Entsorgung von Giftpapieren Regierung einigt sich auf doppelte Bad Bank

Für jede Bank das passende Rettungspaket: Die Bundesregierung hat sich laut Koalitionskreisen auf zwei Modelle geeinigt, mit denen die Banken ihre Schrottpapiere loswerden können. Künftig soll es je eine Bad Bank für private Institute und für die Landesbanken geben.

Berlin - Die Zeit drängt, denn bis Mitte Mai muss das Konzept stehen: Die Bundesregierung hat sich nach Angaben aus Koalitionskreisen auf zwei Modelle zur Bereinigung der Bank-Bilanzen von Schrottanlagen geeinigt. Danach sind für Privatbanken Bad Banks in Form von Zweckgesellschaften vorgesehen, hieß es am Montag aus Koalitionskreisen. Gleichzeitig wird es vorrangig für die Landesbanken ein Modell "Anstalt in der Anstalt" (Aida) geben, das eine öffentlich-rechtliche Rechtsform haben werde.

Bankentürme in Frankfurt am Main: Misstrauen vieler Bankhäuser untereinander noch immer nicht geschwunden

Bankentürme in Frankfurt am Main: Misstrauen vieler Bankhäuser untereinander noch immer nicht geschwunden

Foto: DDP

"Die Entscheidung im Kanzleramt ist gefallen", sagte ein Insider. Es werde an den konkreten Gesetzestexten gearbeitet. Dazu kämen Vertreter von Kanzleramt, Finanz-, Wirtschafts- und Justizministerium am Mittwoch zu erneuten Gesprächen zusammen.

Kreditvergabe noch immer zögerlich

Die Spitzen der Regierung hatten sich am 21. April mit Kanzlerin Angela Merkel darauf verständigt, bis Mitte Mai Bad-Bank-Modelle auf die Beine zu stellen. Es soll helfen, die Bankbilanzen von Milliardenrisiken wegen der Finanzkrise zu befreien. Dabei soll der Bund Garantien übernehmen, eine Belastung der Steuerzahler aber möglichst vermieden werden. Nach Angaben aus Regierungskreisen zielen die Modelle auf Anlagen im Umfang von etwas weniger als 200 Milliarden Euro ab. Der Nominalwert der "toxischen Wertpapiere", die derzeit wegen Wertverfalls praktisch nicht mehr handelbar sind, wird auf 500 bis 1000 Milliarden Euro geschätzt.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte der Kanzlerin bereits vor zwei Wochen ein Konzept zugeleitet. Schon damals war Konsens, dass es keine zentrale Bad Bank geben werde, sondern dass nach Lösungen für einzelne Institute gesucht wird. Danach sollen Finanzinstitute ihre derzeit unverkäuflichen Wertpapiere in Zweckgesellschaften zwischenlagern und so mit ihren dann gereinigten Bilanzen wieder Vertrauen im Markt zurückgewinnen. Einen Teil der Belastungen soll der Staat mit staatlichen Garantien abfedern.

Die Zeit für eine solche Lösung drängt, weil trotz eines staatlichen 480 Milliarden Euro starken Topfs des Bankenrettungsfonds Soffin das Misstrauen vieler Bankhäuser untereinander noch immer nicht geschwunden ist. Die Folge: Die Banken bewilligen immer noch nur sehr zögerlich Kredite - sowohl untereinander als auch gegenüber der Privatwirtschaft.

Am Montag haben sich deshalb die Finanzminister des Bundes und der betroffenen Länder in Berlin getroffen, um eine Lösung für den Umgang mit den sogenannten toxischen Wertpapieren in den Bilanzen vieler deutscher Banken zu finden. Grundlage für die Gespräche dürfte eine streng vertrauliche Aufstellung der Finanzaufsicht BaFin zu Risiken deutscher Banken in einem Umfang von zuletzt 816 Milliarden Euro sein.

