Löhne und Nebenkosten Deutsche Arbeitskosten klettern auch in Coronazeiten

Gehaltsabrechnung mit Angaben zu Krankenversicherungsbeiträgen
Foto: Jens Büttner/ dpaIm Zuge der anziehenden Konjunktur hat sich Arbeit in Deutschland im Sommer verteuert. Die Kosten je geleisteter Arbeitsstunde seien im dritten Quartal saison- und kalenderbereinigt um 0,5 Prozent gestiegen, im Vergleich zum Frühjahr. Damit war die Zunahme so kräftig wie seit Ende 2020 nicht mehr, teilt das Statistische Bundesamt mit. Binnen Jahresfrist gab es ein Plus von 2,6 Prozent.
Die Arbeitskosten setzen sich zusammen aus Bruttoverdiensten sowie Lohnnebenkosten und werden im Verhältnis zu den geleisteten Stunden berechnet. Während die Bruttoverdienste zum Vorjahresquartal um 2,5 Prozent zulegten, kletterten die Lohnnebenkosten 3,0 Prozent. Verglichen mit dem dritten Quartal 2019, dem vergleichbaren Vierteljahr vor der Coronakrise, stiegen die Arbeitskosten um 4,1 Prozent.
Wegen der deutlich gestiegenen Inflation befürchten einige Fachleute eine Lohn-Preis-Spirale, die sich künftig über höhere Tarifabschlüsse in den Arbeitskosten niederschlagen dürfte. Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sieht diese Gefahr aber nicht.
Das IMK beruft sich dabei auf eine Bilanz des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI). Daraus lässt sich die Entwicklung der Tariflöhne in den vergangenen Monaten ablesen. Sie sind demnach erheblich langsamer gestiegen als die Inflation. Das durchschnittliche Lohnplus belaufe sich auf 1,7 Prozent. Die Verbraucherpreise dürften dagegen mit 3,1 Prozent deutlich schneller zulegen, woraus sich »ein ungewöhnlich starker Reallohnverlust« von 1,4 Prozent ergebe.
Vorsichtige Tarifabschlüsse im Coronajahr
Allerdings werde dieser Kaufkraftverlust durch steuer- und abgabenfreie Coronaprämien in vielen Branchen abgemildert. Diese lagen zwischen 90 Euro in der Süßwarenindustrie und 1300 Euro im öffentlichen Dienst der Länder. Insbesondere die unteren Einkommensgruppen würden besonders stark von den Coronaprämien profitieren.
Insgesamt wurden im zu Ende gehenden Jahr für mehr als zwölf Millionen Beschäftigte neue Tarifverträge abgeschlossen, so das gewerkschaftsnahe Institut. Hinzu kommen Steigerungen für weitere sechs Millionen Beschäftigte, die bereits 2020 oder früher vereinbart wurden. Die älteren Abschlüsse sehen dabei mit durchschnittlich 2,0 Prozent etwas höhere Lohnsteigerungen vor als die von 2021 mit 1,5 Prozent. Für viele Gewerkschaften stand angesichts der Coronakrise der Stellenerhalt im Mittelpunkt, während Unternehmen wegen der unsicheren Aussichten bei den Personalkosten nicht allzu viel draufpacken wollten.
Für 2022 rechnet das Institut bei den Preisen eher wieder mit einer Normalisierung, während die Tariflöhne gleichzeitig etwas kräftiger steigen könnten. »Für das von einigen an die Wand gemalte Schreckgespenst einer Lohn-Preis-Spirale findet sich in den Tarifdaten bislang keinerlei Grundlage«, sagte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten.