Abfallentsorgung in Afrika Müll, Moneten, Mafia

Es ist ein schmutziges Geschäft, in jeder Hinsicht: Europäische Reeder verschiffen Abfälle nach Afrika, dort wird die Fracht illegal entsorgt. Giftige Schwermetalle verseuchen Böden, Flüsse und Fische - und die Händler verdienen Milliarden.
Von Marlies Uken

Hamburg/Accra - Zwei alte Fernseher schiebt der junge Mann auf einer Sackkarre heran, die müssen auch noch mit. Der Mann aus Kamerun wuchtet sie in den Kleintransporter, der jetzt schon vollgestopft ist mit alten Computern, Monitoren und Tastaturen. Die Fernseher passen auch noch rein, na sicher. "Dreimal im Jahr komme ich nach Hamburg und kaufe hier alte Geräte", erzählt der große Mann in der schwarzen Lederjacke, zündet sich eine Zigarette an und schaut zufrieden auf den rostigen Transporter, seinen überdimensionierten Einkaufswagen.

Warnung vor Giftmüll in Afrika: Der Giftcocktail verseucht den Boden

Warnung vor Giftmüll in Afrika: Der Giftcocktail verseucht den Boden

Foto: AFP

Die Shoppingtour bei den Müllhändlern an der Billstraße war wieder einmal erfolgreich. "In Kamerun mache ich aus drei alten Fernsehern einen neuen." Plötzlich stolpert ein Mann die Treppe herab und stellt sich dazu. Ein Mittfünfziger, vielleicht Türke. Der Besitzer? "Ich beantworte keine Fragen. Ich habe genug Probleme mit den Behörden", wiegelt er ab.

Wenn Hamburg das Tor zur Welt ist, dann ist die Billstraße die Einfahrt zu ihren Mülldeponien. Die triste Ausfallstraße nahe dem Hamburger Hafen ist einer der prominentesten Umschlagorte für Elektroschrott in Hamburg, wenn nicht gar in Deutschland. Hier treten alte Fernseher ihre letzte Reise an, nach Asien und nach Afrika. Dort schlachten Menschen sie aus, um an die kostbaren Edelmetalle heranzukommen.

Sie tun das um jeden Preis, Arbeitsschutzstandards und Umweltvorschriften kennen sie nicht. Ein Milliardengeschäft, das in der Billstraße beginnt und auf einer Müllhalde in Ghana endet. Und dazwischen liegen Tausende Kilometer Ozean, die das Problem an ferne Ufer spülen. Es ist die Globalisierung des Wegwerfwahnsinns, die Globalisierung des Mülls. Allein 2005 vagabundierten rund 7,5 Millionen Tonnen exportierte Abfälle ganz legal und von den Behörden registriert um den Globus, geschredderte Plastikfolie landete in China, deutscher Hausmüll in der Schweiz.

Doch weil sich mit Abfällen inzwischen das große Geld verdienen lässt, mischen auch Schmuggler in dem schmutzigen Geschäft mit. 2006 ergaben Stichproben in Europas Seehäfen, dass jeder zweite kontrollierte Container illegale Abfälle enthielt: von Kühlschränken mit gefährlichem FCKW bis zu verdreckten Erdkabeln.

Einer der Müllströme, die am schnellsten wachsen, ist Elektroschrott. Jährlich fallen mindestens 20 Millionen, wenn nicht sogar 50 Millionen Tonnen E-Schrott an, schätzen die Vereinten Nationen. Weil er hochgiftige Schwermetalle enthält, darf er die EU nicht verlassen. "Zurzeit wird aber nur ein kleiner Teil dort recycelt, wo er auch anfällt", sagt Maria Elander von der Deutschen Umwelthilfe, "der Großteil wird billig in Afrika entsorgt." Wer seinen Fernseher bei den Händlern an der Billstraße loswird, macht ein gutes Geschäft: Er spart sich die teure Entsorgung in Deutschland. Und in Afrika ist der Elektroschrott begehrt, weil er wertvolle Edelmetalle enthält.

