Corona-Flaute Niederländer schreddern 140 Millionen Tulpen

Rund 400 Millionen Blumen landeten im März in den Niederlanden im Abfall
Foto: KENZO TRIBOUILLARD/ AFPDie Tulpensaison ist kurz, aber lukrativ: Acht Wochen lang, etwa von März bis Mai, machen die niederländischen Blumenhändler einen Großteil ihres Jahresumsatzes. Auf den internationalen Frauentag folgt Ostern, dann der Muttertag - und der Umsatz steigt auf bis zu 20, manchmal gar 30 Millionen Euro pro Tag. Deutschland ist einer der größten Importeure.
So läuft das normalerweise, doch die weltweite Coronakrise trifft auch den Blumenhandel hart. In den Niederlanden sind öffentliche Veranstaltungen jedweder Größe bis Juni schon jetzt verboten. Auch Frankreich greift besonders hart durch, Pariser dürfen tagsüber noch nicht einmal mehr joggen gehen. Wann genau Lockerungen möglich sind, ist in vielen Staaten noch unklar.
"Wenn keine Geburtstagsfeiern stattfinden, wenn es keine Hochzeiten gibt und keine anderen Feste, dann braucht niemand große Mengen von Blumen", sagt Michel van Schie, Sprecher von FloraHolland. In einem normalen Jahr verkauft FloraHolland, die größte Vereinigung von Blumen- und Pflanzenproduzenten der Niederlande, um die zwölf Milliarden Blumen und Pflanzen.
Michel van Schie, Sprecher von FloraHolland
Doch nun ist alles anders: Rund 400 Millionen Blumen, darunter 140 Millionen Tulpen, wurden im vergangenen Monat bereits zerstört, so die Schätzungen von Fred van Tol, Manager bei FloraHolland . Insgesamt veranschlagt die Niederländische Landwirtschaftliche und Gartenbauliche Organisation den Schaden für den Blumenmarkt des Landes durch die Coronakrise auf fünf Milliarden Euro .

Überschüssige Blumen nach einer Auktion in Honselersdijk im Süden der Niederlande Ende März
Foto: PIROSCHKA VAN DE WOUW/ REUTERSKurzfristig absagen kann man die Tulpenernte nicht: Die Zwiebeln werden bereits im Vorjahr gesetzt, später ins Gewächshaus umgepflanzt, um im Frühjahr in voller Blüte zu stehen. Jetzt aber werden die Blumen geschreddert und landen als Kompost in Biogasanlagen.
Sieben Millionen Tulpenzwiebeln waren schon gesetzt
Auch im bekannten Blumenpark Keukenhof sind rund sieben Millionen Tulpenzwiebeln schon gesetzt - die Nachricht, dass die Attraktion im Westen der Niederlande in diesem Jahr geschlossen bleiben wird, war nicht nur für die Betreiber selbst ein Schock.
"In dem Moment, in dem du weißt, dass du nicht öffnen kannst, musst du auch 1300 Saisonarbeitskräften mitteilen, dass du keinen Job für sie haben wirst", sagte der Direktor des Parks, Bart Siemerink, dem Radiosender Radio West. Rund 1,5 Millionen Besucher kämen in einer durchschnittlichen Saison in den Park - und sorgten für einen Umsatz von rund 22 Millionen Euro.

Rund 1,5 Millionen Besucher hat der Blumenpark Keukenhof in einer durchschnittlichen Saison
Foto: ROBINUTRECHT/ imago images/Hollandse HoogteDer Park hätte mit dem Beginn der Tulpenblüte am 21. März öffnen sollen. Zuerst verschoben die Betreiber die Eröffnung noch hoffnungsvoll auf Anfang April. Doch schließlich habe man einsehen müssen, dass der Park dieses Jahr komplett geschlossen bleibe, so Siemerink.
Besucher, die nun nicht kommen dürfen, können die Blüte trotzdem miterleben - im Internet. Auf der Webseite des Blumenparks veröffentlichen die Betreiber regelmäßig Videos und Fotos .
Umgang mit dem Coronavirus: vergleichsweise liberal
Die Niederlande gehen bei der Bekämpfung des Coronavirus vergleichsweise liberal vor. Es gibt dort weder Ausgangssperren wie in Frankreich oder Spanien, noch ein derart umfassendes Kontaktverbot wie in Deutschland. Zwar mussten Schulen ebenso dichtmachen wie Restaurants, die meisten Läden hingegen können weiterhin öffnen.
Auch Floristen gehören dazu. Solange die Kunden den geforderten Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten, dürfen sie weiter öffnen. Doch auch die Niederländer konzentrieren ihre Einkäufe wohl momentan auf Lebensmittel und Klopapier - die Umsätze in den Blumenläden sind eingebrochen.