Cum-Ex-Skandal
Bundesregierung will Verjährungsfrist für Beschuldigte anheben
Nach aktueller Rechtslage könnten viele Cum-Ex-Steuerdeals ab Anfang 2021 nicht mehr als Straftat gewertet werden. Die Große Koalition einigte sich darauf, die Frist um fünf Jahre zu verlängern.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) musste sich bereits mehrfach Fragen zum Cum-Ex-Skandal stellen
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Beteiligte am Cum-Ex-Skandal sollen deutlich länger als bisher noch belangt werden können. Die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD einigten sich darauf, die Verjährungsfrist für schwere Steuerhinterziehung von zehn auf 15 Jahren anzuheben. Die Uhr tickt, denn viele Cum-Ex-Aktiendeals könnten nach geltender Rechtslage ab Anfang 2021 nicht mehr als Straftat geahndet werden. Daher sollen Bundestag und Bundesrat noch vor Weihnachten zustimmen. Zuvor hatte die »Rheinische Post« berichtet.
Zuletzt war nur eine Anhebung auf 12 Jahre geplant, nun werden es mehr. Ein Grund: In den Beratungen war es als möglich erachtet worden, dass bei einer 12-Jahre-Vorgabe einige Cum-Ex-Profiteure doch noch durchs Raster fallen und strafrechtlich nicht mehr belangt werden könnten. Mit der 15-Jahre-Frist haben die Behörden nun mehr Zeit, um die bisher noch im Dunkeln liegenden Fälle zu erkennen und vor Gericht zu bringen. Stand Ende Oktober waren bei der zentral zuständigen Kölner Staatsanwaltschaft 69 Strafverfahren anhängig gegen 927 natürliche Personen, Tendenz steigend.
Bei den Cum-Ex-Geschäften handelten Banken mit Aktien vor (cum) und nach (ex) Auszahlung der Aktiendividenden. Dazu wurden rund um den Dividendenstichtag Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Finanzämter erstatteten dann Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand so ein Schaden, der sich auf 30 Milliarden Euro belaufen könnte.
Bei der Gesetzesänderung besteht Zeitdruck, weil viele Cum-Ex-Beteiligte im Jahr 2010 ihre Deals steuerlich geltend gemacht haben – diese Fälle wären nach der noch geltenden Rechtslage Anfang 2021 verjährt. Es gibt noch einen zweiten Punkt, der im Rahmen der Steuerreform für Cum-Ex relevant ist: So sollen rechtswidrig erlangte Gewinne auch in verjährten Fällen eingezogen werden können. Sollte also selbst die 15-Jahre-Frist nicht ausreichen, um Licht ins Dunkel zu bringen, könnten Finanzjongleure zwar strafrechtlich nicht mehr belangt werden – ihre Cum-Ex-Gewinne zulasten der Allgemeinheit müssten sie aber abgeben.
»Wir wollen, dass kein Cum-Ex-Täter straf- und schadlos davonkommt«
»Die Botschaft ist klar«, sagte SPD-Fraktionsvize Achim Post der »Rheinischen Post«. »Wir wollen, dass kein Cum-Ex-Täter mit schwerer Steuerhinterziehung straf- und schadlos davonkommt.« Sein Pendant in der Unionsfraktion, Andreas Jung, begrüßte die Änderung ebenfalls – er pochte auf »null Toleranz« bei Cum-Ex-Fällen.
Auch für Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach (CDU) ist die Berliner Einigung eine gute Nachricht und eine Bestätigung seiner Haltung – er hatte sich in einer Bundesratsinitiative schon vor längerer Zeit für die 15-Jahre-Frist ausgesprochen. Dementsprechend zufrieden war er. Mit der Anhebung der Frist werde es möglich, noch mehr Cum-Ex-Beteiligte dingfest zu machen, erklärte Biesenbach. »Das ist eine gute Nachricht für die Bürger.«