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BANKIERS Aufwendiger Betrieb

Vergeblich versuchte Ferdinand Graf Galen, sein Privatvermögen beim Zusammenbruch seiner Bank zu retten. *
aus DER SPIEGEL 52/1983

Ferdinand Graf von Galen, vormals Chef der Privatbank Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co. (SMH), macht derzeit eine aufschlußreiche Erfahrung: Er lernt das Wesen des Bankgeschäftes kennen.

Tagelang durchstöberten Abgesandte anderer Kreditinstitute, die Galens Bank knapp vor der Pleite aufgefangen hatten, das Frankfurter Privathaus des gescheiterten Bankiers. »Bis zu den goldenen Manschettenknöpfen«, so Galen, hätten sie sich durchgewühlt. Man könne sich gar nicht vorstellen, beschrieb Galen die Nachforschungen seiner ehemaligen Berufskollegen, »wie die auf mein privates Vermögen aus waren«.

Was den Grafen so verblüfft ("Plötzlich bin ich zur Unperson gestempelt"), gehört zur Bankiers-Routine. Knapp vierzig deutsche Banken haben mehrere hundert Millionen Mark ausgegeben, um die SMH-Bank vor dem Kollaps und damit das bundesdeutsche Kreditwesen insgesamt vor einer peinlichen Affäre zu bewahren; jetzt versuchen die Geldmanager, nach dem Brauch der Branche, möglichst viel Geld hereinzuholen.

Bei Galen lohnt die Suche. Der Sproß eines alten westfälischen Adelsgeschlechts verfügt von den vier persönlich haftenden Gesellschaftern der Bank über das umfangreichste Privatvermögen.

Als Galen am Allerheiligen-Abend, zu Beginn des Novembers, den Spitzen des deutschen Kreditgewerbes das ganze Ausmaß seiner Schwierigkeiten beichtete, gab er seinen eigenen Deckungsbeitrag mit knapp 100 Millionen Mark an: Neben der familiären Kapitaleinlage von 43 Millionen Mark stünde noch sein Privatvermögen mit rund 55 Millionen zur Verfügung.

Die Zahlen, davon haben sich die Sanierungs-Bankiers inzwischen überzeugt, kommen der Wahrheit ziemlich nahe. Allerdings haben die Galen-Gläubiger derzeit Schwierigkeiten, das Vermögen in Bargeld zu verwandeln.

Der formidable Privatwohnsitz der Galens am Frankfurter Lerchesbergring

wird derzeit über Frankfurter Immobilienhändler zum Kauf angeboten: Preisvorstellung 6,3 Millionen Mark.

Noch schwieriger als der Verkauf der Galen-Villa, an der fast zweieinhalb Jahre gebaut wurde, dürfte die Veräußerung jener westfälischen Immobilien werden, die Galen von seinen Altvorderen geerbt hat.

Seit 1653 gehört das Herrenhaus Assen bei Lippborg im Kreis Soest zu den Besitzungen der Familie. Berühmte Baumeister haben das Schloß errichtet. Das Bauwerk in Westfalen, mit seiner neugotischen Kapelle, gilt ebenso als Sehenswürdigkeit wie das Haus Bisping bei Rinkerode im benachbartem Kreis Warendorf. Dort ist der Teil einer ehemaligen Wasserburg erhalten, die sogar seit dem 16. Jahrhundert den Galens gehört.

Angeblich sollen die ruhmreichen Gemäuer 25 Millionen Mark wert sein. In Assen gehören umfangreiche Ländereien, eine Jagd sowie eine Fasanerie zum Inventar. Doch die Bankiers müssen erst einen Käufer finden, der die Kostbarkeiten angemessen bezahlen und den personalaufwendigen Betrieb weiterführen kann.

Überdies lebt in Assen Bernard Graf von Galen, der Vater des ehemaligen Bankiers. Bisher ist es ein ungeklärter Streitpunkt, ob Vater Galen ein Nießbrauch an den landwirtschaftlichen Besitzungen zusteht. Das würde den Verkauf zusätzlich erschweren.

Kompliziert wird auch die Verwertung des Galenschen Aktienvermögens. Der größte Posten befindet sich nach den Erkenntnissen der SMH-Sanierer in Amerika.

Galen selbst reiste vorletztes Wochenende mit Ehefrau Anita, der Bankierstochter Hengst, in den US-Staat Connecticut, wo er gemeinsam mit westfälischen Freunden eine wertvolle Firmenbeteiligung hält. Die Galen-Clique besitzt über die Bisping Corporation 20 Prozent eines Mischkonzerns namens Bangor Punta. Der Firma (Umsatz: rund 1,5 Milliarden Mark) gehören neben dem Flugzeugunternehmen Piper und größeren Ländereien auch die berühmte Waffenfirma Smith & Wesson.

Die Bankiers ermittelten für die Beteiligung einen Wert von rund 100 Millionen Mark. Doch die Freude blieb nicht ungetrübt. Galen hat seine Anteile in jüngerer Zeit an seine Frau sowie die westfälischen Freunde verkauft.

Ein ähnliches Manöver in der Bundesrepublik deutet darauf hin, daß Galen kurz vor dem drohenden Zusammenbruch der Bank noch schnell versuchte, einige Millionen zu retten. So fanden die Bankprüfer heraus, daß Galen seiner Frau vor gut einem halben Jahr Anteile der SMH-Bank für etwa 30 Millionen Mark abkaufte. Der Sinn lag auf der Hand: Falls die Bank kollabierte, mußten die Bankanteile wertlos sein. Ehefrau Anita aber hätte 30 Millionen Mark auf die Seite gebracht.

Nach dem Gesetz, das war den Banken klar, war Galen nicht beizukommen. Da die SMH-Bank nicht Konkurs anmeldete, war gegen die Verschiebe-Geschäfte juristisch nichts einzuwenden. Doch die Bankiers fanden einen Ausweg.

Galen mußte eine Erklärung unterschreiben, die sein gesamtes Vermögen zum Stichtag 1. Januar 1980 und allen Zuwachs seitdem in die Haftung nimmt: Galens Mühe zur Rettung des Privatvermögens war umsonst; die ausgefuchsten Ex-Kollegen werden sich kaum eine der 55 Millionen Mark entgehen lassen.

Doch für das Nötigste wird es auch künftig bei den Galens reichen. Ehefrau Anitas Vermögen, darunter stattlicher Grundbesitz in Amerika, bleibt ihnen erhalten. So reiste das Ehepaar nach dem Besuch in Connecticut weiter Richtung Südwesten: Weihnachten und Silvester verbringen sie auf der »Rail X-Ranch« in Arizona.

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