Gutachten Bundesregierung zweifelt an Sicherheit der Atom-Rückstellungen

Rund 36 Milliarden Euro haben die Energiekonzerne für Rückbau und Endlagerung ihrer Atomkraftwerke reserviert. Doch nach SPIEGEL-Informationen sind die Rücklagen für den Fall einer Pleite nicht ausreichend abgesichert.
Atomkraftwerk Grohnde: Strittige Fragen der Energiewende

Atomkraftwerk Grohnde: Strittige Fragen der Energiewende

Foto: Emily Wabitsch/ picture alliance / dpa

Zwei bisher unveröffentlichte Gutachten im Auftrag der Bundesministerien für Umwelt und Wirtschaft kommen nach einem Bericht des SPIEGEL zu dem Ergebnis, dass die Atomrückstellungen der Energiekonzerne nicht ausreichend sicher sind, um den Rückbau und die Endlagerung der Kernkraftwerke zu finanzieren. Rund 36 Milliarden Euro haben die Unternehmen für den Rückbau der Atommeiler und die Lagerung des radioaktiven Abfalls in ihren Bilanzen vorgesehen. Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.

Der Bund bekomme laut den Gutachten von den Konzernen nicht einmal genug Informationen über ihre Bilanzen, um zu beurteilen, ob die Summen wirklich sicher angelegt sind: "Ob die Gelder später für die Stilllegung und Endlagerung sicher zur Verfügung stehen, ist anhand dieser Angaben nicht möglich", heißt es in dem Gutachten der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit aus Köln, das dem SPIEGEL vorliegt.

Zudem habe der Bund, so urteilen die Experten, kein Vorgriffsrecht. So warnen die Juristen im Gutachten für das Umweltministerium, dass alles verbleibende Kapital im Insolvenzfall "ins haftende Unternehmensvermögen fallen" würde, "mit der Folge, dass andere Gläubiger darauf zugreifen könnten". Ihr Fazit: "Die Kosten, die im Wege der Entsorgung und Stilllegung anfallen würden, müsste dann der Bund tragen."

"Die Gutachten zeigen dringenden Reformbedarf", sagte die Grünen-Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl dem SPIEGEL. "Es darf nicht so weit kommen, dass die Konzerne Milliardenkosten ihrer Atom-Altlasten auf uns Steuerzahler abwälzen."

Die Regierungskoalition will nach dem SPIEGEL-Bericht bei einem Spitzentreffen in der nächsten Woche die strittigen Fragen der Energiewende klären. Bei dem Treffen der Energie-Experten mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) soll es nach Informationen des SPIEGEL neben Fragen der Versorgungssicherheit und dem umstrittenen Bau von zwei Stromtrassen nach Bayern vor allem auch um die milliardenschweren Atomrückstellungen der Energiekonzerne gehen.

Dabei deutet sich auch eine Lösung für die umstrittene Frage an, wie viele Kohlekraftwerke künftig für jene Zeiten bereitstehen sollen, in denen kein Ökostrom zur Verfügung steht. Zwischen 10 und 20 der ältesten Anlagen könnten nach Vorstellung der Bundesregierung in eine Art Notfallreserve eingebracht und bezahlt werden. Die Kraftwerke sollen dann automatisch nach fünf Jahren vom Netz gehen und abgerissen werden. Damit sollen die ehrgeizigen Klimaziele der Bundesregierung erreicht werden.

DER SPIEGEL 12/2015, Seite 80

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