Energiestreit mit Russland Opposition verlangt von Merkel klare Worte
Hamburg/Tomsk - Die Energiebranche in Russland hatte vor der Ankunft von Angela Merkel in Tomsk gedroht, dass sich Russland bei den Energielieferungen von den europäischen Kunden zu asiatischen Abnehmern hinwenden könnte, falls die EU Expansionsbestrebungen behindern würde.
Die Parteichefin der Grünen, Claudia Roth, sagte den "Ruhr Nachrichten": "Ich erwarte von Bundeskanzlerin Merkel, dass sie bei ihren Gesprächen mit der russischen Regierung in Tomsk deutliche Worte findet und offen anspricht, dass es keinen Erpressungsversuch durch Gasprom geben darf." Auch Altbundeskanzler Gerhard Schröder müsse als Aufsichtsratsvorsitzender der Gasprom-Tochter, die für den Bau der neuen Ostsee-Pipeline verantwortlich ist, die deutschen Interessen im Blick haben. "Jetzt hat Schröder diesen Posten, und jetzt muss er dazu beitragen, dass es keine Erpresser-Nummer wird."
Auch FDP-Chef Guido Westerwelle forderte die Kanzlerin auf, darauf zu dringen, dass sich Deutschland nicht erpressbar mache. "Es geht hier nicht nur um Versorgungssicherheit, sondern auch um politische Neutralität", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Es sei ein schwerer Fehler, dass die Bundesregierung mit dem Vollzug des Atom-Ausstiegs die Abhängigkeit von Gasprom noch vergrößere.
Der Ex-Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP), sagte der "Thüringer Allgemeinen", Gasprom mache einen schweren Fehler, indem es die Vertragstreue Russlands in Frage stelle. Es werde offenbar nicht nur wirtschaftliches Entgegenkommen, sondern auch politische Willfährigkeit erwartet. "Darauf kann sich Kanzlerin Merkel niemals einlassen."
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte kurz vor dem Eintreffen Merkels gestern zu den 8. deutsch-russischen Regierungskonsultationen beklagt, dass Russland beim Einstieg in ausländische Energiemärkte benachteiligt werde. Deshalb suche das Land nach neuen Absatzmärkten, beispielsweise durch den Bau einer ersten Ölpipeline zur Versorgung Chinas. Später sicherte Putin der Kanzlerin jedoch zu, dass bereits geschlossene Verträge eingehalten würden.
Wille zu zuverlässigen Lieferungen
Der russische Wirtschaftsminister German Gref bekräftigte heute den Willen zu verlässlichen Energielieferungen nach Europa auf Jahrzehnte hinaus. "Wie hoffen, dass auf 30, 40 Jahre hinaus niemand Grund hat zu sagen, Russland sei als Lieferant weniger zuverlässig geworden", sagte Gref vor Spitzenmanagern beider Länder in Tomsk.
Zum Abschluss der deutsch-russischen Konsultationen sind heute eine Tagung mit deutsch-russischen Wirtschaftsvertretern und die Unterzeichnung der Wirtschaftsabkommen geplant. Unter anderem will der russische Gasriese Gasprom heute in Tomsk einen Vertrag unterzeichnen, der einen Anteil an der Gasförderstätte Juschno-Russkoje an die BASF-Tochter Wintershall abtritt. Zudem wollen Vertreter der russlanddeutschen Minderheit der Kanzlerin ihre Sorgen vortragen.
Der E.on-Konzern einigte sich dagegen nicht mit Gasprom auf eine Beteiligung an der Ausbeutung des sibirischen Gasfelds Juschno Russkoje geeinigt. "Wir unterzeichnen nichts", sagte E.on-Ruhrgas-Chef Burckhard Bergmann heute auf der Hannover Messe. Die Verhandlungen mit Gasprom würden fortgesetzt. Der Konzern verhandelt seit knapp zwei Jahren über eine Beteiligung an dem Gasfeld und strebt einen Anteil von 25 Prozent an.
kaz/dpa/Reuters