Wenn er könnte, würde Wolfgang Drücker diesem Treiben sofort ein Ende machen. Er ist Abfallexperte der Hamburger Umweltbehörde. Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt er sich mit nichts anderem. Und kaum jemand ist näher an dem Thema als er - die Behörde hat ihren Sitz in der Billstraße 84, nur ein paar Schritte von den Elektrohändlern entfernt. Der Export gefährlicher Abfälle, die in Entwicklungsländern billig beseitigt werden sollen, ist laut der Basler Konvention von 1989 verboten, erst recht der Export von alten Computerbildschirmen und Fernsehgeräten, die Blei und gefährliche Flammschutzmittel enthalten.

Was ist Müll - und was Gebrauchtware?

Doch die Händler an der Billstraße führen Drücker an der Nase herum. Sie nutzen einen Definitionstrick. "Es ist nicht immer eindeutig, ob ein Gerät Abfall ist oder noch Gebrauchtware", erklärt Drücker, "es fehlen rechtlich eindeutige Abgrenzungsmerkmale." Es ist der Schein, der zählt, in den Zollpapieren und in der Billstraße. Keiner der Geschäftsleute dort sieht sich als Müllschieber. Das kratzt an der Ehre. Sie sind Gebrauchtwarenhändler.

"Im- und Export" steht auf den unscheinbaren Firmenschildern, auf Deutsch, Arabisch und Russisch. In der Einfahrt liegen achtlos hingeworfene Autoreifen, an der Schuppenwand türmen sich drei aufeinander gestellte Waschmaschinen, daneben Kühlschränke und Computer - ausgemusterte Verlierer des technischen Fortschritts, woanders aufgekauft und hier weiterverschachert. Drei Männer beratschlagen über einer geöffneten Motorhaube, ein paar Afrikaner stehen vorm Asia-Imbiss, trinken Bier im Nieselregen. Es ist schwer für Drücker, den Händlern das illegale Treiben nachzuweisen. "Dafür müssten wir sie auf frischer Tat ertappen." Die Geschäfte werden in der Regel in bar abgewickelt und nicht dokumentiert - Behörden aber brauchen Beweise.

Den Müllhändlern wird es leicht gemacht. Schiffsagenturen wie Global Transit, die praktischerweise gleich neben den Schrotthändlern sitzen, übernehmen den Papierkram und organisieren das Verschiffen der Ware. Falls gewünscht, inklusive Hotelzimmer mit Internet für ihre ausländischen Kunden. Der Hamburger Hafen ist nah, täglich legen Schiffe nach Asien oder Afrika ab, fast jede Reederei nimmt auch Abfälle mit.

Frachtcontainer sind wie eine "Blackbox"

Nicht nur Elektroschrott, auch Altfahrzeuge treten hier in Hamburg ihre Schiffsreise an. Gerade bei Schrottautos nimmt die Hansestadt einen der Spitzenplätze in Europa ein, rund 11.000 werden monatlich nach Afrika verschifft. Abou Merhi Lines aus Libanon ist eine der wichtigsten Reedereien für solche Autotransporte, sechs riesige Fähren, die mehrere tausend Fahrzeuge fassen, pendeln Monat für Monat zwischen den Kontinenten. Das perfekte Vehikel für Abfälle dagegen ist die "Blackbox" der Globalisierung: der Frachtcontainer. Knapp zehn Millionen davon schlägt der Hamburger Hafen jährlich um, Massen, vor denen selbst der Zoll kapituliert.

Die Hamburger Beamten müssen sich täglich durch Tausende elektronische Warenanmeldungen klicken, immer auf der Suche nach Unstimmigkeiten. Sie fahnden nach Waffen und Drogen, illegale Abfälle machen sie nebenbei. 30 Zöllner sind Tag und Nacht im Hafen unterwegs, durchleuchten Container in Röntgenanlagen, lassen sie öffnen. "Illegal exportierte Elektrogeräte finden wir in der Regel per Zufall oder weil uns die Umweltbehörde einen Hinweis gibt", sagt Arne Petrick vom Hamburger Zoll. "Wir suchen die Nadel im Heuhaufen." Er erzählt von dreisten Müllschmugglern, die Computer mit abgeschnittenen Stromkabeln verschiffen - die also eindeutig Müll sind. Im Zielland würde man andere Stecker montieren, weil die deutschen nicht passten, behaupteten die Händler. "Wenn die Argumentation schlüssig ist, müssen wir das so hinnehmen", sagt Petrick. Er klingt frustriert.

