Datenschutz Aufstand gegen Adresshändler
Hamburg - Bei der Razzia in Viersen am Niederrhein hatten es die Beamten auf die Computer abgesehen. Denn die Spuren auf der CD mit 17.000 Daten von Verbrauchern führten zu dem Adresshändler in Nordrhein-Westfalen. Von der Durchsuchung erhofft sich die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach Antwort auf viele offene Fragen im Datenklauskandal: Bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein war vor wenigen Tagen eine CD mit Kontodaten von 17.000 Verbrauchern aufgetaucht. Von den Konten soll illegal Geld abgebucht worden sein.

Kopie der sichergestellten Daten-CD: Betroffene sollten ihre Kontonummer wechseln
Foto: DPANun versuchen die Beamten zu klären, wie tief das durchsuchte Unternehmen verstrickt ist. War es nur ein Zwischenhändler? Derzeit werden die Daten rekonstruiert und ausgewertet, um so die schmutzigen Tricks der Adresshändler aufzudecken.
Mit der Branche tun sich Kriminaler schwer - die Zahl der Beschwerden von Verbrauchern, die von Betrügern am Telefon abgezockt werden, ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen, melden Daten- und Verbraucherschützer. 50 Milliarden Euro geben Unternehmen jährlich für Werbeanrufe und -post aus. Die Daten bekommen sie von professionellen Adresshändlern. Die kaufen bei anderen Firmen Kundeninformationen ein und verkaufen oder vermieten sie an andere Unternehmen.
Der Adresshandel ist hierzulande üblich - auch die GEZ, die Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einzieht, darf bei Händlern einkaufen. "Es gibt Informationen über so gut wie jede Person in Deutschland", sagt der Anwalt Martin Bahr, Spezialist für Adresshandel. Grundsätzlich findet Bahr den Handel völlig in Ordnung - solange die Betreffenden eingewilligt haben, dass ihre Daten weitergeben werden dürfen.
Bei Gewinnspielen muss diese Einwilligung ausdrücklich erfolgen, bei Kaufverträgen ist die Weitergabe der Daten gesetzlich erlaubt. Adresshändler erhalten ihre Informationen häufig von Banken, Sparkassen und Telekommunikationsunternehmen, deren Kunden der Nutzung ihrer Daten zugestimmt haben.
Die Gesetze sind allerdings bereits jetzt recht streng: "Für Unternehmen ist es problematisch, dass in der Einwilligung sehr genau bestimmt sein muss, ob sie sich auf Newsletter oder Werbung für ein bestimmtes Produkt bezieht", sagt Bahr. So darf die Einwilligung eines Kunden in die Datenweitergabe meistens nur einmal verwendet werden - weil sie sich auf ein bestimmtes Produkt bezieht. "Es ist ein juristisches Problem festzulegen, wie spezifisch die Einwilligungserklärung sein muss", sagt der Anwalt.
Dieses Problem umgehen manche Unternehmen, indem sie so tun, als ob eine generelle Einwilligung der Verbraucher vorliegt. Die Betroffenen wissen meist ohnehin nicht, was hinter ihrem Rücken mit ihren Daten passiert. "Es werden Daten gehandelt, die eigentlich gar nicht gehandelt werden dürfen", sagt Thomas Hagen von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, dem die CD mit Verbraucherdaten anonym zugestellt wurde.
In den meisten Fällen wird der Verstoß gegen das Datenschutzgesetz als Ordnungswidrigkeit gewertet, die mit einer Geldbuße zwischen 25.000 und 250.000 Euro bestraft wird.
Die Methoden der Branche machen die Kriminaler wütend: "Der Handel mit persönlichen Daten ist ein Milliardengeschäft, in dem es offenbar mafiöse Strukturen gibt", sagt Klaus Jansen, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Jansen fordert deshalb, den Datenschutz besser zu organisieren: "Der Datenschutz darf nicht den Bürgern überlassen werden."
So sollten nach dem Vorbild der Steuerfahnder Datenfahnder eingesetzt werden, die eigenständig ermitteln, um den Umgang mit Daten zu kontrollieren, fordert Jansen. Der Schritt ist dem Beamten zufolge dringend nötig: Denn wenn die Daten erst einmal in Umlauf geraten, sind sie kaum noch zu stoppen. Betrogenen Verbrauchern bleibt seiner Meinung nach dann nur eins - die Kontonummer zu wechseln.