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Ladenhüter AstraZeneca Länder geben Millionen Impfdosen zurück

Weil nur noch wenige die Vakzine von AstraZeneca haben wollen, werden überschüssige Dosen jetzt an den Bund zurückgeschickt. Was haltbar ist, wird an bedürftige Nationen verschenkt.
aus DER SPIEGEL 34/2021
Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca: In Arztpraxen und Impfzentren nicht mehr vermittelbar

Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca: In Arztpraxen und Impfzentren nicht mehr vermittelbar

Foto: Dan Kitwood / Getty Images

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Die Bundesländer wollen fast drei Millionen überschüssige Impfdosen loswerden. Nach einer Übersicht des Bundesgesundheitsministeriums haben die Länder bis Donnerstag insgesamt 2,76 Millionen Dosen zur Rückführung an den Bund angemeldet. Beim Großteil (rund 2,6 Millionen Dosen) handelt es sich um die Vakzine des Herstellers AstraZeneca, die in den Impfzentren der Länder zum Ladenhüter geworden sind. Hoch sind die Rückgabezahlen vor allem in den bevölkerungsreichen Ländern, die auch vergleichsweise viel Impfstoff erhalten hatten: Spitzenreiter ist Nordrhein-Westfalen, das 922.400 Dosen AstraZeneca abstoßen will. Danach folgt Bayern mit 685.100 Dosen. Auch der Impfstoff von Johnson & Johnson wird von den Ländern zurückgegeben, allerdings in geringerer Zahl.

Das Bundesgesundheitsministerium sammelt diese überflüssigen Impfstoffe, um sie an Drittstaaten zu verschenken. Voraussetzung ist, dass sie noch mindestens zwei Monate lang haltbar sind. Um welche Nationen es sich konkret handelt, steht noch nicht abschließend fest. Die bilateralen Verträge würden derzeit verhandelt, heißt es im Ministerium. Ein Papier für das Bundeskabinett, das bereits im Juli beraten wurde, nennt als potenzielle Empfänger »Staaten des Westbalkans, der östlichen Partnerschaft und Namibia«.

Aus: DER SPIEGEL 34/2021

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Alle neu eintreffenden Lieferungen von AstraZeneca reicht der Bund inzwischen direkt an die internationale Initiative Covax weiter, um sie auf diesem Weg Entwicklungsländern unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Bis Jahresende will Deutschland insgesamt mindestens 30 Millionen Dosen an andere Staaten verschenken.

Schlimmstenfalls zu verfallen drohen dagegen bis zu 3,2 Millionen überschüssige Impfdosen in den Praxen niedergelassener Haus- und Fachärzte. Das geht aus einer Übersicht der Kassenärzte hervor, die dem SPIEGEL vorliegt. Nicht verimpft werden konnten demnach bis Mitte August 1,7 Mio. Dosen Biontech (5,1 Prozent der gelieferten Dosen), 1,1 Mio. Dosen AstraZeneca (17,7 Prozent der gelieferten Dosen) und 0,4 Mio. Dosen Johnson&Johnson (17,4 Prozent der gelieferten Dosen). Erstmals ist damit klar, wie viele Impfdosen von den niedergelassenen Medizinern nicht verspritzt wurden – und ihr Verfallsdatum bald überschreiten könnten. In einer Umfrage berichteten Ärztinnen und Ärzte davon, dass ihre Patienten Vorbehalte gegen die Impfung haben.

Anders als die Länder dürfen die Arztpraxen die überzähligen Impfstoffe nicht direkt an den Bund zurückgeben. Auch Apotheken nehmen die Impfdosen nicht zurück. Grund sind Vorschriften des Arzneimittelrechts und haftungsrechtliche Fragen. Hinzu kommt nach Angaben des Ministeriums, dass mRNA-Impfstoffe bereits aufgetaut ausgeliefert werden – und daher für Spenden ins Ausland nicht mehr zu verwenden seien.

Ärztevertreter fürchten, dass die überzähligen Dosen entsorgt werden müssen. So sagte Dominik Graf von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung: »Die Eindämmung der Coronapandemie ist und bleibt eine globale Herausforderung. Impfdosen, die in Deutschland nicht mehr gebraucht werden, sollten wir daher nicht wegwerfen. Das gilt auch für diejenigen in den Kühlschränken der Praxen.«

cos

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