Dax und Finanzmärkte »Im Sommer wird es an der Börse schwierig«

Frankfurter Börse (Archivbild)
Foto: Arne Dedert/ dpaDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Henning Gebhardt, 54, ist einer der erfolgreichsten deutschen Fondsmanager. Nach Stationen bei der Deutsche-Bank-Tochter DWS und der Vermögensverwaltungssparte bei Berenberg ist er nun Gesellschafter und Geschäftsführer der Fondsgesellschaft HollyHedge Consult.
SPIEGEL: Herr Gebhardt, der Deutsche Aktienindex hat seit 8. März mehr als 13 Prozent zugelegt, obwohl der Ukrainekrieg immer blutiger wird und die Inflation davoneilt. Was ist da los?
Gebhardt: Krieg und Inflation sind für den Markt schwer zu verarbeiten. Es ist klar, dass sich etwa die Inflation irgendwann negativ in den Geschäftszahlen vieler Unternehmen niederschlagen wird, aber wann genau, ist unklar. Das Gleiche gilt für den Krieg. Niemand weiß, wie lange er noch dauert und wie schlimm es wird.
SPIEGEL: Warum hat sich die Stimmung ab dem 8. März ins Positive gedreht?
Gebhardt: Dafür gibt es drei Gründe. Der Markt war »überverkauft«, also sehr stark gefallen, sodass eine Aufwärtsbewegung beinahe zwangsläufig kommen musste. Zudem verdichteten sich damals die Anzeichen, dass die Widerstandskraft der Ukraine größer sein könnte als angenommen. Der dritte und wichtigste Grund: Seither ist relativ klar, dass die Zentralbanken, allen voran die amerikanische, nicht so stark die Zinsen anheben können wie gedacht, weil die Rezessionsgefahr für die Wirtschaft größer wird.
SPIEGEL: Aber müssten wegen der drohenden Rezession nicht die Kurse sinken?
Gebhardt: Noch ist es ja nicht so weit, zumal die Alternativen fehlen. Das sehen Sie schon daran, dass viele Investoren aus Anleihen aussteigen und wieder in Aktien investieren. Wenn die Inflation steigt, sind reale Vermögenswerte die bessere Alternative, also Aktien, Immobilien und Rohstoffe.
SPIEGEL: Worauf also sollten die Anleger in den nächsten Wochen achten?
Gebhardt: Vor allem, nicht ihr Geld auf dem Girokonto zu lassen. Dafür ist die Inflation zu hoch. Attraktiv bleiben Aktien von Unternehmen mit Preismacht, also Telekom-Konzerne, Versorger oder namhafte Haushaltswarenhersteller, die ihre steigenden Produktionskosten an die Verbraucher weitergeben können. Außerdem Unternehmen mit gesunden Bilanzen. Schwierig wird es für Firmen aus dem produzierenden Gewerbe, weil die am stärksten darunter leiden, dass Lieferketten reißen und die Erzeugerpreise steigen. Insgesamt wird es im Sommer schwierig an der Börse angesichts der unübersichtlichen Nachrichtenlage.