Energieschock und Inflation Deutsche Wirtschaft rutscht in Rezession

Die deutsche Wirtschaft schrumpfte zwei Quartale in Folge – das zeigen neue Daten des Statistischen Bundesamts. Ein Grund: die mangelnde Kauflaune der Verbraucher.
Arbeiten an einer Hochspannungsanlage in Krefeld: Hohe Energiepreise belasteten die Wirtschaft

Arbeiten an einer Hochspannungsanlage in Krefeld: Hohe Energiepreise belasteten die Wirtschaft

Foto: Jochen Tack / IMAGO

Die deutsche Wirtschaft ist nun doch in eine Rezession gerutscht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte von Januar bis März um 0,3 Prozent zum Vorquartal und damit das zweite Vierteljahr in Folge, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.

Das Bundesamt revidierte damit seine ursprüngliche Schätzung von Ende April, die noch eine Stagnation ergeben hatte. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge wird von einer technischen Rezession gesprochen.

»Das häufig verwendete Kriterium für eine technische Rezession ist erfüllt«, kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer die Entwicklung. »Die massiv gestiegenen Energiepreise haben im Winterhalbjahr ihren Tribut gefordert.«

Ausgebremst wurde die Konjunktur vom schrumpfenden privaten Konsum. Dieser sank im ersten Quartal um 1,2 Prozent. Ein Grund dafür dürften die Kaufkraftverluste der Verbraucher infolge der hohen Inflation sein. Auch der Staatskonsum gab nach, und zwar um 4,9 Prozent. Positive Impulse kamen dagegen von den Investitionen, die um 3,9 Prozent wuchsen. Auch der Außenhandel stützte die Konjunktur.

Ein kräftiger Aufschwung ist vorerst nicht in Sicht. Die Bundesbank rechnet im Frühjahr zumindest mit einem leichten Wachstum. »Im zweiten Quartal 2023 dürfte die Wirtschaftsleistung wieder leicht ansteigen«, heißt es im aktuellen Monatsbericht. Nachlassende Lieferengpässe, hohe Auftragspolster und die gesunkenen Energiepreise dürften für eine Erholung in der Industrie sorgen. »Dies dürfte auch die Exporte stützen, zumal die globale Konjunktur wieder etwas Tritt gefasst hat«, erwartet die Bundesbank.

Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem BIP-Wachstum von 0,4 Prozent. 2024 soll es dann zu einem kräftigeren Anstieg von 1,6 Prozent reichen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatte es ein Wachstum von 1,8 Prozent gegeben.

Schlechte Stimmung in der Exportwirtschaft

Unterdessen machen aktuelle Konjukturindikatoren nur wenig Hoffnung auf einen Aufschwung. So hat sich die Stimmung in der deutschen Exportindustrie im Mai merklich verschlechtert. Das Barometer für die Exporterwartungen fiel auf 1,8 Punkte von 6,5 Zählern im April, wie das Münchner Ifo-Institut zu seiner Unternehmensumfrage mitteilte. Das ist der niedrigste Wert seit dem November 2022. »Die weltweiten Zinserhöhungen schlagen langsam auf die Nachfrage durch«, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. »Der deutschen Exportwirtschaft fehlt die Dynamik.«

Das Konsumklima hat sich dagegen zum achten Mal in Folge aufgehellt. Die GfK-Konsumforscher sagen für Juni einen Anstieg ihres Barometers um 1,6 auf minus 24,2 Punkte voraus. Das ist der höchste Stand seit April 2022. »Die Konsumstimmung liegt aber weiterhin unter dem niedrigen Niveau des Frühjahrs 2020 während des ersten Corona-Lockdowns«, sagte GfK-Experte Rolf Bürkl am Donnerstag zu der Umfrage unter 2000 Verbrauchern. Der Konsum werde daher in diesem Jahr wohl als Konjunkturmotor ausfallen.

»Hohe Preise für die Lebenshaltung verunsichern die deutschen Verbraucher.«

Marktforschungsinstitut GfK

Gestützt wurde die leichte Erholung von den Einkommenserwartungen, die ebenfalls den achten Monat in Folge zulegten. »Vor allem die Erwartungen an signifikant höhere, tarifliche Einkommenszuwächse sind für das optimistischere Stimmungsbild verantwortlich«, hieß es dazu. »Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass durch die Lohn- und Gehaltserhöhungen die Preissteigerungen zumindest teilweise kompensiert werden können.« Damit würden die Kaufkraftverluste weniger gravierend ausfallen als ursprünglich befürchtet. Angeschoben wurde das Konsumbarometer zudem durch eine geringere Sparneigung.

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Die Bereitschaft zu größeren Anschaffungen profitierte davon aber nicht. Dieser Indikator gab nach. »Hohe Preise für die Lebenshaltung verunsichern die deutschen Verbraucher«, erklärten die GfK-Experten diese Entwicklung. »Somit bleiben sie weiter überaus zurückhaltend bei ihren Anschaffungen.« Hinzu komme, dass die Diskussionen um ein neues Heizungsgesetz der Regierung vor allem den Immobilienbesitzern Sorgen bereite. Bei einem notwendigen Wechsel der Heizung würden zusätzliche Kosten durch energetische Sanierungsmaßnahmen wie der Wärmedämmung entstehen. »Dies dürfte die Konsumneigung zusätzlich belasten«, hieß es.

mic/Reuters
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