Zeitdruck, Bezahlung, Anerkennung Es könnte 300.000 Pflegekräfte mehr geben – wenn die Bedingungen stimmten

Zahlreiche Pflegefachkräfte haben den Job verlassen – aber man könnte viele von ihnen zurückholen, zeigt eine Studie. Profitieren würden nicht nur die Pflegerinnen und Pfleger.
Hier wird’s intensiv: Die Arbeitssituation von Pflegekräften ist in allen Bereichen stark angespannt

Hier wird’s intensiv: Die Arbeitssituation von Pflegekräften ist in allen Bereichen stark angespannt

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Felix Kästle / dpa

Wenn sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege deutlich verbessern würden, stünden mindestens 300.000 Vollzeit-Pflegekräfte mehr zur Verfügung. Das ist das Ergebnis einer Studie, das von der Bremer Arbeitnehmerkammer veröffentlicht wurde.

Die Zahl setzt sich demnach zusammen aus 263.000 Berufsaussteigern, die zurückkehren könnten, und 39.000 Teilzeitkräften, die ihre Arbeitszeit aufstocken könnten. Optimistisch gerechnet könnten es sogar 583.000 Rückkehrer und 78.000 Arbeitszeit-Aufstocker sein, heißt es in der Studie.

An der Onlinebefragung »Ich pflege wieder, wenn...« haben im vergangenen Jahr rund 12.700 Aussteiger sowie in Teilzeit beschäftigte Pflegekräfte teilgenommen. Die Untersuchung baut auf einer Bremer Pilotstudie auf und ist Ergebnis einer Kooperation der Arbeitnehmerkammer Bremen, der Arbeitskammer im Saarland und des Instituts Arbeit und Technik (IAT), Westfälische Hochschule in Gelsenkirchen. Die DGB-nahe Hans-Böckler-Stiftung hat die Studie gefördert.

An erster Stelle steht für die Befragten eine Personaldecke, die sich tatsächlich am Bedarf der pflegebedürftigen Menschen ausrichtet. Außerdem wünschen sich Pflegekräfte eine bessere Bezahlung und verlässliche Arbeitszeiten.

Mehr Zeit für menschliche Zuwendung zu haben, nicht unterbesetzt arbeiten zu müssen und verbindliche Dienstpläne sind für die Befragten weitere zentrale Bedingungen. Ebenso wünschen sie sich respektvolle Vorgesetzte, einen kollegialen Umgang mit allen Berufsgruppen, Augenhöhe in der Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten, eine vereinfachte Dokumentation und eine bessere Vergütung von Fort- und Weiterbildungen.

Im kommenden Jahrzehnt geht eine halbe Million Pflegekräfte in Rente

In der Pflege herrscht bundesweit ein eklatanter Fachkräftemangel. Dieser wird sich der Studie zufolge weiter zuspitzen – allein in den nächsten zehn bis zwölf Jahren gehen 500.000 Pflegefachkräfte in Rente. Es dauere aktuell 230 Tage, bis die Stelle einer Krankenpflegefachkraft besetzt werden kann, 210 Tage für die Stellenbesetzung einer Altenpflegefachkraft. »Es muss uns zeitnah gelingen, Pflegekräfte zu gewinnen. Das ist eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen dieser Zeit«, erklärte die Geschäftsführerin der Bremer Arbeitnehmerkammer, Elke Heyduck.

Die Hälfte der Teilzeitbeschäftigten und sogar 60 Prozent der Ausgestiegenen könnten sich eine Rückkehr in den Beruf oder ein Aufstocken der Stunden vorstellen, heißt es in der Studie. »Das ist eine sehr gute Nachricht für die Pflege – doch diese Fachkräfte kommen nicht von allein zurück«, erklärte Heyduck. »Die Pflegebeschäftigten wissen sehr genau, was sich ändern muss, damit sie ihren verantwortungsvollen Beruf so ausüben können, wie es ihren fachlichen Vorstellungen und ihrer Ausbildung entspricht.«

mamk/AFP
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