Brennelementesteuer vor EuGH
AKW-Betreiber werden wohl zahlen müssen
Den AKW-Betreibern in Deutschland droht eine herbe Niederlage: Die von ihnen bekämpfte Brennelementesteuer verstößt nach Einschätzung des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs nicht gegen EU-Recht. Die Aktienkurse von E.on und RWE brachen ein.
Abbau eines Atomkraftwerks: Brennelementesteuer offenbar zulässig
Foto: Stefan Sauer/ dpa
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Luxemburg - Die Erhebung von Steuern in Milliardenhöhe auf atomare Brennstoffe ist laut dem Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) rechtens. Dass diese zusätzlichen Steuern nur von AKW-Betreibern erhoben werden, sei "keine staatliche Beihilfe" für andere Arten der Stromerzeugung, heißt es in den Schlussanträgen, die Generalanwalt Maciej Szpunar am Dienstag vor dem Gerichtshof in Luxemburg stellte.
Sollte der EuGH der Ansicht des Generalanwalts folgen, was er meistens tut, könnte das in einigen Monaten erwartete Urteil auch Auswirkungen auf die Klage der deutschen AKW-Betreiber E.on, RWE, und EnBW vor dem Bundesverfassungsgericht haben. In dem Luxemburger Ausgangsverfahren hatte die Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH geklagt, weil sie rund 154 Millionen Euro Kernbrennstoffsteuer zu zahlen hatte. Das Finanzgericht Hamburg legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Generalanwalt Szpunar zufolge hindert das Unionsrecht einen EU-Mitgliedstaat nicht daran, eine Steuer auf Verwendung von Kernbrennstoffen einzuführen. Zudem dürften sich nationale Finanzgerichte selbst dann an den EuGH mit Ersuchen auf Vorabentscheidungen wenden, wenn, wie im konkreten Fall, nationale Verfassungsgerichte sich ebenfalls mit den umstrittenen Gesetzen befassen.
Die Kernbrennstoff- oder auch Brennelementesteuer war Anfang 2011 befristet bis Ende 2016 eingeführt worden. Sie wird fällig, wenn Uran oder Plutonium in Atomkraftwerken eingesetzt werden.
Die Versorger geben die Hoffnung auf ein anderslautendes Urteil nicht auf. "Wir werden nun zunächst das endgültige Urteil des EuGH abwarten, das wir im Laufe des Jahres 2015 erwarten, denn wir halten nach wie vor an unserer Rechtsauffassung fest", teilte RWE mit. Die Aktien von RWE und E.on drehten nach der Stellungnahme des Generalanwalts ins Minus und verloren zeitweise mehr als vier Prozent.
E.on hat nach eigenen Angaben bisher 2,3 Milliarden Euro Brennelementesteuer gezahlt, RWE
1,23 Milliarden und EnBW
1,1 Milliarden. Die Konzerne halten die Steuer für nicht vereinbar mit dem europäischen Recht. Auch fehle dem Bund hierfür die Gesetzgebungskompetenz. Das Bundesfinanzministerium hat dies zurückgewiesen. Die Einnahmen haben Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble 2014 auch die "Schwarze Null" gesichert. Neben dem Verfahren beim EuGH liegt der Fall auch noch beim Bundesverfassungsgericht. Wann dort eine Entscheidung fällt, ist offen.
Zusammengefasst: Der Generalanwalt des EuGH hält die deutsche Brennelementesteuer für zulässig. Das höchste EU-Gericht folgt der Ansicht meistens. Den klagenden deutschen AKW-Betreibern droht also eine Niederlage.
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