EU-Wiederaufbaufonds Rechnungsprüfer warnen vor Brüsseler Geldflut

Die Europäische Union muss in den nächsten Jahren so viel Geld ausgeben wie noch nie. Das birgt Gefahren, warnt der Europäische Rechnungshof. Parlamentarier befürchten Korruptionsfälle.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen

Foto: Kenzo Tribouillard/ AFP

Für viele Regierungen ist der neue EU-Wiederaufbaufonds ein willkommenes Geschenk, Europas Haushaltsaufseher aber wittern Gefahr. Für die korrekte Verwendung der 750 Milliarden Euro bestünden in den kommenden Jahren erhebliche »Risiken und Herausforderungen«, heißt es im neuen Jahresbericht des Europäischen Rechnungshofs, der dem SPIEGEL vorab vorliegt. Fazit: Manchmal wachsen die Probleme, wenn es eher zu viel Geld gibt als zu wenig.

Nach der Kalkulation der Behörde hat die EU in den nächsten sieben Jahren fast 1,8 Billionen Euro an Haushalts- und Fondsmitteln zur Verfügung, fast doppelt so viel wie im vorherigen Finanzzeitraum von 2014 bis 2020. Dafür habe es gute Gründe gegeben, schreiben die Luxemburger Etataufseher in ihrem Bericht. Doch nun wachse die Gefahr, dass ein Teil des Geldes nicht rechtzeitig und nicht korrekt eingesetzt werde.

Schon heute fließt ein Teil der EU-Gelder zu spät ab

Wichtige Verordnungen für die künftigen EU-Finanzen seien erst im Sommer dieses Jahres verabschiedet worden, kritisieren die Kontrolleure. Deshalb sei mit einem noch größeren Verzug bei der Mittelvergabe zu rechnen als zu früheren Zeiten. Es sei mit »einer noch späteren Annahme der operationellen Programme und weiteren Verzögerungen beim Umsetzungsbeginn« zu rechnen, heißt es in ihrem Bericht. Die Verwaltung werde erheblich unter Druck geraten.

Dabei fließt ein erheblicher Teil der EU-Gelder schon heute wegen des hohen bürokratischen Aufwandes nicht ab. So hat die Staatengemeinschaft von den gut 460 Milliarden Euro des Europäischen Struktur- und Investitionsfonds bis Ende vergangenen Jahres gerade einmal 55 Prozent ausgegeben, mit erheblichen Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten. Während reiche Länder wie Finnland, Irland oder Luxemburg einen Großteil des Geldes ausschöpften, hatten Staaten wie Italien, Spanien oder Kroatien nicht einmal die Hälfte des zur Verfügung stehenden Geldes ausgegeben.

Zudem stellte der Rechnungshof erhebliche Mängel bei der Haushaltskontrolle fest. Bei der Vergabe der Mittel habe es im vergangenen Jahr erneut eine »wesentliche Fehlerquote« gegeben, so der Bericht. Sie lag in etwa so hoch wie 2019. Mal teilten die Behörden das Geld ohne ausreichende Belege aus. Mal verstießen sie gegen Binnenmarktvorschriften, mal wurden Aufträge nicht ordnungsgemäß vergeben. Bei der Arbeit der nationalen Prüfbehörden habe es ebenfalls Mängel gegeben.

»Es wächst die Gefahr von Korruption«

Die Haushaltsexperten im EU-Parlament fordern deshalb, die Etatkontrolle zu verbessern. Während die EU-Haushalte stark zulegten, seien »die Budgets der Kontrollbehörden nicht entsprechend mitgewachsen«, kritisiert der grüne Europa-Abgeordnete Daniel Freund. »Das erhöht die Gefahren von Korruption und Vetternwirtschaft.« Künftig, sagt er, werde man sich »genauer anschauen müssen, ob Cluster auftreten, die auf einen systematischen Missbrauch von EU-Geldern hindeuten«.

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