Mickrige Renditen Deutsche horten fast eine Billion Euro zinslos auf Girokonten

Der Ärger über die Europäische Zentralbank wächst. Zugleich aber lassen sich viele deutsche Sparer Rendite entgehen, wie eine neue Studie zeigt. Sie parken ihr Geld dort, wo es sich garantiert nicht vermehrt.
Foto: Arno Burgi/ picture alliance / dpa

Das Wehklagen in Deutschland über die Nullzinsen ist groß, ebenso wie die Wut über die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die von vielen für die schlechten Renditen verantwortlich gemacht wird. Sparbücher und Tagesgeldkonten, die bei den Bundesbürgern besonders beliebt sind, werfen kaum noch etwas ab.

Um den seit Jahren steigenden Aktienmarkt machen die meisten deutschen Sparer traditionell einen weiten Bogen. Stattdessen horten sie laut einer aktuellen Studie etwa ein Sechstel ihres auf 6200 Milliarden Euro bezifferten Geldvermögens auf Girokonten - die schon immer zinslos sind.

Ende 2018 schlummerten demnach auf Girokonten rund 890 Milliarden Euro, hat das Analysehaus Barkow Consulting im Auftrag des Hamburger FinTech-Unternehmens Deposit Solutions ermittelt. Basis der Erhebung sind Daten der Bundesbank, der Europäischen Zentralbank (EZB), des Statistischen Bundesamts, von Eurostat sowie des Instituts für Mittelstandsforschung.

Der Trend zeigt eindeutig nach oben: Ende 2017 lagen demnach 804 Milliarden Euro auf deutschen Girokonten, 2010 waren es keine 400 Milliarden Euro. Halte der Wachstumstrend an, so die Autoren der Studie, werde Ende 2019 die Grenze von einer Billion Euro unverzinster Giroguthaben fallen. Auf niedrig verzinsten Tagesgeldkonten dürften zudem weitere 566 Milliarden Euro schlummern.

Im Schnitt 12.400 Euro auf Girokonten

Viele Deutsche verzichten also freiwillig auf Rendite, indem sie ein Viertel ihres Geldvermögens zinslos oder fast zinslos parken. Das erstaunt insofern, als dass die Debatte über die Nullzinspolitik der EZB gerade in Deutschland äußerst hitzig geführt wird. Die EZB hatte den Leitzins 2016 auf null Prozent gesenkt, um die Wirtschaft im Euroraum zu stärken, und jüngst klargestellt, dass dieser Zins, zu dem sich die Banken bei ihr Geld leihen können, langfristig niedrig bleiben wird. Mit dieser Geldpolitik ist die EZB nicht allein, auch die Notenbanken in Japan, der Schweiz, Großbritannien und den USA halten die Leitzinsen  äußert niedrig oder sogar im negativen Bereich.

Pro Kopf haben die Deutschen (ab 14 Jahre) rechnerisch 12.400 Euro auf ihrem Girokonto. Dieser Durchschnittswert liegt weit unterhalb jener Grenze, ab der einige Sparkassen und Volksbanken ihren Privatkunden inzwischen Negativzinsen abverlangen. Bei einigen Banken schlägt der Negativzins ab 100.000 Euro zu, bei anderen erst ab 250.000 oder sogar 500.000 Euro.

Obwohl die "Strafzinsen" kaum jemanden betreffen dürften, ist die Aufregung groß - und dennoch parken viele Deutsche Geld dort, wo es keine oder kaum Zinsen gibt.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren