Devisen-Flucht Euro steigt auf über 1,08 Dollar

Der Euro steigt immer weiter und markiert gegenüber dem Dollar ein Dreijahres-Hoch. Eine wachsende Zahl von Anleger flüchtet wegen des ihrer Meinung nach bevorstehenden Irak-Kriegs in die europäische Gemeinschaftswährung.

Frankfurt am Main/Tokio - Devisenhändler reagierten damit offenbar auf den rauer werdenden Ton zwischen den USA und dem Irak. Gleichzeitig wächst anscheinend der internationale Widerstand gegen einen Krieg. Mittlerweile haben sich China, Russland und Kanada der Haltung Deutschlands und Frankreichs angeschlossen, sich nicht in einen Krieg zu stürzen.

Seiya Nakajima glaubt, dass diese Entwicklung den Druck auf den Greenback verstärkt: "Die Vereinigten Staaten scheinen isoliert zu sein, und das ist nicht gut für den Dollar", so der Chefvolkswirt bei Itochu in Tokio.

Der Euro notierte gegen 17 Uhr bei 1,0811 Dollar. "Der Markt konzentriert sich ausschließlich auf Irak", sagte Volkswirt Norihiro Tsuruta vom Shinko Research Institute. "Nach dem Bericht der Uno-Inspekteure am Montag wird US-Präsident George W. Bush am Dienstag eine Rede halten. Ich denke, der Markt wird vorher versuchen, seine Gedanken zu lesen", so Tsuruta.

Was macht Bush?

Nach den Worten von John Bolton, dem Abrüstungsbeauftragten der US-Regierung, haben die USA Beweise dafür, dass Irak weiterhin über Massenvernichtungswaffen verfügt. Diese Beweise würden "zu gegebener Zeit und auf angemessene Weise" vorgelegt, sagte Bolton in Tokio.

Die USA würden aufmerksam den für Montag erwarteten Bericht der UNO-Waffeninspektoren lesen. Die eigentliche Frage sei jedoch nicht, was die Inspektoren gefunden oder nicht gefunden hätten, sondern, ob Irak die UNO-Resolutionen eingehalten habe, sagte Bolton.

Euro als Exportkiller?

Die Europäische Kommission betrachtet den jüngsten Anstieg des Euro gelassen. Kommissionssprecher Gerassimos Thomas sagte am Freitag in Brüssel: "Der Euro ist sehr lange Zeit unterbewertet gewesen. Über die vergangenen sechs Monate sehen wir eine Korrektur, die mehr den Fundamenten der Wirtschaft in der Euro-Zone entspricht."

Mit Blick auf den Einfluss des Euro-Kurses auf die Konjunktur sagte Thomas: "Wenn es zu Ausschlägen des Euro-Kurses kommt, hat das kurz- und mittelfristig Auswirkungen auf die Wirtschaft in der Euro-Zone. Aber man sollte im Hinterkopf behalten, das 90 bis 95 Prozent des Handels auf den Binnenhandel entfallen."

Nach Einschätzung von Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser stellt der Anstieg des Euro derzeit keine Belastung für die exportorientierte deutsche Wirtschaft dar. "Bislang erkenne ich kein Problem, aber wir müssen selbstverständlich wachsam sein, was die weitere Kursentwicklung angeht", sagte Koch-Weser der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos.

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