Frühere Kanzlerin in Lissabon Merkel verteidigt Entscheidung für russisches Gas

»Rational und nachvollziehbar« war es laut Angela Merkel, angesichts der angestrebten Energiewende Gas aus Russland zu beziehen. Schließlich sei Moskau »selbst im Kalten Krieg ein verlässlicher Energielieferant« gewesen.
Angela Merkel auf einer Pressekonferenz für den portugiesischen Gulbenkian-Preis in Lissabon

Angela Merkel auf einer Pressekonferenz für den portugiesischen Gulbenkian-Preis in Lissabon

Foto: Carlos Costa / AFP

Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) bereut ihre Entscheidung, bei der Energieversorgung Deutschlands maßgeblich auf russisches Gas zu setzen, nicht. Mit dem geplanten schrittweisen Atom- und Kohleausstieg sei für eine Übergangszeit bis zur umfassenden Versorgung mit CO₂-freien Energieformen Erdgas notwendig gewesen, sagte Merkel in Lissabon.

Es sei dabei »sehr rational und nachvollziehbar« gewesen, russisches Gas zu beziehen. Denn dieses sei billiger gewesen als Flüssiggas aus den USA, Saudi-Arabien oder Katar.

»Es ist eine Zäsur.«

Angela Merkel

Darüber hinaus sei Russland »selbst im Kalten Krieg (...) ein verlässlicher Energielieferant« gewesen, sagte Merkel bei einer Pressekonferenz in der portugiesischen Hauptstadt. Sie habe zwar »nie daran geglaubt, dass es so was wie Wandel durch Handel« gebe, »aber durchaus Verbindung durch Handel. Und insofern bereue ich Entscheidungen überhaupt nicht, sondern glaube, dass das aus der damaligen Perspektive richtig war.«

Der »brutale Überfall« Russlands auf die Ukraine habe die Lage verändert. »Es ist eine Zäsur«, sagte Merkel. »Mit der muss die neue Regierung natürlich umgehen. Und das tut sie auch.«

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine versuchen Deutschland und andere europäische Länder, ihre Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu beenden. Im vergangenen Jahr kamen 55 Prozent der deutschen Gasimporte aus Russland, was auch darauf zurückzuführen ist, dass Merkel die Handelsbeziehungen mit Russland selbst nach der Annexion der Krim 2014 weiter vorangetrieben und die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 unterstützt hatte.

Merkel trat bei einer Pressekonferenz zur Bekanntgabe der Preisträger des portugiesischen Gulbenkian-Preises für Menschlichkeit ein. Die Ex-Kanzlerin hat bei diesem Preis den Vorsitz der Jury übernommen.

sko/AFP/Reuters
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