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TARIFPOLITIK Echter Mindeststandard

aus DER SPIEGEL 12/1997

Werner Stumpfe, 59, Gesamtmetall-Präsident, über die Reform des Flächentarifvertrages

SPIEGEL: Herr Stumpfe, IG-Metall-Vize Walter Riester spricht sich für Härtefallregelungen aus, der Vorsitzende Klaus Zwickel denkt über Branchentarifverträge nach. Erkennen Sie diese Gewerkschaft noch wieder?

STUMPFE: Ich begrüße sehr, daß in die sehr starren Positionen der IG Metall etwas Bewegung kommt, wenn auch erst spät. Wir müssen den Flächentarif vor allem den Anforderungen der globalisierten Wirtschaft anpassen. Es geht um die großen Unterschiede zwischen den Betrieben. Betreffen diese Unterschiede eine ganze Branche oder Region, sind wir ganz nahe bei Herrn Zwickel. Aber große Differenzen bestehen auch innerhalb vieler Branchen. Hier brauchen wir Bewegungsräume für die Betriebe.

SPIEGEL: Die Gewerkschaft bewegt sich, Sie fordern stereotyp betriebliche Öffnungsklauseln. Fällt Ihnen denn nichts anderes ein?

STUMPFE: Ganz im Gegenteil. Uns sind viele Neuerungen eingefallen. Wir möchten den Flächentarifvertrag zum Beispiel durch zusätzliche, attraktive Optionen ergänzen. Wir wollen, daß die aktuelle Ertragslage der Unternehmen stärker berücksichtigt wird. So könnten zum Beispiel die vermögenswirksamen Leistungen an den Unternehmenserfolg gekoppelt werden: In schlechten Zeiten gibt es weniger oder gar kein Geld, dafür wird in guten mehr als heute gezahlt. Die Öffnungsklauseln sind besonders wichtig, um Unternehmen und Arbeitsplätze zu retten.

SPIEGEL: Unterschiedliche Ertragslagen in einer Branche gehören zur Marktwirtschaft. Müssen Öffnungsklauseln deshalb nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen?

STUMPFE: Wettbewerb bei den Arbeitsbedingungen gehört ebenfalls zur Marktwirtschaft. Am schönsten wäre, wir benötigten keine Öffnungsklauseln, weil die Tarifverträge nicht nur juristisch, sondern auch ökonomisch echte Mindestbedingungen enthielten. Davon sind wir leider weit entfernt.

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