problem. Unser Dorf versinkt oft im Nebel, sodass man uns nicht finden kann. Um das zu ändern, bauen wir einen möglichst hohen Turm, der uns weithin sichtbar machen soll.
Im Zentrum des Spielfelds liegt ein Weg, der im Kreis an den Dörfern der Spieler:innen vorbeiführt, und auf dem die vier Karren der fliegenden Händler von stattlichen Yaks gezogen werden. Beladen werden die Yak-Fuhrwerke mit bunten, quadratischen Steinen und drei verschiedenen Nahrungs-Token. Doch nicht alle Lebensmittel sind auf jedem Karren zu bekommen. Alle Spieler:innen erhalten drei identische Aktionskarten und ein Tableau, auf dem der Turm für das eigene Dorf gebaut und die Lebensmittelvorräte gesammelt werden.

»YAK«: Türme bauen gegen den dichten Nebel
Foto:Diana Doert / DER SPIEGEL
Jede Runde besteht aus drei Phasen: Morgen, Mittag und Abend. Am Morgen wählen alle verdeckt eine von drei Aktionskarten aus, die am Mittag aufgedeckt werden. Nun werden reihum die gewählten Aktionen ausgeführt. Begonnen wird dort, wo das Baby-Yak steht. Wir bauen, besorgen Nachschub oder gehen auf den Markt. Zum Bauen tauscht man Nahrungsmittel gegen Steine ein, die auf dem Karren des gerade vor einem stehenden Yak liegen. Neue Steine werden zufällig aus einem Stoffbeutel nachgezogen. Da man am Ende des Spieles Punkte für die verbauten Steine im Turm bekommt, braucht es Planung.
Taugt das was?
Das Spielmaterial ist schon mal ein Hingucker, das Baby-Yak als Startmarker möchte ich direkt behalten. Der Mechanismus ist schnell gelernt und es macht Spaß, die dicken, bunten Holzsteine aus dem Stoffbeutel zu ziehen. Die vorbeiziehenden Yaks und deren Ladung im Blick zu behalten, ist aber schon etwas komplexer, als nur auf das Schlossgespenst Hugo zu achten. Ein bisschen Planung bedarf es schon, um für das eigene Dorf einen hohen Turm bauen zuz können, bevor alles wieder im Nebel versinkt. Wer komplexe Laufspiele mag, wird mit »YAK« so viel Spaß haben wie mit Hugo.
Pretzel Games; 2 – 4 Spieler:innen; ab 8 Jahren; Autor:innen: Michael Luu