Deal perfekt Deutsche Bank übernimmt Postbank
Berlin/Frankfurt am Main - Noch müssen die Aufsichtsräte beider Konzerne ihr Plazet geben, doch am Zustandekommen des Geschäfts zweifelt in der Branche niemand mehr: Der Einstieg der Deutschen Bank bei der Postbank sei perfekt, meldete die Deutsche Presseagentur am Donnerstagnachmittag. Mit der Übernahme sichert sich Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann eines der größten Privatkunden-Institute Deutschlands.
Nach dem Einstieg soll der Branchenprimus nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zwei Jahre Zeit für den Kauf der übrigen Anteile bekommen. In den laufenden Verhandlungen stehe ein bis zum Jahr 2010 reichender Zeitplan zur Diskussion, in dem beide Seiten unter genau festgelegten Bedingungen Verkaufs- und Kaufoptionen ausüben könnten. In der ersten Stufe werde die Deutsche Bank knapp unter 30 Prozent an der Postbank übernehmen. Der Kaufpreis dafür solle sich in einer Größenordnung von 2,5 Milliarden Euro bewegen.
Letztlich setzt Ackermann damit um, was er schon bei seinem Dienstantritt verkündet hatte. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit hatte er die Bedeutung der Privatkundensparte hervorgehoben - allein, es glaubte ihm niemand. Und es schien zunächst, als würden die Kritiker Recht behalten, die dem Schweizer regelmäßig vorwarfen, das eher biedere Schalter- und Girokontengeschäft zu vernachlässigen.
Der Kurs der Bank in der frühen Ackermann-Ära gab ihnen auch zunächst Recht. Da war erst die Auslagerung der Deutschen Bank 24 und deren spätere Wiedereingliederung in den Konzern. Dann folgte die Einteilung der Kunden in gute, mittlere und schlechte - sprich: Kleinsparer. Entsprechend war der Beitrag der Sparte zum Gesamtergebnis der Deutschen Bank sehr bald auf einen beinahe unwesentlichen Anteil gesunken. Den weitaus größten steuerte dabei das international ausgerichtete Investmentbanking bei.
Jetzt also die Kehrtwende.
Womöglich hat nicht zuletzt die Finanzkrise in der Vorstandsetage von Deutschlands wichtigstem Geldinstitut das Bewusstsein für eine gesundere Risikostreuung geschärft. Zumal die neuen Vorschriften in vielen Staaten und misstrauische Investoren die bislang gewohnten Renditen im Investmentbanking arg dezimiert haben.
Mit der Übernahme der Postbank holt Ackermann jetzt zum verspäteten Rundum-Befreiungsschlag aus: Die Kritiker wären widerlegt, und der Deutsche-Bank-Chef selbst könnte dies sogar als konsequente Fortsetzung seiner von Anbeginn an formulierten Strategie verkaufen.
Ganz nebenbei rückte die Deutsche Bank auch im Handstreich mit Abstand zur Nummer eins im Privatkundengeschäft auf. Immerhin ist allein die Postbank mit derzeit 14,5 Millionen Kunden national führend. "Damit hält er die Zügel bei der weiteren Konsolidierung der deutschen Privatkundenlandschaft fest in der Hand", sagte Dirk Schiereck, Professor an der TU Darmstadt. Ackermann würde sich mit dem Einstieg bei der Postbank alle Optionen sichern.
Schiereck hält dabei sowohl eine Komplettübernahme der Postbank als auch den Weiterverkauf des Postbank-Anteils in ein paar Jahren für möglich. "Da auch Post-Chef Frank Appel mit dem Schritt beweisen würde, die Postbank auch in einem äußerst schwierigen Marktumfeld verkaufen zu können, ist die angestrebte Lösung die eleganteste für alle Beteiligten", sagte Schiereck. Georg Kanders von der WestLB ist der gleichen Meinung: Das Gewicht des Privatkundengeschäfts innerhalb der Deutschen Bank würde sich nahezu verdoppeln und zu einem viel stabileren Geschäftsmix führen. "Das hat insbesondere in den aktuell schwierigen Zeiten einen hohen Wert."
Hinzu kommt, dass die Postbank sogar Gewinn abwirft. Allein in diesem Jahr erwartet der Vorstand ein Plus von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro vor Steuern.
Keine Vision für die Zukunft
Vor diesem Hintergrund erscheint sogar der Preis wohlfeil. Zwar war der Börsenwert des Unternehmens nach den ersten Andeutungen des damaligen Postchefs Klaus Zumwinkel zeitweise auf rund zehn Milliarden Euro gestiegen, doch das Fieber ist längst abgeklungen. Derzeit wird die Postbank mit etwa sieben Milliarden Euro bewertet. Im Verlauf des Vormittagshandels am heutigen Donnerstag verlor das Papier noch einmal rund fünf Prozent.
Doch trotz der günstigen Rahmenbedingungen hat das Geschäft einen entscheidenden Nachteil: Es fehlt die Vision für die Zukunft. Denn anders als bei der Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank dürfte im Fall der Postbank eine komplette Eingliederung in das zukünftige Mutterhaus nicht in Frage kommen. Zu unterschiedlich sind die Unternehmenskulturen.
Mit ihrem elitären Anspruch zielen die Frankfurter vornehmlich auf die Bessergestellten, während die Bonner jeden Kleinverdiener willkommen heißen, auch wenn sie mehr Arbeit machen als Geld einbringen. Auch das riesige Filialnetz der Postbank ist kaum mit dem des Branchen-Ersten kompatibel - schließlich begnügt sich die Post-Tochter nicht selten mit ein, zwei abgeteilten Glaskästen in einer mittelgroßen Paketannahmestelle. Schwer vorzustellen, dass ein alteingesessener Deutsche-Bank-Kunde dort demnächst seinen Vermögensberater trifft.
"Es liegen Welten zwischen beiden Banken, bei der Kultur und beim Image", resümiert der Kölner Professor für Bankbetriebslehre Thomas Hartmann-Wendels. Commerzbank und Dresdner Bank passten im Vergleich besser zusammen. "Sie sind von Image und Kunden her ähnlich aufgestellt."
Dementsprechend vermag Hartmann-Wendels auch kaum Sparpotential zu erkennen. "Große Synergien zwischen Deutscher Bank und Postbank kann ich nicht erkennen. Bei einer späteren Komplettübernahme könnte man die Zentralen zusammenführen. Das ist aber nichts gegen die Fusion zwischen Dresdner und Commerzbank, die quasi alles doppelt haben."