Dampfgarer im Test Mehr heiße Luft wagen

Gesünder geht es kaum: Beim Dämpfen bleiben Aromen, Vitamine und Mineralstoffe im Essen erhalten. Wir haben Geräte getestet, mit denen diese schonende Zubereitungsweise auch in kleinen Haushalten klappt.
Ein Dampfgarer

Ein Dampfgarer

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Peter Wagner

In Zeiten, in denen selbst Männerrunden häufiger über die Vorzüge eines starken Immunsystems diskutieren als über die Frage, wer nach Lewandowski bei Bayern die Tore schießen soll, rücken die ernährungsphysiologischen Vorteile des Dampfgarens wieder in den Mittelpunkt der Küche. Die wiederum ist bei vielen Hobbykochenden sehr klein, manchmal vielleicht nicht einmal vorhanden. Höchste Zeit also, unsere Tipps für Dampfgeräte mit Modellen für kleine Haushalte zu ergänzen. Denn auch im Büro, dem Wohnmobil oder der Studentenbude will man ja ab und zu Dampf ablassen.

Miji Cookingbox One

Dämpfen ist eine Methode, um Gemüse wie Romanesco, Blumenkohl, Pak Choi, Brokkoli, aber auch Spargel, Paprikaschoten und Artischocke aromaschonend zuzubereiten. Kartoffeln behalten im Dampf ihre Stärke – perfekt für Püree. Empfindliche Fische (Forelle, Saibling, Lachs) werden im Dampf saftig, und – man kennt das von Tankstellen-Imbissen – Wiener Würstchen platzen beim Warmhalten nicht auf. Diese Vorzüge des Dampfgarens kombinieren diverse Hersteller seit einiger Zeit mit der Idee der Bento-Box für das aushäusige Mittagessen: sie bauen in die Brotzeitschachteln ein Heizelement ein.

Solche elektrischen Lunch-Boxen taugen allerdings eher zum Aufwärmen des daheim vorgekochten Mittagessens als zum Dampfgaren von Lebensmitteln und werfen in den niedrigen Preisklassen häufig mehr Probleme auf als sie lösen. So sind die Dichtungen oft fehlerhaft und die Mittagssuppe läuft schon in der U-Bahn aus. Oder man wartet statt der in den Betriebsanleitungen versprochenen 30 Minuten bis zu eineinhalb Stunden auf wirklich durcherhitztes Essen. Das Versprechen, rohe Zutaten wie Kartoffeln oder Möhren im Dampf zu garen, wird fast nie eingehalten.

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Privat

Der zwischen Hamburg und Palma de Mallorca pendelnde Foodjournalist Peter Wagner kocht länger, als er für Geld schreibt. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich auch hauptberuflich mit Kochen, Essen, Reisen und Genießen und hat längst den Gegenwert eines Mittelklassewagens in der Gastronomie verzecht. Peter Wagner veröffentlicht Ernährungssachbücher und Kochbücher, aktuell ist sein Buch »Esst mehr Vleisch!«  im Handel – eines der ersten Kochbücher zum Thema Fleischalternativen für Flexitarier und angehende Vegetarier.

Ausnahme: die schick designte und technisch fehlerfrei arbeitende Miji Cookingbox One. Das »One« ist ernst zu nehmen, denn dieser Mini-Dampfer macht tatsächlich höchstens eine Person satt. Wie etwa meinen Freund Thorsten, der der Pandemie in seinem Wohnmobil mit 220-Volt-Generator davonfahren will. Bislang mit Erfolg, was vielleicht auch an dem gesunden Essen liegen mag, das er sich fast täglich mit der von mir ausgeliehenen Miji gekocht hat.

Für andere Am-Lenkrad-Esser wie LKW-Fahrerinnen und -Fahrer oder Handlungsreisende ohne 220-V-System in der Karre taugt die Miji nichts, denn sie hat keinen Anschluss für den Zigarettenanzünder. Dafür aber die Power, in 15 bis 20 Minuten wirklich heißen Dampf zu machen, ohne dabei nach Billigplastik zu riechen wie so manch andere Elektrobox. Die Suppe läuft nicht aus, und das Mittagessen bleibt im Gegensatz zur Mikrowelle schön saftig. Zudem ist die Box klein genug für Kleinst-Küchen wie im Camper, Büro, Internat, auf der Baustelle oder im Studentenwohnheim.

Und wer Frühschicht schieben muss, kann damit sogar seine Frühstückseier kochen.

Was ist das? Eine kleine, sehr effiziente Box zum Aufwärmen und Dampfgaren kleiner Speisemengen.

Wer braucht das? Jeder, der sich mal eben was warm machen oder Dampfgaren will und keine Lust auf Mikrowelle hat.

Was kostet das? Ab ca. 40 Euro, die Miji liegt bei etwa 70 Euro.

WMF KitchenMinis Dampfgarer

Lange Zeit galt Dampf bei Wissenschaftlern und Köchen als eines der schnellsten Wärmeübertragungsmedien. In Wahrheit ist Dämpfen dennoch langsamer als das Kochen in Wasser. Das liegt zum einen an dem Phänomen der Verdunstungskälte: Das Verdunsten von Wassertropfen auf der Oberfläche der Speisen lässt diese leicht abkühlen. Zweitens ziehen sich die Tropfen zu einem Kondensatfilm zusammen unter dem sich eine dünne Luftschicht bildet, die die Kochtemperatur effizienter abschirmt als Isolierschaum. Sogar bei großen Dampfbacköfen und Profi-Konvektomaten bemerkt man den dadurch entstehenden Zeitunterschied beim Kochen.

