Gesetzesänderung für Energiekrise Im Extremfall sollen auch Enteignungen möglich sein

Stilllegungen von Gasspeichern sollen künftig von der Bundesnetzagentur genehmigt werden müssen
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Angesichts der massiven Folgen des Ukrainekriegs für die Energiesicherheit hat die Bundesregierung eine Stärkung der staatlichen Kontrollmöglichkeiten auf den Weg gebracht.
Das Bundeskabinett beschloss in einem schriftlichen Umlaufverfahren eine Novelle des noch aus dem Jahr 1975 stammenden Energiesicherungsgesetzes, wie das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin mitteilte. Im Krisenfall sollen Unternehmen, die kritische Energieinfrastruktur betreiben, unter treuhänderische Verwaltung des Staates gestellt werden können. Im Extremfall ist auch eine Enteignung möglich. Das sah das Gesetz zwar bereits vor, die Möglichkeit soll aber nun klarer gefasst werden.
Der Entwurf ist als sogenannte Formulierungshilfe beschlossen und soll in einem nächsten Schritt über die Fraktionen der Regierungskoalition in den Bundestag eingebracht werden.
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine habe zu einer angespannten Energiesituation geführt, erklärte Minister Robert Habeck (Grüne). »Die Preise sind hoch, die Unsicherheit groß , Risiken vorhanden. Wir müssen uns daher darauf vorbereiten, dass sich die Lage zuspitzt.« Deshalb würden die Instrumente noch einmal deutlich nachgeschärft. »Damit können wir die Krisenvorsorge stärken und schnell und umfassend handeln. Es geht darum, alles zu tun, um die grundlegende Versorgung aufrechtzuerhalten.«
Das Energiesicherungsgesetz stamme ursprünglich aus den Zeiten der ersten Ölkrise in den Siebzigerjahren und werde nun einem umfassenden »Update« unterzogen, so das Ministerium. Bund und Behörden sollen bei einer unmittelbaren Gefährdung oder Störung der Energieversorgung weitreichende Handlungsmöglichkeiten zur Krisenbewältigung an die Hand bekommen und dann im Wege von Verordnungen nutzen können.
Die »Ultima Ratio«
Dazu gehört, dass Unternehmen, die kritische Energieinfrastruktur betreiben, bei Bedarf unter eine Treuhandverwaltung gestellt werden können – »und zwar dann, wenn sie ihren Aufgaben nicht mehr hinreichend nachkommen und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht«, erklärte das Ministerium. »Als Ultima Ratio ist unter klar benannten und engen Bedingungen auch eine Enteignung möglich, wenn die Sicherung der Energieversorgung nicht anders gewährleistet werden kann.«
Auch Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz sind nach Ministeriumsangaben Teil der Novelle und sollen ebenfalls die Krisenvorsorge stärken. So muss künftig eine Stilllegung von Gasspeicheranlagen angezeigt und von der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Dies soll verhindern, dass ohne Wissen der Netzagentur und der Bundesregierung Gasspeicher stillgelegt werden und dadurch die Energieversorgung gefährdet wird.
Anfang des Jahres, vor der russischen Invasion in die Ukraine, sorgten niedrige Stände in Gasspeichern in Deutschland, die von Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Gazprom betrieben werden, für Aufsehen. Unter anderem der Chef des Energiekonzerns RWE, Markus Krebber, hatte deswegen staatliche Eingriffe für mehr Versorgungssicherheit gefordert.