Verteuerung von Gas und Strom Bundestag beschließt 200-Milliarden-Abwehrschirm gegen hohe Energiepreise

Der Staat will die Preise für Gas und Strom teilweise deckeln, um Verbraucher zu entlasten. Strauchelnden Firmen soll geholfen werden. Der Bundestag hat dem zugestimmt – die Opposition hat viele offene Fragen.
Der Bundestag bei der Debatte

Der Bundestag bei der Debatte

Foto: Britta Pedersen / dpa

Der Bundestag hat den Weg für die Finanzierung der geplanten Energiepreisbremsen und Unternehmenshilfen in der Energiekrise frei gemacht. Mit dem Beschluss vom Freitag darf der Wirtschaftsstabilisierungsfonds nun Kredite in Höhe von 200 Milliarden Euro aufnehmen. Für das Gesetz stimmten am Freitag die Fraktionen der Ampelparteien SPD, Grüne und FDP. Die Opposition kritisierte, dass der genaue Einsatz der Mittel unklar sei.

Für den Abwehrschirm soll der Corona-Krisenfonds WSF reaktiviert und mit neuen Mitteln ausgestattet werden. Die Gelder können dann bis Mitte 2024 eingesetzt werden, um die geplante Gaspreisbremse, die angedachte Strompreisbremse sowie Hilfen für angeschlagene Firmen zu finanzieren. Dafür hatte der Bundestag zuvor zugestimmt, die Schuldenbremse erneut auszusetzen.

»Kein Mensch in diesem Land weiß, was sie konkret machen«

Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke sagte im Parlament, mit dem Abwehrschirm gebe es Planungssicherheit für Bürger und Unternehmen. Die Union als größte Oppositionspartei sprach von einer Blanko-Zusage, die die Regierung verlange. »Kein Mensch in diesem Land weiß, was sie konkret machen«, so der CDU-Politiker Mathias Middelberg. »Die Wirklichkeit ist, dass wir keinen konkreten Vorschlag haben.« Die Regierung habe zudem Monate verschwendet, wollte die Bürger sogar mit der mittlerweile zurückgezogenen Gasumlage noch zusätzlich belasten.

Außerdem sollten die Kredite nur deshalb komplett in diesem Jahr aufgenommen werden, damit Finanzminister Christian Lindner (FDP) 2023 künstlich sein Versprechen der Schuldenbremse einhalten könne. Auch der Bundesrechnungshof kritisiert, dass der Milliardentopf über mehrere Jahre bis 2024 genutzt werden soll. Das widerspreche dem Grundsatz der Jährlichkeit, der besagt, dass ein Bundeshaushalt immer für ein Jahr aufgestellt werde. FDP-Haushälter Otto Fricke konterte, durch das Sondervermögen sei sichergestellt, dass das Geld genau dann auch da sei, wenn es gebraucht werde.

Mit Blick auf Kritik am späten Starttermin für die Gaspreisbremse nicht vor März verwies der SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch auf Überlegungen, ob neben der bereits vorgesehenen Einmalzahlung für Dezember »noch eine weitere Abschlagszahlung« möglich sei. Außerdem wolle die Regierung auch Menschen in den Blick nehmen, »die mit Pellets oder mit Öl heizen«.

Wie genau die zuletzt stark gestiegenen Preise für Gas und Strom gedrückt werden sollen, ist noch offen. Beim Gas hat eine von der Regierung eingesetzte Kommission vorgeschlagen, dass der Bund zunächst die Dezember-Rechnungen übernimmt. Ab März könnte dann eine Preisobergrenze für ein Grundkontingent von 80 Prozent des üblichen Verbrauchs greifen. (Lesen Sie hier, was Ihnen die Gaspreisbremse ganz konkret einbringt.) Für Großkunden in der Industrie soll es schon ab Januar eine Preisbremse geben. Ob die Bundesregierung die Vorschläge genau so umsetzt, ist allerdings noch offen.

Auch beim Strom ist ein solches vergünstigtes Basiskontingent im Gespräch. Indem nur ein Teil des Verbrauchs gedeckelt wird, will die Bundesregierung sichergehen, dass trotz des günstigeren Preises Energie gespart wird.

kko/dpa/Reuters
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