Vegane und vegetarische Küche So viel Aroma

Frisches Gemüse: Richtig zubereitet ein Hochgenuss
Foto: Willie B. Thomas / Getty ImagesJames Strawbridge – »Frische Gemüseküche: Grüner Genuss nach Jahreszeiten, Anbau, Verarbeitung«
Der Name James Strawbridge ist in Großbritannien seit vielen Jahrzehnten so etwas wie ein Synonym für fleischfreie Ernährung auf Basis weitgehend selbst angebauter Pflanzen. Gemeinsam mit seinem Vater Dick schrieb Strawbridge mit »Das große Buch der Selbstversorgung« eine Blaupause für Menschen, die Lebensmittel selbst anbauen wollen.
Die Familie des TV-Kochs lebt, arbeitet, erntet und kocht auf einer Farm in Cornwall, auf der Strawbridge auch viele seiner TV-Shows produziert. Seine selbst erfahrenen, erarbeiteten und erkochten Tipps passt er dabei stets an die Lebensverhältnisse anbauwilliger Stadtbewohner an. Deren Selbstversorger-Möglichkeiten – vom Balkon-Blumenkasten über begrünte Dächer und vertical farming bis zum Schrebergarten am Stadtrand – sind ja eher bescheiden.
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Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass auch Strawbridges aktuelles 304-Seiten-Werk mit dem treffenderen Originaltitel »The Complete Vegetable Cookbook«, wieder eine wahre Schatztruhe von produktnahen Gemüserezepten ist. Die mehr als 60 Pflanzensorten von Brunnenkresse bis Zuckermais, die auf jeweils einer Doppelseite effizient porträtiert werden, sind die Protagonisten der mehr als 135 auch für Seltenkocher leicht realisierbaren Rezepte.
Zu jeder Pflanze werden die essbaren Teile erklärt, beim Radieschen erfährt man sogar, dass neben Blättern, Stängeln und Wurzeln (das eigentliche »Radieschen«) auch die unten angewachsene Pfahlwurzel eine kulinarische Bedeutung haben kann: Der mehr oder minder lange, fadenförmige Zipfel muss nicht im Biomüllsack landen. Gesammelt und gebraten gibt er eine herzhaft-krosse Garnitur ab.
Strawbridge sortiert Pflanzen und Gewächse strikt nach den Jahreszeiten, in denen sie verfügbar sind, was nicht nur für den Selbstversorger Sinn ergibt, sondern auch für alle, die saisonal einkaufen wollen.
Im Rest des Buches wird munter geschnippelt und gekocht. Von einfachen Dillgurken und BBQ-Maiskolben bis zu Klassikern wie gefüllt-frittierten Zucchiniblüten, Baba Ganoush, Hasselback-Kartoffeln und Zwiebelsuppe. Es gibt aber auch innovativ-elaborierte Gemüseideen wie das nach Kebab schmeckende Sellerie-Shawarma, Lauchkroketten mit Algenflocken, Rote Bete Wellington-Art und Karotten-Kardamom-Eiscreme.

Privat
Der zwischen Hamburg und Palma de Mallorca pendelnde Foodjournalist Peter Wagner kocht länger, als er für Geld schreibt. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich auch hauptberuflich mit Kochen, Essen, Reisen und Genießen und hat längst den Gegenwert eines Mittelklassewagens in der Gastronomie verzecht. Peter Wagner veröffentlicht Ernährungssachbücher und Kochbücher, aktuell ist sein Buch »Esst mehr Vleisch!« im Handel – eines der ersten Kochbücher zum Thema Fleischalternativen für Flexitarier und angehende Vegetarier.
Am Ende des Buches folgt ein nicht enden wollendes, großartig aufbereitetes Küchenpraxis-Kapitel samt für nachhaltiges Kochen wichtiger Haltbarkeits-Strategien wie Dörren, Marinieren, Einwecken, Fermentieren und zu Chutneys verarbeiten. Dieses Buch kann der Popularität der Gemüseküche mehr dienen als jeder noch so gut gemeinte Veggieday.
Wer braucht das? Jeder, der schon mit Gemüse kocht oder diese Kunst erlernen möchte.
Typisches Rezept? »Pastinaken-Merguez im vegetarischen Wurstdarm«.
Was kostet das? 24,95 Euro
Laura Wright – »Wild & Vegan – Junge pflanzenbasierte Küche aus Kanada«
Die rein veganen Rezepte, die die Kanadierin Laura Wright seit Jahren für ihr vielfach prämiertes Blog entwickelt, sind, ganz ohne Milchprodukte, Honig oder Eier, lecker und sättigend. Laura lebt in der Niagara-Region von Southern Ontario, hat einen lässigen und unideologischen Weg gefunden, aus rein pflanzlichen Zutaten ein enorm breites Spektrum von Gerichten mit starken Aromen und spannenden Texturen zu kochen.
In Kanada und den USA ist »Wild & Vegan« zwar schon 2017 als Essenz ihres Blogs in Buchform erschienen (Originaltitel »The first mess cookbok«), sein Inhalt aber auch heute noch topaktuell.
