Die reichsten Deutschen Schmidt - die Bankiers für jedermann
Wunsiedel, ein kleiner Ort im Fichtelgebirge: Hier gründete vor 173 Jahren Christian Carl Matthäus Schmidt ein Geldhaus, das sich über fünf Generationen hinweg zu einer der größten deutschen Privatbanken entwickelt hat. Zuvor hatte der Tuchmachersohn mit Heilkräutern aus dem Fichtelgebirge gehandelt. Als 1893 sein Nachkomme Geheimrat Karl Schmidt die erste Niederlassung im Nachbarstädtchen Marktredwitz eröffnete, begann der Ausbau des Filialnetzes in der Region, aus der die SchmidtBank heute nicht mehr wegzudenken ist.
Wunsiedel, Marktredewitz und Schmidt - drei Worte, die bezeichnend sind für die Familienbank und ihre 6,6 Milliarden Mark schweren Besitzer. "Wir sind, wie der Name Schmidt schon sagt, eine Bank für jedermann", sagt Karl Gerhard Schmidt, als persönlich haftender Gesellschafter derzeitiges Bank-Oberhaupt in der fünften Generation. Sein Herz schlägt für den Mittelstand. Als unternehmerisch denkender Bankier könne er sich in mittelständische Firmenkunden hineinfühlen.
Dieses Feingefühl bewahrte in der Vergangenheit zahlreiche Unternehmer der oberfränkischen Altindustrie - Porzellan, Textilien -, die zuvor mit ihren Kreditwünschen bei der Konkurrenz abgeblitzt waren, vor dem sicheren Untergang. "Dort, wo Chancen bestehen, bleiben wir drin", so Karl Gerhard Schmidt, Bankier ohne Allüren, der sich gerne volksnah gibt.
Aufbruch gen Osten
Nach dem Mauerfall direkt vor der Haustür von Hof, dem heutigen Stammsitz der Familienbank, begann Karl Gerhard Schmidt schnell sein Filialnetz Richtung Osten auszubreiten. Im Februar 1990 eröffnete er das erste Büro im thüringischen Plauen. Heute befindet sich ein Drittel der rund 140 SchmidtBank-Filialen in Thüringen und Sachsen.
Aber die SchmidtBank ging nicht nur in die Fläche. Die Übernahme der Thurn & Taxis-Bank 1992 brachte wohlbetuchte Klientel ins Haus. Jedoch stutzte Schmidt das Exklusivinstitut auf Jedermann-Maß zurecht. Vormals fürstliche Gebühren für das Wertpapiergeschäft wurden gesenkt. Anders als bei der größten deutschen Privatbank, Sal. Oppenheim, sollten auch Kunden mit einem Vermögen unter der Millionen-Grenze willkommen sein.
Geburtsstunde des Online-Bankings
Für jene, die es ganz günstig wünschen, richtete sein jüngster Sohn Karl Matthäus 1994 die Discount-Broker-Gesellschaft Consors ein. Schmidt junior studierte zu der Zeit noch BWL in Nürnberg-Erlangen. Mit einer zwei Millionen-Mark-Spritze vom Vater machte er wahr, wovon zu der Zeit in zahlreichen Großbanken noch nicht einmal geträumt wurde.
Zunächst konnte bei Consors nur per Telefax geordert werden. Doch Karl Matthäus gehörte zu den Ersten, die die Möglichkeiten des Internet erkannten. Der Börsengang von Consors spülte einen Emissionserlös in dreistelliger Millionenhöhe ein. Heute gehört Karl Matthäus Schmidt zu DEN Gesichtern der New Economy. Zurzeit lassen allerdings die miserable Börsenlage und ein schlechtes erstes Quartal Gerüchte über einen Verkauf von Consors laut werden.
Darüber hinaus wird spekuliert, wann und ob Schmidt junior seinen Vater an der Spitze der SchmidtBank ablöst. Denn dass Karl Gerhard Schmid nicht Ewigkeiten dieses Amt bekleiden will, ist ausgemacht. Sein Herz schlägt außer für die finanziellen Belange jedermanns für klassische Musik und die bildenden Künste. Seit Jahrzehnten ist der Wagnerianer Mitglied des Vereins Freunde von Bayreuth und seit zwei Jahren Vorsitzender. Daneben setzt sich Schmidt senior für zahlreiche Museen ein, und wie das Geldgeschäft gehört zur SchmidtBank die SchmidtBank-Galerie. Bei aller Bodenständigkeit lässt sich der Bankier eben gerne ab und zu von der Kunst beflügeln.
Katy Hillmann