"Kein Platz für sieben Landesbanken"

Zu Details des Treffens, an dem unter anderem auch Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU), der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (beide CDU) teilnahmen, wollte sich Steinbrück nicht äußern. "Es gibt eine breite Einigung darüber, dass das Thema der Bilanzbereinigung von einer erheblichen Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des deutschen Bankensektors ist, weil immer mehr Eigenkapital verzehrt wird durch den Abwertungswettlauf, den es für diese Schrottpapiere gibt", sagte Steinbrück lediglich. Dies hindere die Banken, "ihr Eigenkapital konstruktiv nach vorne auch im Sinne der Konjunktur für die Vergabe von Krediten an den Mittelstand oder auch an große Unternehmen zu nutzen".

Es seien nach wie vor zwei Modelle auf dem Markt, erklärte Steinbrück. Das sind das sogenannte Zweckgesellschaftsmodell sowie das Anstaltsmodell. Derzeit werde geprüft, ob sich diese Modelle zusammenführen ließen. Dafür werde es noch weitere Treffen geben.

Daneben sei über die Konsolidierung und Restrukturierung der Landesbanken gesprochen worden, fügte der Bundesfinanzminister hinzu. Diese Konsolidierung solle "nicht abrupt, aber in bestimmten Schritten" erfolgen, "weil meine persönliche Auffassung ist, dass für sieben selbstständige Landesbanken in Deutschland kaum Raum ist, wenn sie ein tragfähiges Zukunftsmodell wollen".

Steinbrücks Sprecher Torsten Albig äußerte sich zudem zu der BaFin-Liste über milliardenschwere Banken-Risiken. "Diese Liste sagt über die Kreditwürdigkeit der Institute gar nichts aus, überhaupt rein gar nichts", sagte er. Die Liste solle vielmehr beschreiben, "wie müsste die Konzeption einer Bad Bank oder mehrerer Bad-Bank-Lösungen aussehen, um den Bedürfnissen der deutschen Banken gerecht zu werden", erläuterte er weiter. Aussagen über die Zukunftsfähigkeit der deutschen Banken seien hingegen "aus diesem Papier nicht ableitbar".

Treffen muss Ergebnisse bringen

Aus der von der "Süddeutschen Zeitung" veröffentlichten, streng vertraulichen BaFin-Aufstellung geht hervor, dass sich die Risiken der Kreditinstitute aus ausfallgefährdeten Krediten und toxischen Papieren auf 816 Milliarden Euro belaufen. Albig verwies am Montag auf eine bereits zuvor getroffene Einschätzung der Bundesregierung, wonach allein das Risiko aus den toxischen Papieren ungefähr 300 Milliarden Euro betrage.

Der Zeitung zufolge ist neben der Hypo Real Estate   (HRE) und mehreren Landesbanken auch die Commerzbank   besonders stark betroffen. Dort seien laut der Aufstellung Wertpapiere und Kredite im Wert von 101 Milliarden Euro von der Finanzkrise betroffen, 49 Milliarden Euro davon kämen aus den Büchern der übernommenen Dresdner Bank. Deutlich besser stünden die Deutsche Bank   mit 21 Milliarden Euro sowie die Postbank   und die HypoVereinsbank   mit jeweils fünf Milliarden Euro da.

Sprecher der Commerzbank und der HSH Nordbank hatten der Wirtschaftsnachrichtenagentur Dow Jones gesagt, ihre Institute könnten die jeweiligen Zahlen "nicht nachvollziehen". Vertreter mehrerer anderer Häuser, darunter der HRE, hatten den Bericht nicht kommentieren wollen.

Nach Informationen des SPIEGEL muss das Treffen am Montag unbedingt Ergebnisse bringen. Andernfalls sei eine Lösung vor der Sommerpause kaum noch möglich. Dann könne aber zumindest eine Landesbank existentiell bedroht sein. In Regierungskreisen wurde allerdings abgewiegelt. Bei dem Treffen gehe es um einen Meinungsaustausch. Der Bund wolle den betroffenen Ländern sein Konzept der Band Banks erläutern.

sam/Reuters/dpa-AFX/ddp
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