Maria Elander von der Deutschen Umwelthilfe sieht das anders. Sie wirft den Behörden vor, den Müllstrom nicht konsequent genug zu unterbinden. Vor einem Jahr hatte die Organisation im Hamburger Hafen alte Computerbildschirme auf dem Weg nach Vietnam und Usbekistan entdeckt und die Behörden aufgefordert, solche Exporte zu stoppen. "Die Kooperationsbereitschaft war nicht sehr groß", erzählt die Abfallexpertin. Sie glaubt, den Behörden fehle der Anreiz, illegale Mülltransporte herauszufischen. "Dann muss die Behörde den Absender ausfindig machen, damit der Müll umweltgerecht entsorgt wird - das ist Aufwand", erklärt Elander. "Findet sie ihn nicht, bleibt sie auf den Kosten der Entsorgung sitzen." Ob Müllschmuggler oder Behörde, in dieser Geschichte hat wohl jeder ein Interesse, dass der Müll irgendwo landet - nur nicht in Deutschland. Denn dann wird's teuer: 100 bis 200 Euro kostet das umweltgerechte Recycling einer Tonne Elektroschrott hierzulande.

Viele Kinder leiden an Atemproblemen

Was Afrika unter Recycling versteht, lässt sich in Ghanas Hauptstadt Accra beobachten, auf der Deponie Agbogbloshie. Sie ist die Müllkippe des digitalen Zeitalters. Auf einem Quadratkilometer Fläche türmen sich defekte Fernsehbildschirme, Laufwerke und DVD-Player übereinander. Eine Landschaft in zertrümmertem Grau. Einige Jungs balancieren Eimer voller Kabelgestrüpp auf ihren Köpfen, unter ihren Füßen knacken zerbrochene Laptops. Über dem Gelände wabert stickiger, beißender Rauch.

Morgens um acht fangen Kinder an, mit bloßen Händen und einem Schraubenzieher die Bildschirme und Laufwerke zu zerschlagen. Über offenem Feuer verbrennen sie die Festplatten und Kabel, um an das kostbare Kupfer zu kommen. Etwa zwei Dollar verdienen sie mit dem Verkauf der täglichen Ausbeute und bezahlen dafür mit ihrer Gesundheit: Über dem Feuer entstehen hochgiftige Dämpfe, viele Kinder leiden an Atemproblemen. Nach dem Verbrennen lassen sie die Kabelreste und Festplatten einfach liegen. Regen schwemmt die Schwermetalle aus, der Giftcocktail verseucht den Boden, die Flüsse, die Fische. Und landet am Ende bei den Menschen auf dem Teller.

Die Umstände dieses globalen Gifttransfers hat Greenpeace dokumentiert. Mehr als 100 Container aus Europa und den USA kommen jeden Monat in Ghana an. Den Inhalt verramschen Händler auf Märkten. Je schneller eine Computergeneration aus der Mode ist, desto schneller wächst der Müllberg. Sogar Laufwerke aus Deutschland hat Greenpeace auf der Agbogbloshie-Deponie entdeckt. "Die Computer kommen als Secondhandware nach Ghana", erklärt Greenpeace-Abfallexpertin Kim Schoppink, "aber wer soll sie nutzen in einem Land, in dem es noch nicht einmal ständig Strom gibt?"

"Länder machen mit, weil sie Gewinne machen wollen"

Im amerikanischen Minneapolis untersucht der Soziologieprofessor David Pellow seit Jahren Müllskandale. Ihn interessiert vor allem der Aspekt der sozialen Gerechtigkeit. "Der Westen will seinen Müll billig in Entwicklungsländern entsorgen", sagt Pellow, "und einige dieser Länder machen mit, weil sie sich um jeden Preis entwickeln und Gewinne machen wollen." Zwar gibt es die Basler Konvention, die weltweit den Export von Giftmüll verbietet. Drei Staaten haben das internationale Übereinkommen aber nicht unterzeichnet: Afghanistan, Haiti und der größte Elektroschrottproduzent der Welt, die USA. "Amerika macht es sich sehr einfach", sagt Pellow.

