Delivery Hero verkauft deutsche Lieferdienste Das Ende der Pizzaschlacht

Foodora-Fahrer werden wohl aus dem Stadtbild verschwinden
Foto: Sophia Kembowski/ picture alliance / Sophia Kembowski/dpaBis zuletzt hatten sich die beiden Konkurrenten bekriegt: Jitse Groen, Gründer des Lieferimperiums Takeaway, ein selbstbewusster Niederländer. Und Niklas Östberg, Chef von Delivery Hero, vom Auftritt eher zurückhaltend, aber intern für sportlichen Ehrgeiz bekannt.
Erbittert hatten die beiden um den deutschen Markt gekämpft. Es ging um die Frage, wer den Leuten das Essen an die Haustür bringt: Lieferando, der deutsche Ableger von Takeaway? Oder Lieferheld, Pizza.de und Foodora, die drei Marken, mit denen Delivery Hero hierzulande auftritt?
Weil es den Kunden im Prinzip egal ist, wer ihre Pizza-Pasta-Sushi-Bestellung abwickelt, solange das Essen nicht kalt bei ihnen ankommt, wurde der Wettstreit vor allem mithilfe von Werbung ausgefochten: Mehr als 100 Millionen Euro steckten Delivery Hero und Takeaway zusammen in Plakate und TV-Spots. Allein 2018, wohlgemerkt. Umsatz und Werbeausgaben standen in keinem gesunden Verhältnis.
Am Ende hatten sich Groen und Östberg in eine aussichtslose Lage manövriert: Beide hatten in Deutschland einen Marktanteil von ungefähr 50 Prozent errungen. Zugleich brockte ihnen die Werbeschlacht aber tiefrote Zahlen ein. Dass diese Millionenverluste irgendwann geringer werden oder einer dem anderen signifikante Markanteile abknöpfen würde, war mit der Zeit immer unwahrscheinlicher geworden.
Das Business der Lieferplattformen ist ein Monopolgeschäft
Ewig, so viel war klar, hätten sie dieses ruinöse Spiel nicht weitertreiben können. Jetzt gab Östberg nach: Er verkaufte Delivery Heros Deutschland-Geschäft an den niederländischen Konkurrenten.
Nach Östbergs Meinung war es quasi unmöglich geworden, in absehbarer Zeit mit dem deutschen Markt Geld zu verdienen. Denn das Geschäft der Lieferplattformen ist ein Monopolgeschäft: Ein klarer Marktführer kann die Vermittlungsgebühr hochsetzen und die Werbeausgaben herunterfahren. Wenn zwei sich dagegen um den Titel der Nummer eins streiten, haben am Ende beide verloren.
Östberg und Groen wussten das. Mehrmals hatten sich die beiden in der Vergangenheit getroffen, um über die verzwickte Lage in Deutschland zu sprechen, wie aus Unternehmenskreisen zu hören ist. Doch lange war keiner von beiden bereit nachzugeben. Bis zu diesem Freitag.
Delivery Hero will jetzt woanders wachsen
Delivery Hero will sich nach dem Verkauf auf andere Märkte als Deutschland konzentrieren. Vor allem in Asien, Lateinamerika und Kanada möchte das Unternehmen wachsen. 250 Millionen Euro sollen dafür im kommenden Jahr investiert werden.

Niklas Östberg
Foto: DELIVERY HEROIm Vergleich zur Takeaway-Gruppe war Delivery Hero schon lange deutlich internationaler aufgestellt. In mehr als 40 Ländern wickelt das Unternehmen aktuell Bestellungen ab oder bringt diese mit einer eigenen Fahrerflotte zu den Kunden nach Hause. Für Delivery Hero sei der Verkauf der drei deutschen Marken ein verkraftbarer Verlust, heißt es. Insgesamt habe der Markt hierzulande weniger als zehn Prozent des gesamten Geschäfts von Delivery Hero ausgemacht.
Widersacher Jitse Groen sieht sich nach der Übernahme gestärkt. In einer Telefonkonferenz mit Analysten verwies er auf die Stellung seines Unternehmens in den Niederlanden: Dort mache Takeaway nicht nur mehr Umsatz als in Deutschland, sondern arbeite zugleich profitabel - obwohl die Niederlande deutlich kleiner seien. Übertrage man diese Rechnung auf Deutschland, zeige dies das Potenzial des Markts.
Groen sagte auch, dass er die drei Marken von Delivery Hero so schnell wie möglich mit Takeaway verschmelzen wolle. Im Straßenbild deutscher Großstädte dürfte es deshalb künftig weniger bunt werden: Die Foodora-Fahrer mit ihrer pinkfarbenen Kleidung und den unhandlichen Essensboxen auf dem Rücken werden aller Voraussicht nach verschwinden. Stattdessen werden die Boten bald auf orangefarbenen E-Bikes durch die Gegend radeln, bestätigt ein Takeaway-Sprecher. Die gut 2000 Foodora-Fahrer will Takeaway übernehmen, ebenso wie die 300 bis 400 weiteren Mitarbeiter von Delivery Hero, die vom Verkauf betroffen sind.