Berliner Bankenkrise Star-Advokat Knauthe gerät unter Beschuss

Im Umfeld der laufenden Ermittlungen zur Bankenpleite in Berlin tauchen immer neue Verdachtsmomente auf. Durch jetzt bekannt gewordene Dokumente gerät nun die renommierte Berliner Anwaltskanzlei Knauthe, Paul und Schmitt ins Zwielicht.

Berlin - Mit lobenden Worten hält sich Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) sonst eher zurück. Doch bei ihrem Studienfreund und Rechtsanwaltskollegen Karlheinz Knauthe machte sie aus ihrer Bewunderung keinen Hehl. Er sei "einer der besten Anwälte nicht nur in Berlin, sondern der ganzen Bundesrepublik", schmeichelte ihm die Ex-Kollegin, bevor sie im April im noblen Hotel Adlon am Brandenburger Tor den Run aufs Büfett seines 60. Geburtstages eröffnete.

Die oberste Juristin muss es wissen - schließlich war sie selbst in der Kanzlei Knauthe, Paul und Schmitt beschäftigt, bis sie Justizministerin wurde. Seitdem ruht ihre Mitgliedschaft in der Kanzlei. Fast ein bisschen gerührt erinnerte sich die SPD-Ministerin dann an stundenlanges Lernen in der Bibliothek und wie Karlheinz Knauthe emsig "mit Fleiß" durch die Flure "flitzte".

Büros in allen großen deutschen Städten

Die Plackerei in Studienzeiten hat sich für beide ausgezahlt: Mittlerweile beschäftigt Karlheinz Knauthe rund 50 Anwälte in allen deutschen Metropolen, einige sogar in Moskau. In Berlin logieren die rund 20 Juristen unter Knauthes Regie unweit des Potsdamer Platzes in insgesamt sieben Etagen eines noblen Bürohauses, drei Wohnetagen inklusive.

Und auch neben der heutigen Justizministerin Däubler-Gmelin weist der Knauthe-Briefkopf allerlei weitere Prominenz auf: Klaus Riebschläger, früher SPD-Senator in Berlin und bis vor kurzem Schatzmeister der Hauptstadt-SPD oder Kristina Gräfin Pilati-Borggreve, die inzwischen mit Bundesverteidigungsminister Rolf Scharping als verliebtes Pärchen durch die Talkshows turtelt.

Besuch vom Staatsanwalt

Doch seit mehreren Wochen herrscht Unruhe in der Kanzlei. Die Berliner Staatsanwaltschaft wurde vorstellig und ließ sich Akten aushändigen. Wegen des Verdachtes des Parteienverrats ermittelt sie gegen Knauthes Sozius Klaus Riebschläger. Der Vorwurf: Riebschläger habe als Rechtsanwalt sowohl die Interessen einer Tochtergesellschaft der Berlin Hyp als auch Interessen der Berliner Unternehmensgruppe AUBIS gegenüber der Berlin Hyp vertreten. Riebschläger bestreitet dies vehement. In einer Presseerklärung stellte sich auch die Kanzlei hinter ihren Socius und zeigte sich "sicher, dass das gegen ihn eingeleitete Ermitttungsverfahren kurzfristig wegen fehlenden Tatverdachts eingestellt wird."

SPIEGEL ONLINE liegen nun Unterlagen vor, die in einem zweiten Fall auf die Kanzlei Knauthe ein schlechtes Licht werfen. Denn die Sozietät hatte im Zusammenhang mit der AUBIS-Gruppe noch ein weiteres Mandat. Sie vertrat seit Sommer 1999 die Münchner Baugesellschaft Mübau gegen die AUBIS-Tochter AUBIS Konzept. Die Firma Mübau hatte AUBIS Konzept für 300.000 Mark monatlich die Immobilie am Kronprinzendamm vermietet, in der die AUBIS-Chefs Klaus-Herrmann Wienhold und Christian Neuling ihre Konzernzentrale für die gesamte Gruppe unterbrachten. Während die Knauthe-Kanzlei also mit der Berlin Hyp für eine Entschuldung der AUBIS-Gruppe verhandelte, vertrat sie die Interessen der Mübau gegen die AUBIS-Tochter Konzept.

Wegen rückständigen Mietzinses klagte Knauthe-Rechtsanwältin Marion Ruhl für die Mübau im August 1999 auf Räumung der Immobilie durch die AUBIS-Chefs Wienold und Neuling. Im Januar 2000 handelte die Kanzlei für die Mübau einen Vergleich mit dem Schuldner AUBIS aus. Dabei bezifferte die Mübau den entstandenen Schaden auf rund 14 Millionen Mark. Die Beklagte, also die AUBIS Konzept, verpflichtete sich zur Zahlung von drei Millionen Mark. Geschlossen wurde der Vergleich am 18. Januar 2000, wenige Tage bevor Riebschläger Treuhänder des Millionen-Fonds zur Entschädigung der Aubis-Gläubiger wurde.

Knauthe besteht auf verschiedene Auftraggeber unter dem Dach AUBIS

Ergibt sich aus den neuen Dokumenten also ein zweiter Verdacht auf Parteienverrat? Die Kanzlei wehrt sich gegen den Vorwurf. Es treffe zu, erklärte sie, "dass uns die AUBIS AG mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber der Berlin Hyp beauftragt hatte". Später habe die Sozietät von der Münchener Baugesellschaft das Mandat in einem Mietrechtsstreit "gegen die AUBIS Konzept GmbH" erhalten. Es handele sich also um "zwei gänzlich unterschiedliche Sachverhalte".

Doch die Entschuldigung wirkt recht lau. Denn nicht nur die Ermittler wissen, dass sowohl hinter der AUBIS AG als auch hinter der AUBIS Konzept als Chefs die Herren Wienhold und Neuling stecken. Georg T., Geschäftsführer der AUBIS Konzept, war Wienhold, Vorstand der AUBIS AG, berichtspflichtig. Und vor wenigen Wochen noch machte die Knauthe-Kanzlei keine so feinsinnigen Unterschiede. Am 15. Juni, nach öffentlichen Vorwürfen gegen Riebschläger, erklärte die Sozietät noch: "Im April 1999 beauftragte die AUBIS unseren im Bankrecht spezialisierten Partner, Dr. Karlheinz Knauthe...." Von einer Trennung der verschiedenen Firmengruppen war da noch keine Rede.


Lesen Sie im zweiten Teil, welche Fragen im Fall Riebschläger noch offen sind und warum die Kritiker von Knauthe jetzt Aufwind spüren.

Anmerkung der Redaktion:

Das Ermittlungsverfahren gegen Klaus Riebschäler wurde mangels Tatverdacht noch im Sommer 2001 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Auch die Vorwürfe gegen Karlheinz Knauthe haben sich als unberechtigt herausgestellt.

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