Afrikas Schrotthändler werden von den rasant steigenden Preisen für Kupfer gelockt - paradox, denn der Kontinent verfügt über die weltgrößten Kupferminen. Die Preise sind zwar zuletzt gesunken, doch der Rohstoff ist nach wie vor begehrt. Eine Tonne brachte im März auf dem Weltmarkt rund 3400 Dollar ein. Und die Frachtkosten sind lächerlich niedrig.

Es ist ein lukratives Geschäft mit Schmutz und Gift, das mittlerweile selbst die italienische Mafia für sich entdeckt hat. Sie verdiene jährlich rund 4,4 Milliarden Euro mit der illegalen Entsorgung von Gewerbemüll, sagt Antonio Pergolizi von der italienischen Umweltorganisation Legambiente in Rom. Mafiafirmen würden die Entsorgung billiger als andere Abfallfirmen anbieten und Beamte schmieren, um an die benötigten Genehmigungen zu kommen. Der Müll lande dann im billigsten Loch. In den vergangenen 15 Jahren habe die Mafia Abfälle in mehr als einem Dutzend Staaten illegal entsorgt, etwa in China, Äthiopien und Syrien, sagt Pergolizi.

Die Politik mischt mit

Ihr das nachzuweisen sei extrem schwer. Korruption und enge Verflechtungen mit der Politik verwischten sämtliche Spuren. Ein mühseliger Kampf. "Es ist kaum möglich, diese Netzwerke zu zerschlagen." Auch in Deutschland ist man auf der Suche nach den Hintermännern. Doch wer im Müll wühlt, wird nicht immer fündig. "Manchmal existiert nur eine Briefkastenfirma, die den Elektroschrott exportiert", sagt Elander von der Umwelthilfe. Auch Behördenexperte Drücker kann nur vermuten, wer die Müllschieber sind. Er glaubt nicht an organisierte Kriminalität. "Das sind kleine Unternehmen, die sehr flexibel reagieren", meint er.

Für ihn sind sie eine Plage: Hat man einen Exporteur endlich im Griff, springen an anderer Stelle drei neue ein. Allein an der Billstraße verdienen wohl mehr als 20 Firmen ihr Geld mit dem Elektrogerätehandel. Sogar das Umweltbundesamt, die oberste Umweltbehörde Deutschlands, hat kaum Einblicke in die Szene. Sie kennt zwar Einzelfälle, aber ein schlüssiges Gesamtbild fehlt. "Uns sind die Strukturen völlig unklar", räumt Abfallspezialist Joachim Wuttke ein. Stimmt es etwa, dass Schrotthändler regelmäßig Sperrmüllsammlungen abgrasen? Oder machen diese Händler nur einen kleinen Teil aus? Sind vielleicht sogar kommunale Wertstoffhöfe beteiligt? Wuttke weiß es nicht. Selbst die zuständigen Umweltminister der Länder zucken ratlos mit den Schultern. In einem unveröffentlichten Papier kommen sie zu dem Schluss, dass die sogenannten Geräteströme bei den Gebrauchthändlern noch vollkommen intransparent seien.

Irgendwo gibt es also eine Lücke im System. Seit 2006 dürfen Computer oder Handys etwa nicht mehr im Hausmüll landen, jeder Bürger kann sie gratis beim Recyclinghof abgeben. Aber was passiert dann mit den Geräten? Offiziell übernehmen Recyclingunternehmen im Auftrag der Hersteller die Entsorgung. Aber einige Kommunen verwerten die Abfälle auch selbst. Schicken gar sie den Elektroschrott nach Afrika? "Wir können nichts ausschließen", sagt Knut Sander vom Forschungsinstitut Ökopol in Hamburg. Seit Herbst vergangenen Jahres untersucht Ökopol im Auftrag des Umweltbundesamts, wo der Elektroschrott bleibt. Doch bis die Ergebnisse der Studie vorliegen, wird es dauern.

