Coronakrise Deutsche Firmen fordern Russland zum Hochfahren der Wirtschaft auf

Der Lockdown in Russland bereitet auch den deutschen Unternehmen zunehmend Sorgen. Sie wollen ihre Niederlassungen möglichst schnell wieder öffnen - und reklamieren mehr Eigenverantwortung für sich.
Fahrradkurier in Moskau: Umgerechnet 1,2 Milliarden Euro Verlust - jeden Tag

Fahrradkurier in Moskau: Umgerechnet 1,2 Milliarden Euro Verlust - jeden Tag

Foto: MAXIM SHIPENKOV/EPA-EFE/Shutterstock

Die deutsche Wirtschaft in Russland hat die Regierung in Moskau nach rund einem Monat Zwangsferien zu einem Hochfahren des Arbeitslebens aufgefordert. "Der Staat muss mehr Eigenverantwortung zulassen. Die Unternehmen sind in der Lage, ihre Mitarbeiter mit entsprechenden Hygienemaßnahmen gut zu schützen, letztlich besser als der Staat", sagte der Chef der deutsch-russischen Auslandshandelskammer (AHK), Matthias Schepp, in Moskau. Präsident Wladimir Putin hatte wegen der Corona-Pandemie einen arbeitsfreien Monat bis Ende April angeordnet. Er will sich in dieser Woche äußern, ob der Lockdown verlängert wird.

Allein die rund 4200 deutschen Unternehmen in Russland hätten bereits Verluste von Hunderten Millionen Euro verzeichnet, sagte Schepp. So stehe etwa auch das große Volkswagen-Werk in Kaluga, ein deutsches Vorzeigeprojekt in Russland, seit dem 30. März still. "Wir kämpfen zum Beispiel in Moskau auch darum, dass Obi seine Baumärkte wieder öffnen kann, damit die Menschen Saatgut, Torf und Dünger kaufen können. Jetzt ist die Zeit der Aussaat. In Russland, wo viele Obst und Gemüse selbst anbauen auf der Datscha, ist das lebensnotwendig", sagte Schepp.

Der AHK-Chef sieht die Gefahr, dass sich die russische Führung zu wenig um den Klein- und Mittelstand kümmere und vor allem große Konzerne mit guten Kontakten zum Machtapparat in der Krise unterstütze. "Es wäre ein schlechtes Ergebnis, wenn es am Ende der Krise mehr Staats- und noch weniger Privatwirtschaft gäbe in Russland." Russland sitze auf hohen Geld- und Währungsreserven und sei in der Lage, solche Hilfen zu leisten. Bisher halten einer AHK-Umfrage zufolge die meisten Unternehmen die Stützungsmaßnahmen für unzureichend.

Nach Angaben des russischen Wirtschaftsministers Maxim Reschetnikow kostet der Lockdown das Land umgerechnet rund 1,2 Milliarden Euro pro Tag. Weil zudem die Preise für Öl und Gas im Keller sind und der Energieverbrauch gesunken ist, entstehen bei der vom Rohstoffverkauf abhängigen Großmacht Milliardenlöcher im Haushalt. Russlands Staatsetat fußt auf einem Preis von 42 US-Dollar je Barrel Öl. Am Montagnachmittag fiel der Preis für amerikanisches Leichtöl unter die Marke von 12 US-Dollar. Der Preis für die europäische Sorte Brent sank unter die Marke von 20 Dollar.

mik/dpa
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