Getreidekrise durch Ukrainekrieg Özdemir zeigt sich bei Stilllegung von Äckern gesprächsbereit

Die EU schreibt ab 2023 die Stilllegung von Agrarflächen vor. Grünen-Landwirtschaftsminister Özdemir zeigt sich angesichts der Getreidekrise durch den Ukrainekrieg bereit, über eine Aussetzung der Regelung zu sprechen.
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (l.) und Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied auf Getreidefeld in Baden-Württemberg

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (l.) und Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied auf Getreidefeld in Baden-Württemberg

Foto: Bernd Weißbrod / dpa

Angesichts der Sorge um eine drohende Hungersnot in armen Ländern zeigt sich Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) gesprächsbereit, die in der EU geplanten Stilllegungen von Agrarflächen vorübergehend auszusetzen. »Ich bin da bereit, ich strecke meine Hand aus, lassen Sie uns zusammenarbeiten«, sagte Özdemir am Sonntag in München bei einer Podiumsdiskussion zur Eröffnung der Messe »Interforst«.

Zuvor hatte Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) auf der Veranstaltung von der EU und der Koalition in Berlin eine Folgenabschätzung der erwarteten Ernteverluste bei Flächenstilllegungen gefordert. »Wir haben beim Thema Energie erlebt, wie schlimm es ist, erpressbar zu sein«, sagte Kaniber in Bezug auf einen befürchteten Stopp der russischen Gaslieferungen. Europa brauche in allen Bereichen Rohstoffsicherheit, auch in der Forst- und Landwirtschaft.

In der EU ist vereinbart, dass ab 2023 vier Prozent der landwirtschaftlichen Fläche nicht mehr bewirtschaftet werden sollen, um die Vielfalt von Tier- und Pflanzenwelt zu erhalten. Kaniber betonte, dass sie dieses Ziel nicht infrage stelle: »Wir stehen zum Green Deal.« Aus Kreisen des Bundeslandwirtschaftsministeriums hieß es, dass Özdemir an der ursprünglichen Vereinbarung festhalten wolle, aber gesprächsbereit sei, falls auf EU-Ebene eine Aussetzung angestrebt werde.

Der Bundeslandwirtschaftsminister hatte bereits im Mai zugesagt, sich wegen der weltweiten Getreideknappheit infolge des Ukrainekriegs für eine Verschiebung einer Neuregelung einzusetzen, wonach der Anbau derselben Ackerpflanze zwei Jahre in Folge auf derselben Fläche grundsätzlich nicht mehr möglich ist. So könne in der Herbstaussaat Weizen auf Weizen angebaut werden.

Auf der Veranstaltung in München sagte Özdemir nun weiter, er wolle mit den Bauern und ihren Funktionären seinerseits darüber sprechen, dass die hiesige Landwirtschaft nicht zur Abholzung in anderen Teilen der Welt führen solle: »Da reden wir dann mal darüber, dass Soja in Brasilien angebaut wird, das hier dann verfüttert wird«, sagte der Agrarminister. »Da tragen wir dazu bei, dass wertvoller Wald verloren geht.«

Das bezieht sich darauf, dass der Anbau von Soja als Futter für Rinder und andere Nutztiere in den vergangenen Jahrzehnten stark ausgeweitet wurde, mit der Folge, dass in tropischen und subtropischen Ländern Wälder verschwinden. »Lassen Sie uns dann auch die Dinge in Angriff nehmen, die wirklich was bringen, und lernen aus den Fehlern der Vergangenheit«, sagte der Grünenpolitiker.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Überschrift des Textes hieß es, dass Agrarminister Özdemir die Stilllegung von Äckern verschieben will. Auf der Veranstaltung bekundete Özdemir lediglich seine Gesprächsbereitschaft. Wir haben die Überschrift entsprechend geändert.

fdi/dpa
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