Gefahr durch Corona Viele Arbeitnehmer haben Angst vor Ansteckung

Berufspendler in der U-Bahn: Jeder Achte vermisst ausreichende Maßnahmen
Foto: Christoph Soeder / dpaDie Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus bleibt bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland auch während des zweiten Shutdowns unverändert hoch: Im Januar äußerte mehr als jeder dritte befragte Beschäftigte (35 Prozent) die Befürchtung, sich bei der Arbeit oder auf dem Weg dorthin mit dem Coronavirus anzustecken. Die Angst ist trotz der Verschärfung der Corona-Maßnahmen nicht geringer geworden, wie eine Umfrage des Portals Lohnspiegel.de ergab, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung betreut wird.
Die Daten beruhen auf einer kontinuierlichen Onlineumfrage unter rund 34.000 Erwerbstätigen in Deutschland, die seit April 2020 kontinuierlich durchgeführt wird. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, erlaubt aber aufgrund der hohen Fallzahlen detaillierte Einblicke in die Arbeitsbedingungen in Deutschland.
Besonders verbreitet ist demnach die Sorge vor einer Ansteckung bei Beschäftigten, die in ihrem Beruf regelmäßig engen Kontakt zu anderen Menschen haben und auch bei sorgfältigem Arbeitsschutz besonders exponiert sind. So haben seit Beginn des zweiten Shutdowns am 2. November 2020 mehr als die Hälfte der Befragten aus den Bereichen Erziehung und Soziales (57 Prozent) und den medizinischen Gesundheitsberufen (52 Prozent) angegeben, Sorgen vor einer berufsbedingten Ansteckung zu haben. Es folgen die Verkaufsberufe (47 Prozent) sowie die nichtmedizinischen Gesundheitsberufe (46 Prozent), zu denen beispielsweise Altenpflegerinnen und Altenpfleger gehören.
Arbeitsschutzmaßnahmen nicht überall ausreichend
Aber auch in Berufsfeldern mit geringerem Risiko gibt es laut der Umfrage viele Mitarbeitende, die Angst vor einer Ansteckung haben. Hierzu zählen Beschäftigte in Produktion und Fertigung (31 Prozent), in Informatik und Kommunikationstechnologie (28 Prozent) sowie in den klassischen Bürotätigkeiten aus dem Bereich Unternehmensführung und ‑organisation (29 Prozent).
»Ein entscheidender Faktor für die Sorgen der Beschäftigten ist, wie weitreichend die Corona-Arbeitsschutzmaßnahmen sind und wie konsequent sie im Arbeitsalltag umgesetzt werden«, sagt Elke Ahlers, Expertin für Arbeit und Gesundheit am WSI. »Viele Arbeitgeber haben schnell und vorbildlich auf die neue Lage reagiert – aber leider ist das noch nicht überall der Fall.«
So attestierte seit Beginn des zweiten Lockdowns zwar eine Mehrheit der Befragten (54 Prozent) ihrem Arbeitgeber, bereits ausreichende betriebliche Maßnahmen umgesetzt zu haben. Jeder dritte Befragte (33 Prozent) sah dies jedoch nur mit Einschränkungen so, jeder Achte (12,5 Prozent) vermisste ausreichende Maßnahmen seitens des Arbeitgebers. »Das führt bei den Beschäftigten verständlicherweise zu Frust und kann das Vertrauensverhältnis im Betrieb dauerhaft beschädigen«, so Ahlers.
Starke psychische Belastung
Viele Betriebe setzten zudem zu einseitig auf verhaltensorientierte Maßnahmen bei den Beschäftigten, ohne selbst die Arbeitsabläufe und die Arbeitsorganisation an die Bedingungen der Corona-Pandemie anzupassen. So beschränken sich laut WSI viele Arbeitgeber darauf, von ihren Beschäftigten die Einhaltung der Hygieneregeln, der Pflicht zum Maskentragen oder zum Abstandhalten anzumahnen – passen aber die Leistungsanforderungen nicht an die veränderten Umstände an, die vor allem bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten durch das dauerhaft erschwerte Atmen beim Tragen einer Maske entstehen können.
Der Sorge ihrer Mitarbeiter tragen laut den Forschern ebenfalls nicht alle Unternehmen Rechnung. Mit gravierenden Folgen: »Durch die Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus und die veränderte Arbeitssituation ist für die Beschäftigten eine neue psychische Belastung entstanden – und zwar auch in Berufen, die vor Ausbruch der Pandemie keine besonderen Gesundheitsrisiken bargen«, so Ahlers.