Arbeitsmarkt 1,5 Millionen Beschäftigten droht Kurzarbeit
Berlin - Bei der Bundesagentur für Arbeit gehen immer neue Anträge ein: Als Folge des Wirtschaftsabschwungs sind inzwischen fast 1,5 Millionen Arbeitnehmer von Kurzarbeit bedroht. Gezählt werden dabei die vorsorglichen Anzeigen, die Unternehmen bei der Agentur einreichen müssen, wenn sie eine Zwangspause für ihre Mitarbeiter planen.
Allein im Februar ist die Zahl der Anträge rasant gestiegen: Fast 17.000 Unternehmen kündigten für 700.000 Arbeitnehmer Kurzarbeit an. Der Grund: Sie müssen ihre Produktion aus konjunkturellen Gründen zurückfahren. Dies hat die Nachrichtenagentur Reuters erfahren. Die Bundesagentur will die Zahlen am Mittwoch offiziell bekanntgeben.
Damit haben die Unternehmen seit Oktober, als die Wirtschaftskrise den Arbeitsmarkt erreichte, für fast 1,5 Millionen Arbeitnehmer Kurzarbeit angekündigt. Betroffen sind vor allem Beschäftigte in der Automobil-, Metall- und Kunststoffindustrie.
Arbeitsagentur ermutigt zu Kurzarbeit
Wie viele Beschäftigte tatsächlich in die Zwangspause geschickt werden, ist aber noch offen. Viele Betriebe kündigen nur vorsorglich Kurzarbeit an, weil dies eine Bedingung für die spätere Zahlung von Kurzarbeitergeld ist. Im Dezember bezogen 201.000 Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld aus konjunkturellen Gründen, nachdem ursprünglich für über 480.000 Beschäftigte Kurzarbeit angekündigt worden war.
Die Zahl der Anzeigen lag im Februar mehr als doppelt so hoch wie im Januar und betrug etwa das 45-fache der Anzeigen vor einem Jahr. Dies ist ein Hinweis darauf, wie pessimistisch die Unternehmen die Entwicklung einschätzen. Insgesamt verzeichnete die Bundesagentur im Februar knapp 724.000 neue Anzeigen für Kurzarbeit. Zu den Zwangspausen wegen Auftragsflaute kommt noch die Kurzarbeit aus Saisongründen hinzu, etwa wegen schlechten Wetters am Bau.
Mit reduzierter Arbeitszeit und geringeren Lohnzahlungen können Unternehmen in der Krise Entlassungen zunächst vermeiden. Die Bundesregierung hatte die Firmen ausdrücklich ermutigt, Kurzarbeit zu nutzen, um ihre Mitarbeiter zu halten. Ein Teil der Lohneinbußen wird aus der Arbeitslosenversicherung ausgeglichen. Kurzarbeiter bekommen 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns erstattet. Bei Beschäftigten mit Kindern sind es 67 Prozent.
Deutlich sinkende Investitionen
Auch in den kommenden Monaten dürfte sich die Lage kaum entspannen. Laut einem Zeitungsbericht werden die Investitionen der deutschen Unternehmen im laufenden Jahr einbrechen. Dies gehe aus einer Prognose der staatlichen Förderbank KfW hervor, berichtet die "Financial Times Deutschland". Die KfW Bankengruppe erwartet demnach ein Minus bei den Unternehmensinvestitionen von 13,5 Prozent. Der stärkste Rückgang dürfte dabei im ersten Quartal zu verzeichnen sein. Hier geht die KfW Bankengruppe von einem Minus von sieben Prozent im Vergleich zum Vorquartal aus.
Ohne eine deutliche Konsumbelebung und eine anziehende Auslandsnachfrage werde die Investitionstätigkeit im Sinkflug bleiben und die wirtschaftliche Dynamik in Deutschland bremsen, sagte KfW-Chefvolkswirt Norbert Irsch.
Durch die schlechten Investitionsaussichten verändert sich auch der Ausblick auf die gesamte Wirtschaftsleistung in Deutschland im Jahresverlauf. Die Volkswirte der KfW setzen laut dem Blatt ihre Prognose für 2009 auf ein Minus von 4,0 Prozent herunter und sind damit pessimistischer als die meisten anderen Ökonomen in Deutschland.