Der Markt-Forscher Rote Socken als Standortfaktor?
Wir sind wieder ein Stück klüger geworden, was die Standortentscheidung von Unternehmen betrifft. Einst dachte man - voll naiven Glaubens an die Kräfte des Marktes -, dass sich Unternehmen dort ansiedeln, wo qualifiziertes Personal vorhanden ist, Wasser und Strom fließt und die Autobahnen nicht weit sind.
Dann begann es einem zu dämmern, dass die Zauberformel für Standorterfolge vielleicht viel einfacher ist: Löhne und Grundstückspreise niedrig - und vor allem hohe Subventionen. Doch Horst Teltschik, Ex-BMW-Vorstand und Ex-Kanzler-Ex-Berater, reißt uns die Scheuklappen weg und gibt den Blick frei auf das, was bei der Standortwahl wirklich zählt: keine PDS!
Mal überlegen: Ganz Deutschland gilt im Vergleich zu, sagen wir mal, Nordkorea als ein Land, in dem private Investitionen relativ sicher vor staatlichem Zugriff und anderer politischer Unbill sind. Jedoch, so will uns Teltschik offenbar sagen, wo die PDS, dieser Furcht erregende antikapitalistische Schutzwall, mitregiert, ist Nordkorea nicht mehr weit.
Aber warum um Himmels willen hat sich BMW denn gegen die Standorte Hof oder Augsburg entschieden? Edmund Stoiber (und vermutlich auch der bayerische SPD-Chef) hätte doch mit größter Freude öffentliche Ehrenerklärungen mit Schwur und Siegel abgegeben, dass die PDS "nie, niemals, nie im Leben" in München mitregieren wird. Es wäre so einfach gewesen, die Bayerischen Motorenwerk zu halten, aber Teltschik musste mit seiner messerscharfen Analyse ja hinterm Berg halten, bis alles vorbei ist.
Zugute halten muss man Teltschik, dass er wieder ein wenig Pfeffer in die lasch gewordenen Standortdebatten gebracht hat. Nach der Teltschik-Theorie können die Briten jetzt argumentieren, dass es bei ihnen gar nichts PDS-artiges gibt, und George Bush wird gerne bestätigen, dass in den USA sogar schlichte Sozialdemokraten unter Artenschutz stehen. "Bei uns gibt es überhaupt nur eine Partei", hören wir die Despoten dieser Welt die Auto-Manager umgarnen - aber das geht dann doch etwas über Teltschiks Rote-Socken-These hinaus.
Ein Problem steckt aber noch in der Teltschik-Theorie: die niedrigen Löhne und hohen Subventionen. Denn die gibt es eher dort, wo die Wirtschaft noch nicht auf Hochtouren läuft, wo es zu viel Angebot auf dem Arbeitsmarkt (und damit Arbeitslosigkeit) gibt und eine gewisse Strukturschwäche die Subventionen ermöglicht. Nur tendieren die Menschen dummerweise gerade in solchen Situationen dazu, kräftig links zu wählen. Die Kunst liegt also darin, die goldene Mitte zwischen zu viel Lohn und zu viel PDS zu finden. Wenn uns Horst Teltschik da noch eine Lösung zeigt, ernennen wir ihn endgültig zum Papst der Standorttheorie (abgekürzt: PdS).