Eisenbahn-Bundesamt Mit Absicht verrechnet?
München - Um knapp eine Milliarde Mark soll das Eisenbahnbundesamt vor vier Jahren die ICE-Neubaustrecke von München über Ingolstadt nach Nürnberg heruntergerechnet haben. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" und beruft sich auf einen Prüfbericht, den der Bahnvorstand dem Aufsichtsrat überreicht hat. Der Bund und das Land Bayern hätten damals nach Darstellung von Deutsche-Bahn-Managern auf einen raschen Vertragsabschluss gedrängt. In dem Bericht heißt es der Zeitung zufolge, dass "starker politischer Druck" mit im Spiel gewesen sei.
Trotz großer Bedenken des Bundesrechnungshofes hätten die Regierung Kohl und die bayerische CSU-Regierung für die Strecke über Ingolstadt plädiert. Deshalb kamen den beiden Regierungen niedrige Kostenvoranschläge gelegen. Die Fahrzeit auf dieser Strecke sei kürzer, lautetete damals die offizielle Begründung. Der Bundesrechnungshof hatte damals die billigere Strecke über Augsburg favorisiert.
Die Bahn ermittelte Ende 1995 Baukosten von mehr als 4,7 Milliarden Mark. Das Eisenbahn-Bundesamt, das für den Bund unter anderem Projekte wie neue ICE-Strecken berechnet, habe die Summe neun Monate später in einem Vermerk um 932 Millionen Mark gekürzt, so die Zeitung. Den Prüfern zufolge habe das Amt von der Rechnung der Bahn 416 Millionen Mark "ohne stichhaltige Begründungen" abgezogen. Die Bahn habe davon nur eine teilweise Kürzung von 120 Millionen Mark anerkannt. In der Finanzierungsvereinbarung von Bahn und Regierung wurden dann als Preis 3,8 Milliarden festgeschrieben. Der Bund war zur Zahlung dieses Betrags bereit. Die Bahn übernahm das Risiko von Kostensteigerungen.
Nach neuesten Berechnungen werde die Strecke um bis zu 1,6 Milliarden Mark teurer, berichtet das Blatt. Um Geld zu sparen, erwäge die Bahn jetzt, den Abschnitt zwischen München und Ingolstadt nur noch für eine Geschwindigkeit von 160 statt wie geplant 190 Stundenkilometern auszubauen.