15 Tote, 100.000 Menschen mit Beschwerden

Dabei drängt die Zeit. Denn der globale Abfalltransfer hat verheerende Folgen. Das zeigte sich im August 2006, als die "Probo Koala" in einem Hafen der Elfenbeinküste festmachte. Der britische Rohstoffhandelskonzern Trafigura ließ mehrere hundert Fässer mit Giftmüll auf Deponien in der Wirtschaftsmetropole Abidjan verteilen. 15 Menschen starben an den giftigen Gasen, mehr als 100.000 schleppten sich mit Atembeschwerden und Magenproblemen in Krankenhäuser.

Glaubt man den Ausführungen der Rechtsanwaltskanzlei Leigh Day & Co aus London, hatte sich schon lange zuvor Haarsträubendes an Bord abgespielt: Die "Probo Koala" irrte bereits seit Wochen über die Weltmeere, um die hochgiftigen Abfälle aus der Ölveredelung loszuwerden. In Tunesien war Trafigura bereits gescheitert, auch in Amsterdam verweigerten die Behörden die Entladung. Daraufhin heuerte Trafigura einen afrikanischen Müllhändler an, und die "Probo Koala" nahm Kurs auf Abidjan. Salomon Ugborugbo, Chef der Müllentsorgungsfirma, ließ die Abfälle von der "Probo Koala" schaffen und unter freiem Himmel verteilen - mit tödlichen Folgen.

Seit mehr als einem Jahr arbeitet Martyn Day in London an dem Fall. Der 51-Jährige, nach Einschätzung der "Times" einer der 100 wichtigsten Anwälte Großbritanniens, vertritt 22.000 Opfer des Müllskandals. Von Oktober an wird er vor dem High Court in London versuchen, mehrere tausend Pfund je Opfer als Entschädigung einzuklagen. Es ist die größte Schmerzensgeldklage in der Geschichte Großbritanniens. "Der 'Probo Koala'-Fall ist ein Skandal von gigantischem Ausmaß", sagt Day. "Seit zwei Jahren versucht Trafigura, die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen. Dabei gibt es einen Berg an Beweisen, dass das Unternehmen vollkommen unverantwortlich mit den Abfällen umgegangen ist."

"Wir haben uns an alle Gesetze gehalten"

Einfach wird der Fall dennoch nicht, denn Days Gegner ist mächtig. Trafigura ist der drittgrößte Ölhändler weltweit. Jahresumsatz 2007: 51 Milliarden US-Dollar. Ein undurchsichtiges Netz zahlreicher Tochterfirmen macht es schwierig, die Verantwortlichen ausfindig zu machen. Im Februar 2007 zahlte das Unternehmen nach eigenen Angaben bereits mehr als 165 Millionen Dollar an die ivorische Regierung. Ein Schuldeingeständnis sei dies aber auf keinen Fall, betonte das Unternehmen. Eine auf Krisen-PR spezialisierte Agentur betreut inzwischen Presseanfragen. "Trafigura hat sich an alle internationalen und lokalen Gesetze gehalten", lässt der Konzern erklären, "Trafigura ist weder verantwortlich für den Vorfall, noch hat das Unternehmen ihn verursacht."

Bislang sind deutsche Behörden und Ermittler von einem solchen Skandal verschont geblieben. Aber die "Probo Koala" und die Recherchen der Deutschen Umwelthilfe im Hamburger Hafen haben sie sensibilisiert. Drückers Abteilung hat immerhin zwei neue Mitarbeiter bekommen, jetzt bekämpfen sie zu viert illegale Abfallexporte. Auch auf europäischer Ebene kooperieren die Umweltbehörden verstärkt, wollen gemeinsam Razzien durchführen. Sogar eine erste, zaghafte internationale Kooperation gibt es: Vor Kurzem tagten Behördenvertreter aus den USA, Afrika, China und Europa bei Interpol in Lyon, um die Kontrolle der Abfälle in den Seehäfen besser zu koordinieren.

In der Billstraße geht derweil das Tagesgeschäft weiter. In der Einfahrt des schäbigen Import-Export-Ladens parkt ein weißer Kombi ohne Nummernschilder. Ein Mann wühlt auf dem Beifahrersitz in Taschen herum, eine Frau schiebt einen Computer auf die Rückbank. Der nächste Transport wird bereits gepackt. Und das alles ganz legal.

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