Richtig schmerzhaft kann das erst recht bei kompakten, mehrlagigen Dampfsystemen für die Single- und Pärchenküche werden. Mal eben ein Pfund Karotten Dampfgaren – das erfordert beim Einsatz der beliebten Dreier-Stapel-Geräte Geduld und eine angepasste Zeitplanung in der Küche.

Der nur auf zwei Ebenen, aber immerhin mit jeweils 2,5 Litern Fassungsvermögen kochende Edelstahl-Dampfgarer aus der »KitchenMinis«-Serie von WMF gart immerhin fast so schnell wie so manches Einbaugerät. Allerdings kamen mir die im beigelegten Rezeptbüchlein angegebenen Zeiten gleich recht sportlich vor – das ist mit der im Vergleich zu vielen Plastik-Staplern hübsch anzusehenden Mattstahl-Kiste nicht zu schaffen. Zehn Minuten mehr als angegeben sollte man immer einberechnen. Wenn Gemüse oder Kartoffeln weich werden sollen, sogar 15. Wie bei allen Dampfgar-Methoden ist es wichtig, das Gargut in etwa gleiche große Stücke zu zerteilen, also zum Beispiel bei Kartoffeln die großen Exemplare zu halbieren.

Ansonsten angenehm bei diesem Küchenzwerg: Das Wasser für die Dampferzeugung lässt sich bei längeren Kochprojekten bequem von der Seite nachfüllen, ohne die Garschalen abheben zu müssen. Diese sind aus Metall was die Lebensdauer deutlich erhöht, wenn man sie regelmäßig im Geschirrspüler reinigt. Außerdem lassen sich die Garzeiten beider Schalen (etwa unten Fisch, oben Gemüse) getrennt einstellen – den Zutaten, die schneller fertig sind, wird entsprechend später Dampf gemacht. Zusätzlich gibt es eine spezielle Innenschale zum Einhängen für Suppen, Reis oder Nudeln.

Und sogar – um hier auch mal eine echte Minderheit anzusprechen – meine Hefeklöße wurden fluffig wie nie.

Was ist das? Ein schicker und vergleichsweise solider Dampfer für die Pärchenküche.

Wer braucht das? Jeder, der auf mindestens zwei Ebenen dämpfen will, aber keine Lust hat, sich ein hässliches Plastikteil in die Küche zu stellen.

Was kostet das? 110 Euro.

Tefal VS4003 Dampfgarer VitaCuisine Compact

Schön, dass man mit ein bisschen gutem Willen auch der Einäugige im Reich der blinden Dampfgarer werden kann. Das ist kein an den Haaren herbeigezogenes Späßchen, sondern trister Dämpf-Alltag fast aller Stapelsysteme, bei denen die Garschalen aus (anfangs) durchsichtigem Plastikmaterial gefertigt sind. Vor der Material-Erblindung ist langfristig auch der Tefal VitaCuisine nicht gefeit, wie ich bei Freunden sehen konnte, die das Gerät seit etwa zwei Jahren mehrmals die Woche einsetzen. Deren Trick: wenn die Garbehälter nicht wirklich schmutzig sind, einfach mit etwas Spülmittel per Hand abwaschen. Bei dem No-Name-Hochstapler, den ich vor langer Zeit mal geschenkt bekam, war das Plexi jedenfalls schon nach gerade mal zehn Maschinenspülgängen milchig, kurz darauf bröckelte es sogar. Soviel zum Thema »spülmaschinentauglich«.

Praktisch beim Tefal sind die mitgelieferten geschlossenen Garschalen für alles, was mit und in Sauce gart. Die legt man unten in den Behälter und zieht sie ohne Brandblasen an den Fingern an einem Griff wieder heraus. Allerdings passt nur ein knapper Liter an Zutaten hinein. Ohne Schalen fassen die drei Behälter 10,6 Liter. Das ist natürlich ein theoretischer Wert, denn wie bei all diesen Geräten ist das Stapeln schon mit halber Beladung ein Balanceakt. Das kann der Tefal nur bedingt besser, und auch bei ihm sammelt sich unten im Behälter systembedingt Kondenswasser, das man nicht selten mitsamt der Speisen auf die Teller schüttet. Nett vom VitaCuisine: der Einsatz mit vier Glasbehältern für Desserts wie Crème brûlée oder ein Ei im Glas zum Frühstück. Außerdem lässt sich der Kochturm zum Verstauen auf recht handliche 26 Zentimeter zusammenstecken.

Da wird er fast schon zum Tiefstapler.

Was ist das? Ein typischer, leicht hakeliger Dampfturm für die ganze (Klein-)Familie.

Wer braucht das? Jeder, der häufig für zwei bis vier Esser Dampfgaren will, aber kein Großgerät in die Küchenzeile einbauen will (oder darf).

Was kostet das? Dreistöckige Hochstapler gibt es ab 35 Euro, der VitaCuisine liegt bei ca. 100 Euro.

Hintergrund: Produkttests im Ressort Tests

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