Die Autorin bedient spielerisch die gesamte Klaviatur der mannigfaltigen Zutaten jenseits der tierischen Fette und Proteine, kombiniert kulinarische Kreationen, die man auch dann ausprobieren sollte, wenn eine vegane Ernährung nicht zur Diskussion steht. So übernimmt sie den alten Trick, aus eingeweichten Cashewkernen sahnig-sanfte Cremes zu zaubern, indem sie einen schlohweißen kalten Koriander-Dip aus stundenlang gewässerten Sonnenblumenkernen herstellt. Dazu gibt es mit Tandoori-Würzung geschmorte Portobello-Pilze, die Wright »fast schon ein bisschen zu fleischig« schmecken – ähnlich wie die in Miso-Jus gedünsteten Shiitake, die sie zu einem herrlich winterlichen Püree aus Knollensellerie, Pastinaken, Knoblauch, Blumenkohl und weißen Bohnen reicht.
Vegan und zugleich low carb sind Gerichte wie »Spaghettikürbis-Nudeln mit Limetten-Erdnuss-Soße«, während die »Süßkartoffeln mit Burrito-Füllung und deftiger Salsa« zwar original nach Tex-Mex schmecken, aber ohne Weizentortillas als Wraphülle auskommen. Trotz der auf den ersten Blick logisch erscheinenden Kapitelstruktur springt Wright munter durch alle Tageszeiten und Verzehrsituationen. Zum Schluss geht es auf Dutzenden der 304 Seiten noch unsortierter zu. Da werden Smoothies und Limonaden, Snacks und Dips, Backwerk und Crumbles, Pralinen und Eiscreme wüst durcheinander gemischt. Ganz wild & vegan eben.
Wer braucht das? Jeder, der nicht glauben will, dass rein pflanzliches Kochen der Fantasie keine Fesseln anlegen muss.
Typisches Rezept? »Cremiges Quinoa-Weiße-Bohnen-Risotto mit knusprigen Kohlröschen«.
Was kostet das? 29,90 Euro
Andreas Mayer – »Der Duft von Gemüse«
Was mit pflanzlichen Zutaten jenseits der Haushaltsküche alles möglich ist, wenn man sie mit den Möglichkeiten hochtechnisierter Avantgarde-Sternegastronomie durchdekliniert, zeigt der im Schloss Prielau im österreichischen Pinzgau auf höchstem Niveau (drei Hauben/17 Gault Millau-Punkte) arbeitende Andreas Mayer. Viele seiner omnivoren Stammgäste bestellen inzwischen lieber das vegetarische Menü (sieben Gänge; 165 Euro) als seinen üblichen Hochküchenkanon aus Saibling, Gänseleber, Steinbutt, Zander, Perlhuhn und Bio-Kalb (acht Gänge; 193 Euro). Kein Wunder, kitzelt Mayer doch aus seinen Veggie-Stars Fenchel, Muskatkürbis, Steinpilz, Trüffel und Meerrettich einen eindrücklichen Strom interessanter Aromen heraus.
Die Tricks, Techniken und Erfahrungen dieser Arbeit hat der Zweisterner in »Der Duft von Gemüse« auf 240 Seiten komprimiert. Der Titel ist Programm, denn Mayers wichtigstes Werkzeug – der Rotationsverdampfer – erzeugt tatsächlich hocharomatische Parfüms aus fast allen Pflanzen- und Gemüsesorten. Diese Essenzen lässt er vor den jeweiligen Gängen, passend zum Kopfaroma des Gerichtes, wie in einer Parfümerie auf einen Papierstreifen sprühen und dem Gast zur Einstimmung unter die Nase halten.
Das klingt spannend, wird aber selbst von ambitionierten Hobbyköchinnen und -köchen nicht nachzumachen sein: Rotationsverdampfer für Chemielabore gibt es gebraucht zwar schon ab ca. 1000 Euro, aber selbst Mayer verrät nicht, wie er seine Duftwässer herstellt. Immerhin nennt er zu jedem der über 70 mit etwas Geschick nachkochbaren Rezepte ein Gemüse, eine Pflanze oder eine Obstsorte, an der man vor dem Essen schnüffeln soll. Das sorgt selbst in der elaboriertesten Kochclub-Runde für Abwechslung und Gesprächsstoff.
Den Gaumen erfreut Mayer mit »Veganer Gulaschsuppe Röst- und Raucharomen«, »Passionsfrucht-Couscous gefüllte Schmorzwiebeln« und »Lasagne-Törtchen aus Blumenkohl in drei Texturen mit Mangold und Trüffel«. Oder wie wäre es mit »Eiscreme vom Bergkäse«? Das alles ist derart authentisch und wunderschön fotografiert, dass der Duft dieser kleinen Gemüse-Kunstwerke aus den Buchseiten emporzuströmen scheint. Früher hätte man gesagt: Echt Dufte!
Wer braucht das? Jeder, der in seiner Hobbyküche gern daran scheitern möchte, vegetarische Gerichte auf Zweisterne-Niveau zu kochen – und an solchen Herausforderungen wächst.
Typisches Rezept? »Terrine und Sülze vom Sellerie mit Petersilienwurzelsalat, Pekannuss und schwarzem Trüffel«
Was kostet das? 49,90 Euro