Rund acht Dosen pro Bürger Bund bestellte offenbar Corona-Impfstoffe für 13,1 Milliarden Euro

Glasampullen mit Impfstoff: Viel zu viel bestellt
Foto: Stephanie Pilick / dpaDeutschland hat in der Coronapandemie Impfstoffe im Wert von 13,1 Milliarden Euro bestellt. Das Bundesgesundheitsministerium bestätigte die Zahl, zunächst hatten die Sender NDR und WDR sowie die »Süddeutsche Zeitung« berichtet . Insgesamt seien seit Beginn der Pandemie 672 Millionen Impfdosen bestellt worden. Das wären rund acht Dosen für jeden Einwohner in Deutschland, vom Säugling bis zum Greis.
Der größte Teil der nun bekannt gewordenen Summe an Impfstoff-Bestellungen gehe auf die Amtszeit von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zurück, heißt es in den Berichten. Nach bisher geheim gehaltenen Unterlagen bestellte der Bund in der Amtszeit von Spahn 556 Millionen Corona-Impfdosen im Gesamtwert von 10,05 Milliarden Euro.
Bislang waren die Kosten für die Impfstoffbestellungen unbekannt gewesen: Die Verträge, die die EU-Kommission mit den Herstellern für alle Mitgliedstaaten geschlossen hatte, unterliegen strenger Vertraulichkeit. Dem Recherchenetzwerk liegt nach eigenen Angaben eine detaillierte Bestellübersicht der Bundesregierung für einzelne Impfstoffe vor, aus der die genauen Preise, Mengen und Bestelldaten hervorgehen.
Auffällig seien hier insbesondere die Preissteigerungen der Firmen Biontech/Pfizer und Moderna mitten in der Pandemie. So habe Deutschland im Dezember 2020 knapp 39 Millionen Impfdosen bei Biontech/Pfizer zum Preis von rund 15,50 Euro pro Dosis bestellt.
Neun Monate später, als die Regierung weitere 168 Millionen Impfdosen bestellt hat, kostete die Einzeldosis im Schnitt bereits rund 23,20 Euro – ein Anstieg um rund 50 Prozent. Moderna erhöhte demnach bereits nach drei Monaten den Preis von 19,50 Euro um mehr als 50 Prozent auf 29,70 Euro.
Helge Braun: Müssen wohl Teile der Lieferung vernichten
Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig, sagte den Medien, er halte diese Preise nicht grundsätzlich für anstößig, weil sie vergleichbar seien etwa mit Influenza-Impfstoffen. Störend finde er allerdings die Preissteigerungen mitten in der Pandemie. »Ich halte das eigentlich für unseriös, weil angesichts der wirtschaftlichen Umsätze hätte man bei dem alten Preis bleiben können«, sagte Ludwig. Es sei allerdings so, dass »wir die Impfstoffe brauchten« und »die Pharmakonzerne diese Preise eben durchsetzen konnten«.
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestags, der CDU-Politiker und ehemalige Chef des Kanzleramts Helge Braun, räumte ein, dass ihm »weder die individuellen Dosispreise der verschiedenen Impfstoffe bekannt sind noch die weiteren Vertragsklauseln«.
Braun geht nach eigenen Worten davon aus, dass Deutschland noch für das laufende Jahr 2023 Abnahmeverpflichtungen bei Coronaimpfstoffen im Wert von zwei Milliarden Euro habe. »Das ist absehbar viel zu viel, sodass mit der Vernichtung eines Großteils der Lieferung gerechnet werden müsste«, sagte Braun.