Berlin, Frankfurt, Köln Tausende demonstrieren gegen Autoprämie

Demonstrationsteilnehmer in Hannover: In 27 Städten waren Aktionen geplant
Foto: Michael Matthey/ imago images/Michael MattheyIn mehreren deutschen Städten haben Tausende Aktivisten gegen die umstrittene Autokaufprämie demonstriert. Das Bündnis "Sand im Getriebe" hatte in insgesamt 27 Städten Demonstrationen und Aktionen gegen Hilfen für konventionelle Antriebe geplant.
Die Aktivisten fordern eine klare Absage an die Förderung fossiler Industrien und eine radikale Umgestaltung des Verkehrssektors. Jegliche Staatshilfen müssten an den sozial-ökologischen Rück- und Umbau der Autoindustrie geknüpft werden, teilte das Bündnis mit. "Wir bleiben aktiv und laut, bis eine radikale Verkehrswende endlich eingeleitet und klimagerechte Mobilität für alle ermöglicht wird", hieß es weiter.
„Die deutsche Auto-Titanic sinkt, lassen wir sie versinken! Das Geld ist besser aufgehoben im ökologisch-sozialen Umbau des gesamten Verkehrssystems und der #Verkehrswende in den Städten“
— Sand im Getriebe (@Sand_imGetriebe) May 29, 2020
Pressemitteilung zur Kundgebung und Pressekonferenz in Berlin: https://t.co/Z2ajKRk3E0
Bei den einzelnen Kundgebungen wurden einer Sprecherin zufolge jeweils bis zu 300 Teilnehmer erwartet. In Berlin gestaltete das Bündnis bereits in der Nacht zum Freitag etwa einen Pop-up-Fahrradweg. Demonstrationen waren laut Bündnis unter anderem auch in Aachen, Freiburg, Frankfurt, Köln und Kassel angemeldet. Auch die Organisation Attac beteiligte sich an den Demonstrationen.
Weitere Demonstrationen geplant
"Sand im Getriebe" wertete es als "Erfolg des breiten Widerstands", dass der für Dienstag geplante Autogipfel unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verschoben wird. Bei dem Termin sollte es auch um Kaufprämien gehen. Die Prämie ist in der Bundesregierung allerdings stark umstritten. Widerstand kommt aus der SPD, aber auch aus Teilen der CDU.
Über die Prämie soll nun der Koalitionsausschuss am Dienstag entscheiden. An diesem Tag will ein breites Bündnis von Aktivisten mit einer kilometerlangen Menschenkette quer durchs Regierungsviertel "gegen eine Abwrackprämie 2.0" demonstrieren, teilte Attac mit.
Auch in Köln demonstrieren Attac-Aktivist*innen heute für eine Verkehrswende und gegen die #Abfckprämie: Klimagerechte Mobilität für alle! pic.twitter.com/adG5NPWBJi
— Attac Deutschland (@Attacd) May 29, 2020
Die Automobilindustrie drängte dagegen auf eine zügige Entscheidung der Bundesregierung über Konjunkturhilfen und erneuerte die Forderung nach einer Prämie auch für Verbrenner. "Je länger die Schockstarre dauert, desto gefährlicher wird sie", teilte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, mit. Aus Kurzarbeitern drohten "in vielen Branchen Arbeitslose zu werden".
VDA verteidigt Kaufprämien
Zugleich hob Müller erneut die Bedeutung der Automobilindustrie hervor. Allein dort entgingen dem Staat und damit der Gemeinschaft jeden Monat Steuereinnahmen in Milliardenhöhe; gleichzeitig stiegen die Sozialausgaben etwa durch Kurzarbeitergeld, wenn Produktion und Handel nicht schnell wieder anliefen.
Der VDA plädiert deshalb für Kaufprämien, die nicht nur Elektroautos, sondern auch Verbrenner einschließen. Kaufprämien seien "Treiber für Konjunktur und Klimaschutz" und die Automobilindustrie "einer der Hebel, um die gesamte Volkswirtschaft anzukurbeln", sagte Müller.
Dabei könnten auch neue Modelle mit Verbrennungsmotor einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Emissionen schnell zu senken. "Das funktioniert mit den Elektroautos allein nicht, dafür sind der Anteil und die vorhandene Kapazität der Ladeinfrastruktur noch zu gering."