Steigende Umsätze Onlinehändler profitieren massiv von Coronakrise

Über Wochen waren viele Geschäfte geschlossen, manchen droht der Ruin. Zugleich geraten Onlineshops gerade an ihre Grenzen: Ihre Umsätze sind rasant gestiegen.
Lager eines Online-Supermarkts (Archivbild)

Lager eines Online-Supermarkts (Archivbild)

Foto: picture alliance / dpa

Die Coronakrise hat schon jetzt tiefe Spuren in der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft hinterlassen. Restaurants und Geschäfte geraten in Existenznot. Theater und Sportvereine, die auf Zuschauereinnahmen angewiesen sind, stehen vor der Pleite.

Doch es gibt auch Profiteure der immer noch wirksamen Einschränkungen des öffentlichen Lebens: Onlineshops. Ihre Umsätze sind in den vergangenen Wochen teils rasant gestiegen, berichtet das Bamberger Unternehmen Computop . Es wickelt weltweit Zahlungen für Onlineshops ab. 2018 lag das Transaktionsvolumen bei 34 Milliarden Dollar. Kunden sind unter anderem Gravis, Cyberport, Sixt, C&A, Sport Scheck, DocMorris und TUI.

In den ersten drei Aprilwochen seien die von Computop in Deutschland abgewickelten Umsätze deutlich gestiegen. In Kalenderwoche 14 lag das Plus bei 14 Prozent, dann bei 17 und danach bei fast 40 Prozent, heißt es.

Zu den klaren Gewinnern der Krise gehören laut Computop Onlineshops für Elektronikprodukte. Die Kunden aus diesem Segment verzeichneten den Angaben zufolge ein Umsatzplus von mehr als 500 Prozent gegenüber den Vergleichswochen im Jahr 2019.

"Nach unseren Informationen spielt Equipment fürs Homeoffice dabei eine wichtige Rolle - und der Bereich Spiele", sagt Ralf Gladis, Gründer und Geschäftsführer Computop.

Das Unternehmen hat die Branchenumsätze jeder Kalenderwoche des Jahres 2020 mit den Umsätzen der gleichen Kalenderwoche des Vorjahres verglichen. Die Umsätze wurden zudem um den mittleren jährlichen Umsatzanstieg des Onlinehandels bereinigt, gemessen über die mittleren Umsätze im Januar 2019 und im Januar 2020.

Arbeiter in Hochregallager in Großbeeren (Brandenburg)

Arbeiter in Hochregallager in Großbeeren (Brandenburg)

Foto: Soeren Stache/ dpa

Die von Computop ermittelten Umsatzveränderungen sind nicht repräsentativ, stehen aber für eine relativ große Stichprobe des Onlinemarktes. Computop sieht sich, bezogen auf den Umsatz der betreuten Händler, als Marktführer in Deutschland.

Lebensmittelkauf boomt

Das starke Umsatzplus betrifft nicht allein Elektrohändler. "In einigen Bereichen werden die Händler regelrecht überrollt", sagt Gladis. Es komme nun darauf an, dass die Onlineshops ihre Lieferversprechen hielten. "Ansonsten könnten sie manche Kunden schnell wieder verlieren."

Zu den Profiteuren der Coronakrise zählen auch Onlinehändler für Lebensmittel und Drogerieartikel. Sie verzeichneten zuletzt einen Zuwachs von 110 beziehungsweise 170 Prozent.

Shops für Kleidung hingegen mussten in den ersten Wochen der Coronakrise ein Minus hinnehmen. "Die Menschen haben Dinge weniger oft gekauft, die sie nicht unbedingt brauchten", erklärt Computop-Chef Gladis. "Mit Beginn des Frühlings steigt nun aber die Kauflaune." In Kalenderwoche 16 waren die Umsätze deutlich im Plus.

Das gilt auch für den Bereich Schuhe, dessen Umsätze im Februar schon deutlich über dem Vorjahresniveau lagen, dann aber absackten. Doch auch hier gab es in Kalenderwoche 16 ein deutliches Plus.

Einer der großen Verlierer der Coronakrise sind Reisebüros. Ihre Buchungen sind bis zur Kalenderwoche 16 um 92 Prozent eingebrochen - ein desaströser Einschnitt für die Anbieter.

Ganz ähnliche Zahlen hatte kürzlich das Unternehmen Finanzguru veröffentlicht, das eine App anbietet, die Konsumenten eine bessere Übersicht über ihre privaten Einnahmen und Ausgaben liefern soll. Den Finanzguru-Daten zufolge sackten die Ausgaben für Flugbuchungsportale sogar um 98 Prozent ab - also nahezu auf null.

Finanzguru hat auch die durchschnittlichen wöchentlichen Ausgaben von 100.000 seiner Kunden anonymisiert ausgewertet. Demnach geben Menschen seit Beginn der Coronakrise insgesamt weniger Geld aus . Statt 255 Euro in der Kalenderwoche 7 waren es in Kalenderwoche 16 durchschnittlich nur noch 222 Euro.

Verbraucher hoben zuletzt weniger Bargeld ab, anders als zu Beginn der Ausgangsbeschränkungen, Ausgaben für Reisen gingen zurück - dafür stiegen die Beträge für Lebensmittel und Shopping. Beim Shopping kann es sich fast nur um Onlineeinkäufe handeln, denn Mitte April waren die meisten Geschäfte deutschlandweit noch geschlossen.

Auch die Finanzguru-Daten sind nicht repräsentativ, weil die Einkommen der App-Nutzer wahrscheinlich über dem Bundesdurchschnitt liegen. Aber zumindest den Trend dürften die anonymen Analysen gut abbilden.

Wird Amazon noch mächtiger?

Klar scheint: Vielen Onlineshops hat die wochenlange Schließung von Läden steigende Umsätze beschert, denn ihr Geschäft war von den Einschränkungen nicht betroffen.

Der Zahlungsabwickler Computop beobachtet ohnehin, dass die E-Commerce-Umsätze von Jahr zu Jahr um etwa zehn Prozent steigen. "Das Wachstum wird sich infolge der Coronakrise nach unserer Einschätzung sogar noch beschleunigen", sagt Geschäftsführer Gladis. Der stationäre Handel könnte sogar zusätzlich unter Druck geraten.

Wegen der noch stärkeren Verlagerung zum Onlinehandel drohe auch eine noch schnellere Monopolisierung, sagt Gladis. "Der Branchenriese Amazon könnte noch mächtiger werden."  

Er sieht aber auch neue Chancen: Etwa wenn Amazon Bücher nicht mehr so schnell ausliefert, weil andere Ware Priorität hat. Dann könnten andere Online-Buchhändler einspringen, die binnen weniger Stunden oder binnen einem Tag liefern.

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