Compaq-Übernahme Mr. Hewlett und Mr. Packard schießen quer
Palo Alto/Houston - Für viele Börsianer wäre es Grund zum Jubeln, wenn die am 3. September groß angekündigte Firmen-Hochzeit doch noch abgeblasen wird. Am Dienstag jedenfalls, nachdem das kritische Interview mit Walter Hewlett veröffentlicht wurde, schoss Hewlett-Packards Börsenkurs an der Wall Street um 17 Prozent nach oben. Der Kurs des schwächeren Partners Compaq dagegen bröckelte um 5,5 Prozent ab.
Noch im September hatte Walter Hewlett, der im Board von Hewlett-Packard sitzt, für die Übernahme des Computer-Konzerns aus Texas gestimmt. Schon damals habe er Bauchschmerzen gehabt, bekannte der 57-Jährige nun - und angesichts der Misere auf den PC-Markt habe er seine Meindung geändert: "Alle Signale für die Transaktion sind schlecht. Ich denke, es ist es nicht wert, die Risiken einzugehen."
Einstieg ins PC-Geschäft riskant
Seinem Kindheitsfreund, dem 61-jährigen David Packard, hat Hewlett damit aus der Seele gesprochen. "Ich stimme mit allem überein, was Walter gesagt hat", bekannte Packard am Dienstagabend. Hewlett und Packard junior haben sich abgesprochen und vereinbart, auf der HP-Aktionärsversammlung gegen das Firmen-Bündnis zu stimmen.
Beide Erben befürchten, dass die Compaq-Übernahme die attraktiven Gewinnmargen drücken könnte, die HP im Druckergeschäft erzielt. Es sei nicht einzusehen, bemängeln sie, dass HP ausgerechnet vermehrt in den Handel mit Personal Computern einsteigen solle. Diese Branche gilt vor allem wegen des Preiskriegs mit Konkurrenten wie Dell als Verlustbringer. Erst Ende Oktober hatte Compaq-Chef Michael Capellas einen Neunmonatsverlust von 700 Millionen Dollar gemeldet und Investoren mit einer abermaligen Verlustwarnung geschockt.
Die beiden Söhne der Firmengründer, die Hewlett-Packard 1938 in einer Garage im kalifornischen Palo Alto ins Rollen brachten, haben allein nicht genügend Anteile an HP, um den Merger zu stoppen. Walter Hewlett, der auch dem Hewlett-Trust und der Hewlett-Stiftung vorsitzt, kontrolliert insgesamt fünf Prozent der Stimmrechte. Der Packard-Familie gehören nach HP-Angaben aus dem Jahr 2000 zehn Prozent der Anteile. David Packard teilte aber mit, er wisse noch nicht, ob die Packard-Stiftung und seine Schwestern für oder gegen die Übernahme stimmen wollten.
Die mächtigste Frau der USA verliert Einfluss
Die psychologische Bedeutung der Erben-Kritik aber dürfte außerordentlich hoch sein, das zeigten schon die Kursausschläge an der Börse. Nachdem in den letzten Wochen nach Angaben von Compaq und HP viele der vormals überwiegend skeptischen Analysten ins Lager der Befürworter gewechselt waren, könnte der Trend sich wieder umkehren. Analyst Toni Sacconaghi von Sanford Bernstein & Co. ist sich bereits sicher, dass die Übernahmepläne ad acta gelegt werden müssen.
Falls HP die Fusion absagt, müsste das Unternehmen eine Strafe von 675 Millionen Dollar an Compaq zahlen. Der Termin für die Hauptversammlung, auf der die HP-Aktionäre über die Compaq-Übernahme abstimmen sollen, ist noch nicht festgelegt.
Doch schon wackelt der Stuhl, auf dem HP-Chefin Carly Fiorina sitzt. Noch Anfang Oktober war sie vom Magazin "Fortune" abermals zur mächtigsten Frau Amerikas ausgerufen worden. Bei ihrer Werbereise durch die Staaten, auf der sie kritische Investoren von den Vorteilen des Compaq-Kaufs überzeugen will, hat sie bisher wenig Erfolge verbucht. Und Gründersohn Hewlett lässt durchblicken, dass er von Fiorina auch persönlich enttäuscht ist: "Ich habe viele ihrer Pläne unterstützt - aber Compaq ist einfach nicht der richtige Partner für HP."