Bahnstreik Arbeitsgericht lehnt Verfügung gegen Lokführerstreik ab

Gewerkschaftsführer Weselsky (Mitte) kommt mit seinen Anwälten am Arbeitsgericht in Frankfurt an
Foto: Thomas Lohnes / Getty ImagesDer Streik der Lokführer bei der Deutschen Bahn kann vorerst weitergehen. Das Arbeitsgericht Frankfurt lehnte am Donnerstagabend eine einstweilige Verfügung ab, mit der die Deutsche Bahn den Arbeitskampf stoppen wollte.
Zuvor war der Versuch des Vorsitzenden Richters Volker Schulze gescheitert, mit einem Vergleich beide Seiten an den Verhandlungstisch zurückzuholen. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte es erneut abgelehnt, in Gespräche einzutreten, bevor nicht ihre sämtlichen Forderungen aus dem vergangenen Mai erfüllt würden.
Nach der Niederlage vor dem Arbeitsgericht will die Deutsche Bahn nun in der nächsten Instanz gegen den Streik der GDL vorgehen. Der Konzern wolle das Urteil in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht prüfen lassen, teilte eine Sprecherin am Donnerstagabend mit. Verhandelt wird dort voraussichtlich am Freitag.
»Wir waren uns bewusst, dass die Hürden in einem Eilverfahren sehr hoch liegen und dass das Streikrecht in Deutschland mit gutem Grund sehr geschützt ist«, teilte die Sprecherin mit. »Dennoch sehen wir es als unsere Verantwortung, im Interesse unserer Kunden nichts unversucht zu lassen, den Streik zu beenden.«
Erneutes Tarifangebot abgewiesen
Ein verbessertes Angebot der Konzernleitung vom Mittwoch hatte die GDL zurückgewiesen, Verhandlungen abgelehnt und ihre dritte Streikrunde fortgesetzt. Seit Donnerstagmorgen wird auch der Personenverkehr der Bahn bundesweit bestreikt. Der Ausstand begann am Mittwochnachmittag zunächst im Güterverkehr und soll nach fünf Tagen am Dienstag enden.
Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky wies das nachgebesserte Bahn-Tarifangebot zurück, weil es nicht für alle GDL-Mitglieder gelten solle. Nach seiner Darstellung verlangt der Staatskonzern, den Geltungsbereich eines neuen Tarifvertrags wie bislang auf das Fahrpersonal zu begrenzen. Damit drohe eine Spaltung der Gewerkschaft in Mitglieder erster und zweiter Klasse.
»Die Zielsetzung des Bahnvorstandes ist die Existenzvernichtung der GDL«, hatte Weselsky bereits am Donnerstagmorgen in Leipzig erklärt. Mit ihren rund 38.000 Mitgliedern sieht sich die GDL im scharfen Wettstreit mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Nach dem 2015 verabschiedeten Tarifeinheitsgesetz soll bei zwei Gewerkschaften in einem Betrieb nur der Tarifvertrag der größeren Arbeitnehmervertretung angewendet werden. »Ein Betrieb – ein Tarifvertrag« wird dieser Grundsatz genannt. In einem Großteil der rund 300 Bahnbetriebe ist das aus Sicht der Bahn die EVG.
Selten einstweilige Verfügungen gegen Streiks
Die Bahn vermutet hinter dem Fünftagestreik der GDL politische und juristische Zielsetzungen, die in einem Tarifvertrag nicht regelbar seien. Auch im November 2014 klagte die Bahn gegen laufende Streiks der GDL in der damaligen Tarifrunde. Damals argumentierte die Bahn, dass der Arbeitskampf unverhältnismäßig hohen Schaden anrichte – vergeblich. Die GDL siegte in zwei Instanzen vor den Arbeitsgerichten in Frankfurt. Gewerkschaftschef Weselsky brach nach dem Triumph überraschend den laufenden Streik ab. Damals erklärte er: »Ich stehe an dieser Stelle nicht als Sieger, sondern als derjenige, der die Grundrechte der Lokomotivführer und der Zugbegleiter verteidigt hat.«
Einstweilige Verfügungen gegen Streiks werden von deutschen Gerichten sehr selten verhängt. Ein Beispiel ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Frankfurt, das im September 2015 in zweiter Instanz einen Streik der Vereinigung Cockpit bei der Lufthansa stoppte. Die Piloten hätten gegen die Verlagerung von Stellen an die Tochter Eurowings gestreikt, was tariflich gar nicht regelbar sei, hatte der Vorsitzende Richter Michael Horcher damals befunden.
Den Fahrgästen der Bahn bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten. Der Ersatzfahrplan sei am Donnerstag stabil angelaufen, teilte die Bahn mit. Das Unternehmen wollte erneut rund ein Viertel der Fernzüge fahren lassen. Im Regional- und S-Bahnverkehr wird ein Grundangebot von 40 Prozent angestrebt. »Die Streikschwerpunkte liegen im Osten und in einigen Metropolregionen. Insbesondere hier kommt es zu stärkeren Einschränkungen.«