Coronakrise Ökonomen kritisieren Konjunkturprogramme

Freiburger Innenstadt: Weidmann hält vollständige Erholung für möglich
Foto: Ralph Peters/ imago images/Ralph PetersTrotz der durch die Coronakrise ausgelösten tiefen Rezession ist laut Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ein Konjunkturprogramm derzeit unangebracht. Es gehe erst einmal darum, die akute Krise zu bekämpfen, sagte Weidmann am Dienstag auf einer Onlineveranstaltung der deutschen Zentralbank zum Thema "Covid-19 und die Auswirkungen auf die Banken in Deutschland". Unter den aktuellen Kontaktbeschränkungen würde ein klassischer Stimulus ohnehin Gefahr laufen, weitgehend zu verpuffen, sagte Weidmann. Ein Konjunkturprogramm könnte aber sinnvoll sein, "wenn später die Erholung richtig in Gang käme". Dafür hätte die Politik auch den nötigen Spielraum.
Besonders hart treffe die Krise die konsumnahen Dienstleistungsbranchen: "Allein die dadurch wegfallenden Konsumausgaben dürften die Wirtschaftsleistung schon im ersten Quartal um rund ein Prozent reduziert haben", sagte Weidmann. Eine schnelle und kräftige Erholung der Wirtschaft sei eher unwahrscheinlich. Trotz aller Unsicherheit sehe er dennoch "keine Abwärtsspirale". Er erwarte aber, dass sich die Wirtschaft nach Überwindung der Pandemie nachhaltig erholen könne.
Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums zielt in seiner Kritik am derzeit laufenden Corona-Hilfsprogramm der Bundesregierung auf die Verteilungsgerechtigkeit ab. "Die Pandemie macht uns alle ärmer, sodass es in Zukunft weniger zu verteilen gibt", zitierte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" aus einem Brief des Gremiums an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Besonders die Anhebung des Kurzarbeitergelds auf bis zu 87 Prozent des Nettoeinkommens werde zu "erheblichen Mitnahmeeffekten" führen.
Aus Sicht der 39 Wissenschaftler ergeben sich aus der vor Kurzem beschlossenen Erhöhung unter anderem "weitreichende und unter Umständen unbeabsichtigte Konsequenzen für die Regelung der Höhe des Arbeitslosengeldes".
Für zu restriktiv hält der Beirat dagegen die Soforthilfe für Inhaber kleiner Unternehmen. Neben staatlichen Zuschüssen für laufende Betriebskosten "sollte für einen gewissen Einkommensersatz gesorgt werden, und dies unabhängig von der Grundsicherung", heißt es in dem Brief weiter.
Mit Blick auf den Hilfsfonds für größere Unternehmen fordern die Wissenschaftler klarere Kriterien: "Das Ziel 'technische Souveränität' darf nicht missbraucht werden, um 'nationale Champions' zu schaffen und vor dem Wettbewerb zu schützen." Das von der Bundesregierung angekündigte Konjunkturprogramm schließlich solle auf den Klimaschutz ausgerichtet sein, "abzuraten" sei "von weitergehenden Versuchen einer aktiven Industriepolitik zur Erhaltung einer politisch gewollten Wertschöpfungstiefe". Der Beirat wollte sich am Dienstagnachmittag in Berlin zu seinem Brief und den Forderungen weiter äußern.