Einigung der Eigentümer Volkswagen soll Macht bei Porsche übernehmen
Frankfurt am Main - Der wohl spannendste Wirtschaftskrimi der vergangenen Jahre geht zu Ende: Porsche-Chef Wendelin Wiedeking muss nach SPIEGEL-Informationen gehen - sein Plan, den 15-mal größeren VW-Konzern zu schlucken, ist gescheitert. Stattdessen übernimmt im Gegenzug nun offenbar Volkswagen die Macht bei Porsche.

Embleme von VW und Porsche: Wolfsburg startet Gegenübernahme
Foto: ddpKonkret wollen die Wolfsburger mit knapp 50 Prozent bei den Zuffenhausenern einsteigen. Im Anschluss soll Porsche als zehnte Marke in den VW-Konzern integriert werden. Dies berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Konzernkreise. Demnach haben sich die Porsche-Eigentümerfamilien Porsche und Piëch darauf verständigt, dem Volkswagen-Plan zuzustimmen. Die Nachrichtenagentur Reuters meldet, dass auch Wolfgang Porsche, der Porsche-Aufsichtsratschef, hinter dem Plan stehe.
Die Entscheidung geht offenbar einher mit dem Abgang von Noch-Porsche-Chef Wiedeking. Nach SPIEGEL-Informationen wird er durch den bisherigen Produktionsvorstand Michael Macht ersetzt.
Wolfgang Porsche dementierte dies am Freitagabend. "Spekulationen" über Michael Macht als Wiedekings Nachfolger weise er zurück. Wiedeking sei weiter Chef der Porsche AG und der Porsche Holding. Auch der Vizeaufsichtsratsvorsitzende und Betriebsratschef Uwe Hück stellte sich hinter seinen Chef: "Wiedeking ist Vorstandschef, und er wird es bleiben."
Doch die Börse sieht das bereits anders: Porsche-Aktien notierten am Nachmittag rund 1,3 Prozent im Minus - trotz eines insgesamt positiven Handelsumfelds. Dass die Kursreaktion verhältnismäßig moderat ausfiel, erklärte ein Händler damit, dass bereits seit längerem entsprechende Gerüchte kursierten. Wiedekings Abgang sei dann keine große Überraschung mehr. Die Stammaktien von Volkswagen sanken um 0,3 Prozent, für Vorzugsaktien ging es rund 1,7 Prozent nach unten. Die endgültige Entscheidung über die Zukunft von Porsche und Volkswagen wird auf den Aufsichtsratssitzungen am kommenden Donnerstag erwartet.
Dass Wiedekings Abgang unmittelbar bevorsteht, zeigt auch seine Anfrage bei einem renommierten Stuttgarter Arbeitsrechtler. Laut dpa hat der Noch-Vorstandsvorsitzende für seine Abfindungsverhandlungen den Experten Jobst-Hubertus Bauer engagiert. Dies hatte vor kurzem auch schon die "Financial Times Deutschland" berichtet.
Wiedeking soll seit längerer Zeit Bauers Klient sein. Der Arbeitsrechtler hatte bereits für mehrere Spitzenmanager millionenschwere Abfindungen herausgeholt. Laut "Süddeutscher Zeitung" könnte Wiedeking mehr als hundert Millionen Euro bekommen.
Mit Wiedekings bevorstehendem Abgang beginnt für den Sportwagenhersteller eine neue Ära. Wiedeking hatte die Übernahmeschlacht vor rund zwei Jahren eröffnet, indem er Europas größten Autokonzern Volkswagen übernehmen wollte. Bei der Finanzierung hat sich der Manager jedoch verhoben - nun wird Porsche seinerseits übernommen. Als eine Marke von vielen innerhalb des VW-Konzerns dürfte das Zuffenhausener Unternehmen seine Selbständigkeit verlieren. Laut der Nachrichtenagentur Reuters ist aber auch noch ein nicht näher bezeichneter "Mittelweg" möglich.
Gewinner wäre in jedem Fall VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch. Er plant seit langem einen Groß-Autokonzern, der vom Kleinwagen über Sportwagen bis zum Lkw alle Fahrzeugtypen herstellt. Mit der Porsche-Übernahme wäre sein Lebenswerk vollendet.
Katar soll Großaktionär werden
Eine entscheidende Rolle dürfte in Zukunft dem Emirat Katar zukommen. Laut Reuters sollen die Araber von Porsche für fünf Milliarden Euro Optionen auf VW-Aktien übernehmen. So könnte Katar eine Beteiligung von rund 20 Prozent der VW-Stimmrechte erwerben. Bei der Stuttgarter Konzernholding Porsche SE blieben damit die Familien Piëch und Porsche allein stimmberechtigt. Die Porsche SE führt das Sportwagengeschäft und kontrolliert mit 51 Prozent mehrheitlich die Stimmrechte bei VW. An Details wie Bewertungs- und Steuerfragen wird demnach noch gefeilt.
Katar geht es Finanzkreisen zufolge in erster Linie darum, sich an einem fusionierten Konzern zu beteiligen. Bislang stand Katar jedoch nur mit Porsche in Verhandlungen, Gespräche mit VW gab es nicht.
Außer Piëch gehört Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff (CDU) zu den großen Gewinnern der sich nun abzeichnenden Lösung. Er sagte, bei den Aufsichtsratssitzungen von Porsche und VW in der kommenden Woche werde es große Zustimmung für das geplante Zusammengehen geben, ebenso wie für den Einstieg des Emirats Katar bei VW. Wulff sagte der "Wirtschaftswoche", in den Aufsichtsratssitzungen "sollte am Donnerstag eine Grundsatzvereinbarung für einen integrierten Automobilkonzern eine breite Mehrheit bekommen". Katar werde VW-Aktionär mit einem Anteil von 15 bis 20 Prozent.
Porsche-Image leidet
Einen Einstieg Katars bei Porsche werde es hingegen nicht geben, sagte Wulff. Katar wolle nicht einseitig Porsche-Chef Wendelin Wiedeking stützen, sondern sich an einem integrierten Volkswagen-Porsche-Konzern beteiligen.
Laut einer Studie hat der Übernahmestreit mit Volkswagen das Image von Porsche massiv geschwächt. Laut "Wirtschaftswoche" geht dies aus der Analyse des Kölner Marktforschungsinstituts YouGov Psychonomics hervor. Demnach brachen die Imagewerte für Porsche seit April um rund 20 Prozent auf nur noch 49 Indexpunkte ein. Im Gegensatz dazu wurde die Marke Volkswagen bei den Bundesbürgern immer beliebter und erreicht mit rund 68 Punkten aktuell ein Zwölfmonathoch.
Bis zum Jahresanfang hatte Porsche den Angaben zufolge lange deutlich vor VW gelegen und war eine der beliebtesten deutschen Automarken. "Damit deutet sich auch an, wer bislang von den Verbrauchern im Machtkampf zwischen den beiden Autobauern als Gewinner gesehen wird", schreibt Marktforscher Boris Hedde in seiner Analyse.