Bsirskes Freiflug Anti-Korruption-Kämpfer attackieren Vergünstigungen für Aufsichtsräte
Berlin/Hamburg/Frankfurt am Main - Ver.di-Chef Frank Bsirske hat sich zwar entschuldigt - doch der Lufthansa-Gratisflug des Gewerkschaftsfunktionärs, der zugleich im Aufsichtsrat der Airline sitzt, erhitzt weiter die Gemüter. Die Anti-Korruption-Organisation Transparency hat nun die deutsche Wirtschaft aufgerufen, Kontrolleuren künftig keine Sonderleistungen wie Freiflüge oder Rabatte beim Autokauf mehr zu gewähren.
Es müsse klar sein, was Aufsichtsräte für ihre Kontrolltätigkeit vom Unternehmen erhielten, sagte der stellvertretende Transparency-Vorsitzende Peter von Blomberg der "Frankfurter Rundschau". Das sei bei einer Entlohnung, die nur aus Geld bestehe, der Fall. "Wer darauf verzichtet, persönliche Vergünstigungen zu gewähren, vermeidet Missverständnisse und alle Spekulationen über Interessenkonflikte."
Auch in der Politik mehren sich angesichts der Bsirske-Affäre Stimmen, die eine Anpassung der Aufsichtsratsvergütung fordern. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Joachim Poß will sich dafür einsetzen, künftig auch die Regeln für Kontrolleure genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Thema sei bisher nicht "Gegenstand unserer Arbeitsgruppe, wir haben uns um die Begrenzung der Managergehälter gekümmert", sagte Poß der "Financial Times Deutschland".
Unabhängig vom Fall des Verdi-Chefs müssten die Regeln geprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden, sagte Poß. SPD und Union hatten eine gemeinsame zehnköpfige Arbeitsgruppe gegründet, die bis zum Herbst Vorschläge für Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit Managergehältern vorstellen soll. Poß leitet die Gruppe gemeinsam mit dem Unionsfinanzexperten Otto Bernhardt.
Die "Bild"-Zeitung hatte Ende vergangener Woche berichtet, dass Bsirske in Begleitung seiner Frau mit der Lufthansa gratis in der ersten Klasse in den Südsee-Urlaub geflogen sei. Dieser kündigte mittlerweile an, er werde die Tickets nachträglich bezahlen.
Den Aufsichtsräten der Lufthansa stehen nach Informationen der "Stuttgarter Nachrichten" Freiflüge in unbegrenztem Umfang zur Verfügung. Christian Strenger, Mitglied der Regierungskommission zur Corporate Governance, kritisierte in der Zeitung die Vergütungspolitik der Gesellschaft. Der Kodex zur Corporate Governance sehe "eindeutig vor, dass die Vergütung für jedes Mitglied des Aufsichtsrats einzeln und nach Bestandteilen getrennt ausgewiesen werden soll. Es reicht nicht aus, Extraleistungen für alle zusammen auszuweisen."
Aufsichtsräte, die zu hohe Extraleistungen erhalten, "könnten bei der Kontrolle der Arbeit des Vorstands beeinflusst werden und versucht sein, nicht so genau hinzuschauen", sagte Strenger.
suc/ddp/AFP/dpa